# taz.de -- Regimegegner in Myanmar: Junta will wieder hinrichten
       
       > Myanmars Militärregierung will prominente Politiker der
       > Demokratiebewegung exekutieren und damit erstmals seit 1976 die
       > Todesstrafe vollstrecken. Es gibt internationale Proteste.
       
 (IMG) Bild: Einer der Todeskandidaten: Der frühere Hip-Hop-Künstler und Abgeordnete Phyo Zeya Thaw
       
       BERLIN taz | Die Ankündigung der myanmarischen Militärregierung, die
       Todesstrafe an vier Regimegegnern zu vollstrecken, hat im In- und Ausland
       Empörung und eine Welle der Solidarität mit den Verurteilten ausgelöst. Sie
       waren vor Monaten von einem Militärgericht zum Tode verurteilt worden.
       
       Im Unterschied zu anderen Fällen kündigte die Junta am 3. Juni die baldige
       Hinrichtung am Galgen an. „Die Exekutionen finden definitiv statt. Es wird
       keine Gnade geben, die Berufung ist vorbei“, [1][erklärte Juntasprecher Zaw
       Min Tun] dem birmesischen Dienst des US-Auslandssenders RFA. Es wären die
       ersten Hinrichtungen in dem Land seit 46 Jahren.
       
       Zwei Betroffene sind prominente Politiker der Demokratiebewegung Myanmars.
       Phyo Zeya Thaw (41) ist ein früherer HipHop-Künstler und wurde für die
       Nationale Liga für Demokratie (NLD) der Friedensnobelpreisträgerin Aung San
       Suu Kyi ins Parlament gewählt. Sie und die NLD wurden durch den
       Militärputsch vom 1. Februar 2021 entmachtet. Der Ko Jimmy genannte Kyaw
       Min Yu (53) war ein Führer der Studentenproteste 1988. Er beteiligte sich
       auch an der friedlichen Safranrevolution 2007 und saß 20 Jahre in Haft.
       Dort begann er zu schreiben, später schloss er sich der NLD an.
       
       Beide waren in einem Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit im
       Januar wegen Terrorismus zum Tode verurteilt worden. Ihnen wurde
       vorgeworfen, bewaffneten Widerstand organisiert zu haben. Ko Jimmy war im
       vergangenen Oktober [2][in seinem Versteck in Yangon festgenommen] und
       dabei verletzt worden. Die anderen beiden Todeskandidaten sollen eine
       mutmaßliche Spitzelin des Militärs getötet haben.
       
       ## Angst vor weiterer Gewalt
       
       Gegen die geplanten Exekutionen haben westliche Regierungen protestiert,
       aber auch der derzeitige Vorsitzende des Regionalbündnisses Asean,
       [3][Kambodschas Premier Hun Sen], sowie 199 einheimische Organisationen,
       [4][UN-Experten], [5][PEN-International] und Menschenrechtsorganisationen.
       Vielen Aufrufen ist gemeinsam, dass sie weder die Junta noch die Verfahren
       für rechtmäßig halten. [6][Human Rights Watch] spricht von „Farce“ und
       „Schande“.
       
       Seit dem Militärputsch wurden nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen
       114 Personen zum Tode verurteilt, darunter zwei Minderjährige und 41
       Personen in Abwesenheit. Seit 1976 ist in Myanmar kein Todesurteil mehr
       vollstreckt worden, obwohl meist das Militär diktatorisch herrschte. Laut
       der lokalen Menschenrechtsorganisation [7][AAPP] wurden seit dem Putsch
       mehr als 1.900 Personen vom Regime getötet, mehr als 14.000 verhaftet und
       bereits 1.100 verurteilt. Rund eine Million Menschen sind auf der Flucht.
       
       Die Junta hat friedliche Proteste immer wieder brutal attackiert, was ab
       April 2021 zum bewaffneten Widerstand geführt hat. Der hat sich mit
       ethnischen Rebellen verbündet, die seit Jahrzehnten das von Birmanen
       dominierte Militär bekämpfen. Längst herrscht Bürgerkrieg in Myanmar. Das
       Militär wird mit Hinterhalten und Anschlägen angegriffen, auch werden
       Regimekräfte gezielt getötet. Das Militär seinerseits bombardiert
       oppositionelle Ortschaften und brennt sie nieder, seine Milizen und
       Todesschwadronen töten NLD-Mitglieder.
       
       [8][Widerständler in Myanmar diskutieren], ob die angekündigten Exekutionen
       nur ein Bluff sind und das Militär damit international Aufmerksamkeit
       bekommen will. Andere sehen darin eine Schwäche der Generäle oder den
       Versuch einer Einschüchterung. Die Gewalt dürfte damit weiter eskalieren.
       
       12 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.rfa.org/english/news/myanmar/executions-06072022175819.html
 (DIR) [2] /Aktivist-in-Myanmar-festgenommen/!5806444
 (DIR) [3] https://www.phnompenhpost.com/national-politics/asean-chair-myanmars-sac-refrain-death-penalty-use
 (DIR) [4] https://www.ohchr.org/en/press-releases/2022/06/myanmar-un-experts-sound-alarm-over-juntas-decision-enforce-death-sentences
 (DIR) [5] https://pen-international.org/news/myanmar-pen-international-condemns-military-juntas-decision-execute-writer
 (DIR) [6] https://www.hrw.org/news/2022/06/07/myanmar-junta-vows-enforce-death-sentences
 (DIR) [7] https://aappb.org/?p=21786
 (DIR) [8] https://www.irrawaddy.com/opinion/commentary/myanmars-junta-seems-serious-about-executing-leading-activists-can-we-stop-it.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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