# taz.de -- Söder präsentiert Laschet-Biografie: Wer übrig bleibt
       
       > CSU-Chef Söder stellt fast unfallfrei die Biografie über NRW-Landeschef
       > Laschet vor – und verrät, dass er zu Schwarz-Grün keine Alternative
       > sieht.
       
 (IMG) Bild: Präsentation in Berlin: Söder in der Mitte, Laschet doppelt im Hintergrund
       
       BERLIN taz | Markus Söder schreitet, gleichermaßen Entschlossenheit und
       Lässigkeit ausstrahlend, auf die Bühne im holzvertäfelten Meistersaal in
       Berlin Mitte zu. Die Hauptstadtpresse ist ziemlich vollständig erscheinen.
       Denn Söder stellt eine Biografie von [1][Armin Laschet] vor.
       Politikerbiografien zu präsentieren, ist ein fixes Ritual des Berliner
       Politikbetriebes. Gern inszeniert man das als Crossover – der Fraktionschef
       der Linkspartei stellt das Buch einer SPD-Rechten vor oder ähnlich.
       
       Aber das hier ist mehr. Beide könnten Rivalen um die Kanzlerschaft werden.
       „Will Söder?“ ist gerade Gossip Nummer eins. Seinen Dementis fehlt die
       letzte Entschiedenheit. Aus seiner Umgebung ist zu hören, dass man sich ein
       söderloses Bayern gar nicht vorstellen kann, man aber andererseits im Falle
       eines Umfrageabsturzes der Union die saure Pflicht auf sich nehmen würde,
       und Söder halt Kanzler werden müsse.
       
       Insofern hat dieser Auftritt etwas. Aber was? Etwas Kokettes? Etwas
       Bedeutsames?
       
       Söder ist ein Könner im Genre der gehobenen Plauderei und lässt im Gespräch
       mit einem Journalisten erst mal die Luft raus. Er hätte auch ein Buch über
       [2][Nobert Röttgen, Jens Spahn oder Friedrich Merz] vorgestellt. Offenbar
       hat so ein bayerischer Ministerpräsident doch mehr Zeit, als man sich
       gemeinhin vorstellt. Söder lobt seine Konkurrenten in spe erwartbar als
       „humorvoll, lebensfroh, ernsthaft und heimatverbunden“. Das finde er „nicht
       schlecht“. Das ist ein Beispiel Söderschen Infotainments – auf die
       Würdigung folgt ein joviales „nicht schlecht“.
       
       ## Ganz skandalfrei biografiert
       
       Die Biografie „Der Machtmenschliche“ von Tobias Blasius und Moritz Küpper
       ist ein 360 Seiten dickes, gefällig geschriebenes Portrait des lustigen
       Hobbits aus dem Rheinland. Anders als Söder, der Kontrollierte, „leistet
       sich Laschet verlässlich Momente unprofessioneller Emotionalität und
       sprunghafter Spontanität“, so die Biografen, die den CDU-Mann mit einer
       erfreulichen Mixtur aus Sympathie und Distanz schildern. Er sei keine
       Machtmaschine, daher untypisch für die politische Klasse und womöglich
       nicht recht geeignet für jene Kältezone, die das Kanzleramt nun mal ist.
       
       Söder spickt seine gefälligen Bemerkungen über den NRW-Ministerpräsidenten
       mit ein paar feinen Spitzen. In der Jungen Union habe er „Armin noch nicht
       so auf dem Schirm gehabt“, weil der nicht zur ersten Reihe der
       Nachwuchsreserve zählte. Insgesamt sei das ja auch „eine freundliche
       Biografie“, so etwas gebe „es bei uns in Bayern nicht“. Das ist ein
       dezenter Hinweis, dass über ihn demnächst auch eine Biografie erscheint, in
       der es aber weniger rheinisch-harmonisch zugehe (die wird Laschet
       vorstellen). Söder hält es „per se für einen Erfolg“ des NRW
       -Ministerpräsidenten, dass bei den Recherchen kein Skandal enthüllt wurde.
       Offenbar ist man bei ernsthaften journalistischen Recherchen in Bayern
       anderes gewohnt.
       
       Zu erfahren ist zudem, dass der bayerische Ministerpräsident nachts des
       Öfteren zu McDonald’s geht und nicht nur Salat bestellt. Ein Fakt, den man
       nicht unbedingt wissen muss. Interessanter ist, dass Söder die Grünen für
       einen „möglichen Partner“ 2021 hält, da die SPD nicht wolle und zweifelhaft
       sei, ob mit der FDP im derzeitigen Zustand seriöses Regieren möglich sei.
       Genau genommen bleiben da nur die Grünen übrig. Womit die Botschaft
       platziert ist: Nicht nur Laschet kann Schwarz-Grün.
       
       Die Hunderttausend-Dollar-Frage lautet: Was macht Söder in Zukunft? Will
       er, der Unionspolitiker, dem die meisten die Kanzlerschaft zutrauen, doch?
       „Ich versuche das Beste für Bayern zu tun“, sagt er und erprobt dabei den
       seriösesten, ernsthaftesten Gesichtsausdruck, der ihm zur Verfügung steht.
       
       ## „Was jetzt?“
       
       Es ist ein reibungsloser Auftritt, heiter, aber ohne Kalauer, nicht völlig
       glatt, aber ohne die Karten auf den Tisch zu legen. Als es um den
       CDU-Vorsitz ging, hat Laschet, Hamlet in Machtfragen, Vertrauten gesagt:
       „Es kann sein, dass ich am Ende übrig bleibe.“ Würde dieser Satz, fragt der
       Journalist, auch Söder, dem Machtbewussten, über die Lippen kommen? Söder
       stutzt kurz und sagt etwas grimmig: „Was jetzt?“ Es ist der einzige Moment
       in dieser ziemlich perfekten Show, in der er die Kontrolle verliert.
       
       2021 sei alles offen, alles im Fluss. Das betont Söder mehrmals. Er bleibt,
       wo er ist. Weit weg in München. Wenn die CDU sich zerlegt oder die Umfragen
       in den Keller rauschen, ja – dann kann er am Ende übrig bleiben.
       
       30 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Armin-Laschet/!t5030647/
 (DIR) [2] /Wahl-des-neuen-CDU-Chefs/!5713070/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Markus Söder
 (DIR) Armin Laschet
 (DIR) Kanzlerkandidatur
 (DIR) Friedrich Merz
 (DIR) CDU-Wirtschaftsflügel
 (DIR) CDU
 (DIR) CSU
 (DIR) Nordrhein-Westfalen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ringen um den CDU-Vorsitz: Ab durch die Mitte
       
       Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen werben bei der Jungen
       Union um Unterstützung. Vor allem jedoch sind sie sehr nett zueinander.
       
 (DIR) CDU-Aufsteigerin Jana Schimke: Die im Blick bleibt
       
       Die Brandenburgerin Jana Schimke könnte CDU-Generalsekretärin werden. Wohl
       aber nur, wenn Friedrich Merz Parteichef würde.
       
 (DIR) Wahl des neuen CDU-Chefs: Machtkampf via Internet
       
       CDU-Chefin AKK hat sich mit den drei Bewerbern für ihre Nachfolge
       getroffen. Wie wählt man einen neuen Parteichef während der Pandemie?
       
 (DIR) Digitaler CSU-Parteitag: Markus Söder und die Zaubertasse
       
       Beim virtuellen CSU-Parteitag schwört der Parteichef alle auf seinen
       Coronakurs ein und kündigt ein Ende des fossilen Zeitalters an.
       
 (DIR) Armin Laschet im NRW-Lokalwahlkampf: Corona, immer wieder
       
       NRW-Ministerpräsident Armin Laschet zieht im Wahlkampf durch sein
       Bundesland. Eigentlich ein Heimspiel – wäre da nicht der Corona-Streit.