# taz.de -- Trump beim Parteitag der Republikaner: Ein Medley des Populismus
       
       > Auf dem Parteitag der Republikaner betont Ex-US-Präsident Donald Trump
       > die Einheit, die Amerika jetzt brauche. Ohne sich dabei selbst zu
       > mäßigen.
       
 (IMG) Bild: Trump mit seiner Familie auf der Bühne während der Republican National Convention in Milwaukee
       
       Die Innenstadt von Milwaukee dürfte in der vergangenen Woche einer der
       sichersten Orte der Welt gewesen sein. Betonblöcke blockieren viele
       Straßen, Fahrzeuge werden in temporären Checkpoints auf Sprengstoff
       untersucht, und auf den Gewässern der Stadt patrouilliert die Küstenwache,
       immer mit dem Maschinengewehr im Anschlag.
       
       Weniger als zwei Tage liegen zwischen dem [1][Attentat auf Ex-US-Präsident
       Donald Trump] und der Eröffnung des diesjährigen republikanischen
       Nominierungsparteitags in der Metropole am Michigansee. Die
       Sicherheitsvorkehrung, die schon vor den Schüssen auf den Spitzenkandidaten
       extrem hoch waren, wurden noch einmal verschärft.
       
       Hunderte von Sicherheitskräften und Polizisten kontrollieren zu Fuß, auf
       Pferden oder per Fahrrad die unmittelbare Umgebung rund um die Arena, in
       der der Parteitag abgehalten wird. Trotz dieser fast schon apokalyptisch
       anmutenden Szenerie ist innerhalb der Arena von all dem nichts zu spüren.
       Anstelle von Sorgen und Tristesse ist die dortige Atmosphäre geprägt von
       Zuversicht und Optimismus.
       
       „Gott hat seine Hand schützend über Donald Trump gehalten“, sagt die als
       Trump-Anhängerin und Verschwörungstheoretikerin bekannte
       Kongress-Abgeordnete Marjorie Taylor Greene. Es ist nur eine von mehreren
       Reden während des Parteitags, die Trumps Überleben einem göttlichen Akt
       zuschreiben.
       
       ## Geht es ihm wirklich darum, die Nation zu vereinen?
       
       Nach dem Attentat forderten sowohl Trump als auch der demokratische
       US-Präsident Joe Biden [2][mehr nationale Einheit] und weniger Schärfe in
       der politischen Diskussion. Vor seiner Rede hatte Trump in einem Interview
       mit dem Washington Examiner angekündigt, dass er das Thema „Unity“, zu
       Deutsch „Einheit“, in seiner Rede stark betonen werde.
       
       Und er versucht es – [3][zumindest zeitweise].
       
       „Bei dieser Wahl sollte es um die Probleme unseres Landes gehen und darum,
       wie wir Amerika wieder erfolgreich, sicher, frei und großartig machen
       können. In einer Zeit, in der unsere Politik uns allzu oft spaltet, ist es
       jetzt an der Zeit, sich daran zu erinnern, dass wir alle Mitbürger sind –
       wir sind eine Nation“, sagt Trump in den Anfangsminuten seiner Rede.
       
       Doch gleich im nächsten Satz fordert er die Demokraten dazu auf, als
       Zeichen der Einheitsbemühungen sämtliche Strafverfahren gegen seine Person
       einzustellen. Geht es ihm also darum, eine gespaltene Nation zu vereinen,
       oder ist es lediglich eine Taktik, um sich möglichen rechtlichen
       Konsequenzen zu entziehen?
       
       ## Die Erinnerungen an das Attentat sei „schmerzhaft“
       
       Laut jüngsten Aussagen von Familienangehörigen und Vertrauten soll das
       Attentat Trump nachhaltig verändert haben. Sein Verhalten wurde als
       „emotional“, „gelassen“ oder „spirituell“ beschrieben. Während seines
       Auftritts kommt dies allerdings nur in einer Situation zum Vorschein.
       
       Und zwar, als er seine Erinnerungen an das Attentat wiedergibt. Er erklärt,
       dass er dies nur ein einziges Mal tun werde, da es zu „schmerzhaft“ sei. Es
       sei sonniger Tag gewesen, die Stimmung sei gut gewesen und er habe über
       seine erfolgreiche Grenzpolitik gesprochen, als er von einer Kugel am
       rechten Ohr getroffen wurde. Er habe sich sofort ans Ohr gefasst, und dann
       sei alles voller Blut gewesen.
       
       Trump spricht eine gute Viertelstunde über den Tag des Attentats und warum
       er seine rechte Faust in den Himmel streckte, bevor er vom
       Secret-Service-Agenten weggeführt wurde. „Ich sah besorgte Gesichter im
       Publikum, und ich wollte ihnen zeigen, dass ich nicht tot bin.“ Das Bild
       von Trump mit gehobener Faust, Blut im Gesicht und die amerikanische Fahne
       im Hintergrund hat schon jetzt Kultstatus.
       
       Der 78 Jahre alte Trump wird auch emotional, als er den Feuerhelm von Corey
       Comperatore küsst. Dieser kam als Einziger beim Attentat auf Trump ums
       Leben, als er von einer Kugel des Schützen im Kopf getroffen wurde.
       
       ## Die Demokraten haben Angst vor der Red Wave
       
       Ob diese Emotionalität auch zukünftig ein Ziel im Wahlkampf sein wird und
       ob sein Versuch der Brückenbildung sich auf die gesamte republikanische
       Partei auswirkt, wird sich erst noch zeigen. Seine jüngsten Posts auf der
       von seiner eigenen Mediengruppe betriebenen Plattform Truth Social hören
       sich bereits wieder an, als wären sie vom alten Trump geschrieben worden.
       Und auch gut zwei Drittel der mehr als 90-minütigen Rede erinnern stark an
       den Trump, der seit mehr als acht Jahren die amerikanische und
       internationale Politik aufwirbelt.
       
       In diesem Medley an populistischen Parolen ist von Wirtschaft über
       Migrationspolitik bis hin zu den Kriegen in der Ukraine und Gaza alles
       dabei. Die Lösung für all das? Trump im Weißen Haus. Und auch die Attacken
       gegen Biden und andere Demokraten bleiben trotz der Einheitsparolen nicht
       aus.
       
       Dass Trump das Attentat fast unverletzt überlebt hat und immer mehr
       Demokraten fordern, Amtsinhaber Biden möge seine [4][Kandidatur für das
       Präsidentenamt aufgeben], hat die Republikaner in der vergangenen Woche
       beflügelt.
       
       Nahezu alle Gesprächspartner während des Parteitags geben an, dass Trump
       die Wahl bereits so gut wie gewonnen habe. Es sei egal, ob sein Widersacher
       nun Biden hieße oder nicht. Sieht man sich die jüngsten Umfragewerte an,
       dann gibt es nur wenige Indikatoren, die diese Annahme widerlegen würden.
       
       ## Migranten seien eines der großen Übel der USA
       
       Manche halten die Demokraten sogar für so angeschlagen, dass sie vermuten,
       es könnte bei der Wahl im November zu einer „Red Wave“ (roten Welle)
       kommen. Was unter Anhängern der von Trump ins Leben gerufenen „Make America
       Great Again“ (Maga)-Bewegung pure Euphorie auslöst, schürt bei Millionen
       von anderen im Land Angst.
       
       Eine zweite Amtszeit könnte laut Demokraten und Trump-Gegnern große
       Gefahren mit sich bringen. Vor allem Minderheiten, wie Mitglieder der
       LGBT-Community oder Migranten, aber auch Menschenrechts- und
       Klimaaktivisten fürchten sich vor den möglichen Auswirkungen einer erneuten
       Trump-Präsidentschaft.
       
       Und es besteht durchaus Grund zur Sorge – man muss sich nur die Reden auf
       dem diesjährigen Parteitag anhören. Migranten werden dabei als eines der
       großen Übel der amerikanischen Gesellschaft dargestellt. Sie seien unter
       anderem schuld an den vielen Gewalttaten im Land. Sollte Trump im November
       die Wahl gewinnen, dann hat er bereits versprochen, die „größte
       Massenabschiebung“ in der Geschichte der USA durchzuführen.
       
       Die jüngsten Entscheidungen des amerikanischen Supreme Courts zeigen auch,
       dass die von Trump nominierten konservativen Richter nicht davor
       zurückschrecken, lang etablierte Rechtsgrundlagen infrage zu stellen. Das
       Ende des Rechts auf Abtreibung in den USA vor zwei Jahren könnte erst der
       Anfang gewesen sein.
       
       Die Erweiterung von Waffengesetzen, die Schwächung der Umweltschutzbehörde
       EPA und die Entscheidung, dass US-Präsidenten für ihre offiziellen
       Amtshandlungen über eine fast uneingeschränkte Immunität verfügen, geben zu
       denken.
       
       ## Mit allen Mitteln will Trump sich an der Macht halten
       
       Und als wäre das nicht schon genug, gibt es noch einen extremen Plan, der
       sich für eine Reformierung der US-Regierung unter
       konservativ-populistischen Gesichtspunkten einsetzt. Der Name dieses Plans
       ist [5][„Project 2025]“. Er wurde von Experten und ehemaligen
       Trump-Regierungsmitgliedern am konservativen Thinktank Heritage Foundation
       entworfen.
       
       Er sieht vor, die Befugnisse diverser Bundesbehörden stark einzuschränken
       oder sie sogar komplett zu beseitigen und dafür die Macht der Exekutive,
       also des Präsidentenamts, drastisch auszuweiten.
       
       Hinzu kommt, dass die politische Gesinnung von Regierungsbeamten bei deren
       Einstellung berücksichtigt werden soll. Damit soll bewirkt werden, dass die
       Angestellten die Agenda des Präsidenten nicht untergraben.
       
       „Es genügt nicht, dass Konservative Wahlen gewinnen. Wenn wir das Land aus
       dem Griff der radikalen Linken befreien wollen, brauchen wir sowohl ein
       Regierungsprogramm als auch die richtigen Leute, die bereit sind, dieses
       Programm am ersten Tag der nächsten konservativen Regierung umzusetzen“,
       heißt es auf der Webseite von Project 2025. Trump und sein Team haben sich
       in jüngster Zeit jedoch von diesen Plänen distanziert, da sie im Wahlkampf
       eine mögliche Bürde darstellen.
       
       ## „Ich bin eure Vergeltung“
       
       Sein Wahlkampfmanager Chris LaCivita erklärte am Rande des Parteitags, dass
       ihm das Project 2025 und die Leute, die dahintersteckten, ein Dorn im Auge
       seien. Er sagte am Donnerstag, es sei „kompletter Schwachsinn“, wenn
       Journalisten behaupten, dass die Autoren des Projekts oder deren politische
       Maßnahmen unter Trump Anwendung finden würden. Viele Republikaner und
       ehemalige Regierungsmitarbeiter, die sich in seiner ersten Amtszeit von ihm
       abgewandt oder ihn kritisiert haben, sorgen sich nun vor Trumps möglicher
       Rückkehr ins Weiße Haus.
       
       Im vergangenen März sagte dieser: „2016 habe ich erklärt: Ich bin eure
       Stimme. Heute füge ich hinzu: Ich bin euer Krieger. Ich bin eure
       Gerechtigkeit. Und für diejenigen, denen Unrecht getan und die betrogen
       wurden, bin ich eure Vergeltung.“
       
       Was genau er mit Vergeltung meint, das weiß niemand, doch Donald Trump hat
       spätestens mit seinem Verhalten nach der Wahlniederlage 2020 gezeigt, dass
       ihm alle Mittel recht sind, um an der Macht zu bleiben. Eine Rede, in der
       er versucht, versöhnlich zu klingen und nach einem Attentat seine
       Verletzlichkeit aufzuzeigen, reicht nicht, um die vergangenen acht Jahre
       ungeschehen zu machen
       
       21 Jul 2024
       
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