# taz.de -- Sparen durch dynamische Strompreise: Billigstrom bei Wind und Sonne
       
       > Ökologisch und möglicherweise günstiger für Stromkunden: Dynamische
       > Preise, die im Tagesverlauf schwanken, gibt es von immer mehr Anbietern.
       
 (IMG) Bild: Wenn es richtig weht, können dynamische Stromtarife von Vorteil sein: Windräder in Wolgast in Mecklenburg-Vorpommern
       
       BERLIN taz | Die Energiewende geht in eine neue Etappe: Es drängen
       [1][dynamische Stromtarife] auf den Markt, die sich am kurzfristigen
       Geschehen des Stromhandels orientieren. Nachdem die Kilowattstunde durch
       den Ausbau von Photovoltaik und Windkraft einen immer stärker variierenden
       Zeitwert hat, werden die Preissignale nun zunehmend an die Endkunden
       durchgereicht.
       
       [2][Vom kommenden Jahr an] müssen alle Stromanbieter zumindest einen
       dynamischen Tarif im Angebot haben. Das dürfte großes Thema auf der
       Fachmesse Intersolar vom 19. bis 21. Juni in München sein. Soeben haben der
       Energieversorger [3][Lichtblick], die Firma SMA als Hersteller von
       Solar-Wechselrichtern und die Firma Ison als Anbieter einer zugehörigen
       digitalen Plattform gemeinsam einen [4][flexiblen Tarif angekündigt].
       
       Mit diesem sollen Kunden „von viertelstündlich aktualisierten Börsenpreisen
       profitieren“, indem sie ihre Verbräuche – etwa an der Wallbox –
       entsprechend der Produktion der eigenen Photovoltaikanlage und der
       Marktsignale optimieren. Auch etablierte Unternehmen wie Vattenfall haben
       bereits Tarife im Angebot, die sich am stündlichen Börsenpreis orientieren.
       
       Diese sind auch ohne eigene PV-Anlage nutzbar. Wenn Privathaushaushalte
       ihre Stromrechnung auf Basis eines variablen Tarifs optimieren, kommt das
       der Energiewende zugute. Denn der Strompreis im Großhandel ist ein starkes
       Indiz dafür, wie sauber der Strom im betreffenden Moment ist.
       
       ## Kilowattstunden-Preis ändert sich stündlich
       
       Wenn die Sonne scheint oder der Wind stark weht, fallen die Preise
       erheblich – das klassische Spiel von Angebot und Nachfrage. Entsprechend
       der Architektur des Stromhandels verändert sich bei dynamischen Tarifen
       auch für Endkunden der Kilowattstunden-Preis stündlich oder sogar
       viertelstündlich.
       
       Wer seinen eigenen Stromverbrauch an diesen Preissignalen orientiert, nutzt
       also automatisch einen überdurchschnittlichen Anteil an erneuerbar
       erzeugtem Strom. Das Preisportal Verivox berichtet, dass Verbraucher ihre
       Stromkosten mit zeitvariablen Tarifen „um bis zu 35 Prozent reduzieren“
       könnten. Schließlich liegen die Preisdifferenzen zwischen der billigsten
       und der teuersten Stunde eines Tages an der Strombörse oft um die zehn Cent
       pro Kilowattstunde.
       
       Zu den Vorteilen zählen der Tarife gehören laut Verivox die transparenten
       Kosten, die Entlastung des Stromnetzes und die Unterstützung erneuerbarer
       Energien. Außerdem die Tatsache, dass es aufgrund monatlicher Abrechnung
       keine hohen Nachzahlungen gebe. Zu den Nachteilen zähle, dass man – sofern
       man nicht die Verbraucher wie etwa eine Wallbox automatisch steuert – die
       Börsenpreise regelmäßig im Blick haben müsse. Zudem würden die Einsparungen
       geschmälert durch das jährliche Entgelt für den Smart Meter.
       
       Sinnvoll seien die Tarife daher speziell für Haushalte mit einem hohen
       Stromverbrauch, also beispielsweise für Besitzer eines E-Autos, für Nutzer
       einer Wärmepumpe oder einer elektrischen Warmwasserbereitung, sofern man –
       nur dann lässt sich sinnvoll Verbrauch verlagern – über einen Wärmespeicher
       verfügt.
       
       ## Vorsicht bei der Tarifwahl
       
       „Wer die Tiefpreiszeiten effizient ausnutzt, zahlt in vielen Fällen weniger
       als 20 Cent je Kilowattstunde Strom“, so Verivox. Allerdings ist bei der
       Tarifwahl Vorsicht geboten, denn nicht jeder dynamische Tarif bildet
       wirklich den Börsenpreis im Tagesverlauf ab; manche Anbieter haben nur
       einen monatlich wechselnden Preis. Auch der orientiert sich zwar am
       Marktgeschehen, bringt im Sinne der Energiewende aber wenig, weil damit
       kaum ein Anreiz zur zeitlichen Verlagerung von Verbräuchen entstehen kann.
       
       Entsprechend braucht man dafür auch keinen intelligenten Zähler. Der
       bekannteste Anbieter eines richtigen – also kurzfristigen – zeitvariablen
       Tarifs für Haushaltskunden, ist das norwegische Unternehmen Tibber. Der
       momentane Strompreis für den Verbraucher orientiert sich dabei
       stundenscharf am Spotmarkt. Dieser wird von der [5][Strombörse Epex Spot]
       täglich zur Mittagszeit für den folgenden Tag auf Basis der Prognosen von
       Angebot und Nachfrage ermittelt.
       
       Zu dem Börsenpreis kommen Steuern und Entgelte hinzu, die aber
       „eins-zu-eins an den Kunden weitergegeben“ werden, wie der Stromanbieter
       betont. Wenn die Strompreise ganz massiv ins Minus fallen, weil der
       Überschuss am Markt durch die erneuerbaren Energien so riesig ist, kann das
       kurzfristig dazu führen, dass die Kunden für einzelne Stunden sogar eine
       Prämie pro verbrauchter Kilowattstunde bekommen. Im Juli des vergangenen
       Jahres sei das schon der Fall gewesen, heißt es bei Tibber – nämlich in
       einer Stunde, als der Preis am Spotmarkt auf minus 50 Cent je
       Kilowattstunde fiel.
       
       2 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Dynamische-Stromtarife/!6003100
 (DIR) [2] /Bundeskabinett-beschliesst-Gesetzentwurf/!5905234
 (DIR) [3] /Klage-gegen-Gesetz-zur-Strompreisbremse/!5918637
 (DIR) [4] https://www.sma.de/newsroom/news-detail/sma-ison-lichtblick-entwickeln-dynamischen-stromtarif-fuer-mehr-gruene-energie
 (DIR) [5] https://www.epexspot.com/en/market-data
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernward Janzing
       
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