# taz.de -- Russlands Präsident in Peking: China macht Putin salonfähig
       
       > Chinas Staatschef Xi Jinping wirbt für eine alternative Weltordnung. Der
       > Globale Süden ist dabei nahezu geschlossen in Peking vertreten.
       
 (IMG) Bild: Gruppenfoto mit Xi, Putin und Orbán in Peking, nur die Taliban dürfen nicht mit aufs Bild
       
       PEKING taz | Die beiden Autokraten waren direkte Sitznachbarn, hielten ihre
       Reden hintereinander und lächelten auch beim Gruppenfoto Seite an Seite: Xi
       Jinping ließ nicht den leisesten Zweifel daran aufkommen, dass Russlands
       Präsident Wladimir Putin als Ehrengast nach Peking gereist ist.
       
       Statt drohender Auslieferung nach Den Haag wurde Putin in Chinas Hauptstadt
       der rote Teppich ausgerollt. In ihrem persönlichen Gespräch, dem
       mittlerweile 42. Gipfeltreffen, priesen die beiden ihre Partnerschaft und
       schworen sich künftig eine „enge Abstimmung“ in der Außenpolitik.
       
       Anlass für Putins erste Auslandsreise seit seinem internationalen
       Haftbefehl ist das „Belt and Road“-Forum, Chinas wichtigstes
       Diplomatie-Ereignis des Jahres. Der Globale Süden ist in großer
       Geschlossenheit nach Peking gereist, um der neuen Weltmacht die Ehre zu
       erweisen: Vertreter von über 140 Staaten waren bei dem Treffen am Mittwoch
       anwesend, darunter mehr als 20 Staatschefs. Während sich westliche
       Demokratien rar machten, kamen viele Autokraten und sogar Afghanistans
       Taliban.
       
       Vor zehn Jahren präsentierte Xi erstmals seine „Belt and Road“-Initiative
       (BRI), umgangssprachlich Seidenstraßeninitiative genannt. Seitdem haben
       Chinas Staatsunternehmen weltweit unzählige Flughäfen, Schnellstraßen und
       Zugstrecken gebaut.
       
       ## Investitionen aus Peking statt aus westlichen Ländern
       
       Mit der BRI betrat das Reich der Mitte so selbstbewusst wie nie die
       internationale Bühne: Staaten, die [1][vom Westen oft vernachlässigt]
       wurden, bekamen nun aus China stattliche Investitionen. Mindestens 900
       Milliarden Dollar hat die Volksrepublik in der letzten Dekade locker
       gemacht.
       
       Spätetens seit der Pandemie geriet das Jahrhundertprojekt jedoch
       wirtschaftlich ins Stocken. Denn viele Staaten können ihre Kreditschulden
       nicht mehr abbezahlen. Auch ist angesichts der prekären Wirtschaftslage
       innerhalb Chinas die Bereitschaft zum risikoreichen Geldausgeben gesunken.
       
       Xis Plan ist nun, die neue Seidenstraße zunehmend für ausländische
       Investoren zu öffnen – auch, um finanzielle Risiken zu mindern.
       
       Trotz der berechtigten Kritik an der BRI, darunter
       Menschenrechtsverletzungen und Schuldenfallen für Entwicklungsländer, wird
       sie in einem Großteil der Welt begrüßt. Dass China von Indonesien über
       Kenia bis nach Argentinien Infrastruktur aufbaut, hilft Xi auch bei seiner
       politischen Vision einer „multipolaren“ Weltordnung. Sie soll die westliche
       Dominanz unter Führung der USA durchbrechen.
       
       ## Peking lobt eigenen Einsatz für den globalen Süden
       
       Im letzte Woche von Peking veröffentlichten BTI-Weißbuch heißt es, die
       Initiative verringere die Ungleichheiten zwischen Entwicklungs- und
       Industrieländern. Die Botschaft: Peking setzt sich im Gegensatz zu
       Washington für die Interessen des Globalen Südens ein.
       
       Das lässt sich Peking stets mit politischer Loyalität bezahlen:
       Empfängerstaaten von chinesischen Krediten stimmen etwa bei der UNO
       deutlich seltener gegen Peking, wenn dessen Menschenrechtsverletzungen
       debattiert werden.
       
       Dass Chinas neue Seidenstraße durchaus Erfolg hat, beweist schon die
       Tatsache, dass sowohl die [2][G7-Staaten] als auch die EU unlängst
       [3][eigene Alternativen zur BRI] initiiert haben. In Brüssel und Washington
       dürfte mit Argusaugen beobachtet werden, wie viele hochrangige
       Regierungsvertreter Xi jetzt für sein Forum mobilisieren konnte.
       
       ## Peking hat Erfolg in Südosteuropa
       
       Insbesondere in Südosteropa ist der chinesische Einfluss bereits immens
       ist. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán versprach weiterhin seine
       aktive Teilnahme an der neuen Seidenstraße, Serbiens Präsident Aleksandar
       Vučić ließ für das BRI-Forum den EU-Westbalkangipfel sausen und sprach in
       Peking von einer „eisernen Freundschaft“ zwischen den zwei Ländern. Zudem
       unterzeichneten er einen Deal über 20 Hochgeschwindigkeitszüge, die bald
       auf der von Chinesen gebauten Zugverbindung zwischen Budapest und Belgrad
       fahren sollen.
       
       Vor allem aber Putin nutzte seinen raren Auslandsaufenthalt, um sich
       international salonfähig zu präsentieren. So traf er sich mit mehreren
       Staatschefs, darunter Orbán, und wurde auch gleich vom neuen
       Thai-Regierungschef Srettha Thavisin zum Staatsbesuch nach Bangkok
       eingeladen.
       
       18 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Gipfel-in-Peking/!5963729
 (DIR) [2] /Infrastrukturinitiative-der-G7/!5774856
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabian Kretschmer
       
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