# taz.de -- Regierung wegen Gaspreisen unter Druck: Die Angst vor dem eiskalten Herbst
       
       > Die hohen Gaspreise belasten Millionen VerbraucherInnen. Sparen hilft
       > schon eine Menge – aber die Koalition muss Geringerverdienende
       > unterstützen.
       
 (IMG) Bild: Kein Tauwetter in Sicht
       
       Annalena Baerbock [1][fürchtet Volksaufstände], Robert Habeck wird schon
       auf seiner Sommerreise beschimpft und ausgebuht. Das Gespenst der
       französischen Gelbwesten müssen die grünen Spitzenpolitiker und die
       Ampelkoalition gar nicht bemühen, aber die Angst vor dem eiskalten Herbst
       ist berechtigt. Dann werden sich in den Briefkästen von Millionen
       GaskundInnen Forderungen der Versorger finden, die ihre Rechnungen locker
       verdoppeln, verdrei- oder gar vervierfachen werden. Rechnungen mit
       politischer und sozialer Sprengkraft.
       
       Wer soll das bezahlen? „You will never walk alone“, überstrapazierte
       SPD-Kanzler Olaf Scholz in der vergangenen Woche ein Fußball-Lied – und
       nannte nicht die ganze Wahrheit. [2][Die Umlage, die Gaskunden ab Oktober
       zahlen sollen], damit die Versorger nicht in die Knie gehen, liegt nämlich
       wohl nicht bei 200 bis 300 Euro für eine vierköpfige Familie im Jahr, wie
       Scholz sagte. Es dürften locker 1.000 bis 1.200 Euro sein, folgt man den
       Ankündigungen von Wirtschaftsminister Habeck. Und diese Summe kommt noch
       auf bereits vollzogene oder angekündigte Preissteigerungen der Versorger
       obendrauf.
       
       [3][Eine Wohngeldreform mit Heizkostenzuschuss] plus Kündigungsschutz für
       klamme Mieter, wie sie der Kanzler ab kommenden Jahr zur Entlastung
       angekündigt hat, kommt viel zu spät – und hilft zu ungenau. Aber: Kräftige
       Wohltaten für die BürgerInnen sind in einem Haushalt, wie ihn sich
       Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorstellt, nicht vorhanden. Das
       klingt nach Koalitionskrach.
       
       Schnöde, aber am wichtigsten, um sich gegen Putin und seine zynische
       Zitterpolitik beim Gas zu stemmen: Energie sparen. Es ist ermutigend, wie
       viele Unternehmen schon angekündigt haben, ihren Gasverbrauch radikal zu
       drosseln. Und auch viele Privatiers haben längst reagiert: Heizung runter,
       nicht so viel warm duschen! Nur wenn genug Gas vorhanden ist, muss der
       Staat nicht zu noch härteren Mitteln wie der Rationierung greifen.
       
       ## Subventionen treffen die Falschen
       
       Deshalb führt auch der Vorschlag, die Gaspreise zu deckeln, in die Irre.
       Selbst die Idee, einen Grundverbrauch pro Person oder 80 Prozent des
       Verbrauchs des vergangenen Jahres zu subventionieren, könnte die Falschen
       treffen– soll derjenige belohnt werden, der im vergangenen Jahr besonders
       lange warm geduscht hat?
       
       Ergo: Die Preise für die klimaschädliche Energie müssen rauf. Und: Das muss
       ausgeglichen werden, um Bedürftige – und das sind Millionen – zu schonen.
       Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat die Hausnummer
       genannt, mit der Haushalte mit einem Jahreseinkommen bis zu 40.000 Euro
       entlastet werden sollten: Sie sind längst besonders stark durch die
       Inflation belastet – und benötigen sicher 100 Euro pro Person und Monat, um
       einigermaßen über den Herbst und Winter zu kommen. Und zwar schon bald. Die
       Heizperiode beginnt in etwas mehr als zwei Monaten.
       
       31 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.sueddeutsche.de/politik/krieg-folgen-von-gas-stopp-baerbock-befuechtete-volksaufstaende-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-220721-99-110583
 (DIR) [2] /Gaspreise-in-Deutschland/!5867155
 (DIR) [3] /Entlastungen-fuer-Buerger/!5867154
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai Schöneberg
       
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