# taz.de -- Studie zu Whistleblowing: Schutz für Hinweisgebende löchrig
       
       > Im Dezember treten für Unternehmen neue Regeln zum Whistleblowing in
       > Kraft. Eine Studie zeigt nun: Viele Firmen in Deutschland sind nicht
       > vorbereitet.
       
 (IMG) Bild: Unternehmenseigene Meldestellen für Whistleblower:innen sind ein „wirksames Instrument“, aber auch eine seltene Sache
       
       BERLIN taz | Zahlreiche Unternehmen in Deutschland sind noch nicht auf
       [1][die in zwei Monaten in Kraft tretende EU-Richtlinie] zum Whistleblowing
       vorbereitet. Zu diesem Ergebnis kommt der diesjährige
       [2][Whistleblowing-Report], den die Schweizer Fachhochschule Graubünden
       gemeinsam mit der Unternehmensberatung EQS Group erstellt hat. Demnach
       erfüllt bislang nur jedes siebte Unternehmen in Deutschland bereits jetzt
       sämtliche neuen Regeln zum Schutz von Whistleblower:innen.
       
       Zu den neuen Regeln gehört unter anderem das Einrichten einer Meldestelle,
       an die sich Menschen, die auf Missstände im Unternehmen aufmerksam machen
       wollen, vertraulich wenden können. Die Richtlinie verbietet Unternehmen
       außerdem, hinweisgebende Personen mit Repressalien zu belegen. Firmen
       müssen eingehenden Meldungen gewissenhaft nachgehen und – so keine anonyme
       Meldung möglich ist – die Identität des:r Hinweisgebenden vertraulich
       behandeln. Ab 17. Dezember gelten die neuen Regeln für Unternehmen mit mehr
       als 250 Mitarbeitenden, kleinere Firmen ab 50 Mitarbeitenden haben noch bis
       2023 Zeit für die Umstellung.
       
       „Wenige Monate vor dem Inkrafttreten der Richtlinie sind viele Unternehmen
       noch nicht ausreichend vorbereitet“, sagt Christian Hauser von der
       Fachhochschule Graubünden, Projektleiter des Reports. Für die Studie
       befragten die Autor:innen 1.239 Unternehmen in Deutschland, Frankreich,
       Großbritannien und der Schweiz.
       
       Wie wichtig ein funktionierendes Meldesystem ist, zeige die Tatsache, dass
       laut der Befragung 37,1 Prozent der Unternehmen in Deutschland im Jahr 2020
       von illegalem und unethischem Verhalten betroffen waren. Der durch die
       Missstände entstandene Schaden liegt laut der Studie bei einem Viertel der
       betroffenen deutschen Unternehmen bei mehr als 100.000 Euro.
       
       ## Was bringt eine Meldestelle?
       
       Die Studie untersuchte darüber hinaus die Effektivität von
       unternehmenseigenen Meldestellen für Whistleblower:innen und
       analysierte dafür die Unternehmen, die eine solche bereits eingerichtet
       hatten. Das Ergebnis: Rund die Hälfte der eingehenden Meldungen würden von
       den Unternehmen als relevant und gehaltvoll eingestuft. Thematisch gehe es
       vor allem um Missstände im Bereich Personal und Finanzen sowie um Verstöße
       gegen die geschäftliche Integrität.
       
       Die Autor:innen werten die Meldestellen daher als „wirksames Instrument,
       um Fehlverhalten aufzudecken und die Unternehmensreputation zu schützen“.
       Im Detail zeigte sich allerdings, dass Unternehmen unterschiedlich viel
       Aufwand betreiben – und sich das auch auf den Nutzen der Meldestelle
       auswirkt. So sei zu beobachten, dass bei Unternehmen, die
       Whistleblower:innen möglichst viele Kanäle für eine Meldung anbieten
       und dieses Verfahren auch schon länger etabliert haben, eine höhere Zahl an
       Hinweisen einging als bei wenigen und noch nicht lange eingerichteten
       Kanälen.
       
       „Tatsächlich nutzen potenzielle Whistleblower Hinweisgebersysteme nur, wenn
       sie das Gefühl haben, den Ansprechpersonen in den Meldestellen vertrauen
       und Veränderungen bewirken zu können“ schreiben Annegret Falter und Kosmas
       Zittel vom [3][Whistleblower-Netzwerk] in einem Vorwort zu der Studie.
       
       Das Netzwerk berät Unternehmen und Behörden, bietet aber auch eine
       Einzelfallberatung für Menschen an, die etwa in ihrem Arbeitsumfeld
       Missstände entdeckt haben und überlegen, einen Whistleblowing-Weg
       einzuschlagen. Ihr Fazit: Am wichtigsten sei eine
       [4][whistleblowerfreundliche Unternehmenskultur], in der Kritik geäußert
       und mit Fehlern positiv umgegangen werde.
       
       9 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [4] /Managementforscher-ueber-Firmenkultur/!5244455
       
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