# taz.de -- Regeln für Cannabis im Straßenverkehr: Ampel für höheren THC-Grenzwert
       
       > Der Bundestag beschließt einen Cannabis-Grenzwert fürs Autofahren. Bei
       > erstmaliger Überschreitung drohen eine Strafe von 500 Euro sowie ein
       > einmonatiges Fahrverbot.
       
 (IMG) Bild: Legal oder nicht? Dafür gibt es einen Grenzwert
       
       BERLIN dpa | Nach der [1][teilweisen Legalisierung von Cannabis] kommen
       auch neue Vorgaben für Autofahrerinnen und Autofahrer. Der Bundestag
       beschloss am späten Donnerstagabend ein Gesetz der Ampel-Koalition, das
       einen Grenzwert für den Wirkstoff THC am Steuer und Geldbußen bei Verstößen
       festlegt – ähnlich der 0,5-Promille-Grenze bei Alkohol. Für Fahranfänger
       und gemischten Konsum von Cannabis und Alkohol gelten strengere Regeln.
       Beschlossen wurden auch engere Grenzen für den gemeinsamen Cannabis-Anbau
       in Vereinen, die ab Juli an den Start gehen können.
       
       Seit 1. April ist Kiffen für Volljährige legal – [2][mit vielen Vorgaben],
       unter denen auch privater Cannabis-Anbau erlaubt ist. Begleitend folgen
       jetzt Regelungen für den Straßenverkehr, über die Fachleute seit längerem
       diskutieren. Bisher galt die strikte Linie, dass schon beim Nachweis von
       Tetrahydrocannabinol (THC) Konsequenzen drohen. In der Rechtsprechung hat
       sich ein Wert von 1 Nanogramm je Milliliter Blut etabliert. Beim
       Verkehrsgerichtstag sprachen sich Experten schon 2022 für eine
       „angemessene“ Heraufsetzung aus. Denn dies sei so niedrig, dass viele
       sanktioniert würden, bei denen sich eine Fahrsicherheitsminderung nicht
       begründen lasse.
       
       ## Der Grenzwert
       
       Künftig legt ein gesetzlicher Grenzwert fest, wann die Toleranz bei
       Cannabis endet: Wer vorsätzlich oder fahrlässig mit 3,5 Nanogramm THC oder
       mehr unterwegs ist, riskiert dann in der Regel 500 Euro Buße und einen
       Monat Fahrverbot. Die Schwelle folgt Empfehlungen einer Expertenkommission
       des Verkehrsministeriums, wonach ab dann eine sicherheitsrelevante Wirkung
       „nicht fernliegend“ ist. Vergleichbar sei es mit 0,2 Promille Alkohol und
       liege klar unter der Schwelle von 7 Nanogramm, ab der eine Risikoerhöhung
       beginnt. Eingerechnet ist auch ein Zuschlag für Messfehler.
       
       ## Mischkonsum
       
       Eine neue Ordnungswidrigkeit stellt es künftig dar, wenn zum Kiffen auch
       noch Alkohol dazukommt. Hat man die Schwelle von 3,5 Nanogramm THC oder
       mehr erreicht, gilt ein Verbot von Alkohol am Steuer – also, dass man dann
       noch ein alkoholisches Getränk zu sich nimmt oder die Fahrt antritt, obwohl
       man unter der Wirkung alkoholischer Getränke steht. Bei Verstößen droht ein
       höheres Bußgeld von in der Regel 1000 Euro. Für Fahranfänger heißt es
       künftig wie schon bei Alkohol: In der zweijährigen Führerschein-Probezeit
       und für unter 21-Jährige gilt ein Cannabis-Verbot – der Grenzwert von 3,5
       greift also nicht. Sanktion: in der Regel 250 Euro.
       
       ## Weitere Vorgaben und Tests
       
       Bei THC am Steuer geht es um Cannabiskonsum aller Art, wie im Entwurf
       erläutert wird – also Joints, aber auch THC-haltige Esswaren, Getränke, Öle
       und Extrakte. Ausdrücklich ausgenommen ist aber, wenn das THC „aus der
       bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall
       verschriebenen Arzneimittels herrührt“. Bei Kontrollen sollten empfindliche
       Speicheltests „als Vorscreening zum Nachweis des aktuellen Konsums“
       eingesetzt werden, heißt es in der Begründung des Entwurfs. Wenn jemand
       Anzeichen von Ausfallerscheinungen zeige, sei aber in jedem Fall auch bei
       negativem Speicheltest eine Blutprobe erforderlich.
       
       ## Cannabis-Wirkungen
       
       Dass Rauschmittel die Fahrtüchtigkeit beeinflussen, ist unbestritten. Bei
       Cannabis ist die Wirkungsweise aber nicht dieselbe wie bei Alkohol. So ist
       ein „Herantasten“ an den THC-Grenzwert nicht möglich, wie es im Entwurf
       heißt. Die Expertenkommission wies auf Studien zur Wirkung hin.
       Sicherheitsrelevante Effekte treten demnach am stärksten 20 bis 30 Minuten
       nach dem Konsum auf und klingen nach drei bis vier Stunden wieder ab. Dabei
       falle bei Konsumenten, die höchstens einmal in der Woche kiffen, die
       THC-Konzentration in einigen Stunden ab. Bei häufigem Konsum könne sich THC
       im Körper anreichern und noch Tage bis Wochen im Blut nachweisbar sein.
       
       ## Reaktionen
       
       Der [3][CDU-Fachpolitiker] Florian Müller sprach von einem „schwarzen Tag
       für die Verkehrssicherheit“. Die Beratungen hätten gezeigt, dass es der
       Ampel-Koalition darum gehe, Cannabis-Konsumenten das Autofahren zu
       erleichtern. Absurd sei die Argumentation, dass es eine Gerechtigkeitsfrage
       sei, Cannabis-Konsumenten und Alkoholtrinker gleichzustellen. Die
       Grünen-Abgeordnete Swantje Michaelsen betonte dagegen: „Auch in Zukunft
       darf niemand im Rausch Auto fahren.“ Gleichzeitig gebe es jetzt eine faire
       Regelung für alle, die Konsum und Fahren trennen. Mit einer pauschalen
       Kriminalisierung über Regelungen im Straßenverkehr sei nun Schluss.
       
       ## Cannabis-Anbauvereinigungen
       
       Beschlossen hat der Bundestag auch Nachbesserungen am Cannabis-Gesetz, die
       der Bund den Ländern zugesagt hat. Damit mit den Anbauvereinen ab 1. Juli
       keine großen Plantagen entstehen, sollen Genehmigungen verweigert werden
       können, wenn Anbauflächen oder Gewächshäuser in einem „baulichen Verbund“
       oder in unmittelbarer Nähe mit denen anderer Vereine stehen. Verboten
       werden soll auch, einen gewerblichen Anbieter mit mehreren Dienstleistungen
       zu beauftragen, um den „nichtgewerblichen Eigenanbaucharakter“ zu sichern.
       Flexibler sind auf Wunsch der Länder Kontrollen zu handhaben: statt
       „jährlich“ heißt es nun „regelmäßig“.
       
       7 Jun 2024
       
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       muss.