# taz.de -- Ungleicher Ausstoß von Treibhausgasen: Klimasünder zur Kasse, bitte!
       
       > Reiche tragen viel mehr zur Erderhitzung bei. Wie kann man sie dafür
       > zahlen lassen? Drei Vorschläge für Steuern gegen die Klimakrise.
       
 (IMG) Bild: Überschwemmungen – oft eine Folge des Klimawandels
       
       Laut Bundesumweltministerium liegt der durchschnittliche CO2-Fußabdruck pro
       Kopf in Deutschland bei 10,8 Tonnen. Diese Zahl täuscht vor, dass
       Emissionen gleich verteilt sind. Dem ist nicht so. Das reichste Prozent
       verbraucht im Vergleich zu den Ärmsten fast das 35-fache. Diese Angaben
       stützen sich auf die Daten den World Inequality Labs, [1][die die taz für
       Deutschland auswertete]. Weil diese Ungleichheit ein globales Problem ist,
       werden weltweit Modelle erarbeitet, wie man Reiche für klimaschädliches
       Verhalten zahlen lassen kann. Hier stellen wir drei Modelle vor und ein
       Autor der Weltklimaberichte schätzt ein, ob und wann sie Sinn machen.
       
       ## Die Klimasteuer für Reiche
       
       Der Hintergrund: Je mehr Menschen verdienen, desto höher sind im Schnitt
       ihre Emissionen. Das ist weltweit so. In Kalifornien hat der Jurist Bill
       Magavern einen konkreten Vorschlag erarbeitet, wie Reiche dafür zahlen
       sollen.
       
       Er schlägt vor, dass [2][in Kalifornien erwirtschaftete Einkommen] von über
       2 Millionen Dollar jährlich mit 1,75 Prozent Klimaabgaben besteuert werden.
       Das Geld soll der Verkehrswende und der Bekämpfung von Waldbränden
       zugutekommen. Denn Kaliforniens größte Emissionsquelle ist der Verkehr, und
       der Bundesstaat kämpft Sommer für Sommer mit Feuersbrünsten. Die
       Klimasteuer schaffte es in die politische Diskussion, scheiterte aber in
       einer Abstimmung im November 2022. 42 Prozent stimmten für den Vorschlag.
       
       Die Einschätzung: Felix Creutzig ist Mitautor der letzten Weltklimaberichte
       des IPCC und forscht zur Rolle von wohlhabenden Menschen bei
       Treibhausgasemissionen. Er sagt zur Klimasteuer: „Das Konsumverhalten ist
       nicht nur für sich genommen wichtig, sondern auch dahingehend, dass viele
       andere dem nacheifern.“ Solange wir Reichsein mit dicken Karren verbinden,
       kaufen mehr Leute immer größere Autos. „Dieser Effekt führt in ungleichen
       Ländern dazu, dass alle mehr konsumieren, um sozial gut dazustehen.“
       
       Gegen die Klimasteuer spricht, dass ein Großteil der Emissionen von
       Menschen ausgestoßen wird, die weniger als 2 Millionen Dollar jährlich
       verdienen. „[3][Auch die mittleren Einkommen fahren SUV]. Wichtig sind
       vielleicht die Top 20 Prozent“, sagt Creutzig.
       
       ## Die Vielflieger*innensteuer
       
       Der Hintergrund: Je häufiger eine Person fliegt, desto teurer sollte es
       werden. Das [4][schlägt der Internationale Rat für sauberen Verkehr (ICCT)
       vor]. Der Thinktank setzt sich für klimafreundliche Mobilität weltweit ein.
       Er empfiehlt eine Steuer, die ab dem zweiten Flug im selben Jahr wirkt.
       Während der erste Flug also noch steuerfrei ist, zahlen Flugpassagiere 9
       US-Dollar Aufpreis auf den zweiten. Der zwanzigste Flug im selben Jahr
       kostet Reisende dann 177 Dollar zusätzlich. So ließen sich etwa 121
       Milliarden Dollar jährlich erwirtschaften, schätzt der ICCT. Das Geld soll
       in Technologien fließen, die die Emissionen des Flugverkehrs reduzieren.
       Wer das Geld am Ende verwaltet und wie sich eine datenschutzrechtlich
       geschützte Flugfrequenzdatenbank einrichten lässt, bleibt unklar.
       
       Die Einschätzung: Eine solche Steuer könnte die Klimakosten des Fliegens
       hin zu den [5][wohlhabenderen Vielfliegern verlagern]. Der ICCT schätzt,
       dass die Steuer 81 Prozent der Einnahmen durch nur etwa 2 Prozent der
       Weltbevölkerung generieren würde. „Ein Vorteil ist, dass eine
       Vielfliegersteuer die größte Emissionsungerechtigkeit angeht“, sagt der
       Klimaforscher Felix Creutzig. Im Flugverkehr verursache der wohlhabendste
       Teil der Bevölkerung die meisten Emissionen. Gleichzeitig sei Fliegen
       extrem subventioniert. „Es gibt keine Kerosinsteuer, aber Subventionen beim
       Bau von Flughäfen.“ Dazu kommen Belohnungssysteme für Vielfliegen wie
       Flugmeilen. Dass der Flugverkehr am wenigsten von Klimaschutzmaßnahmen
       betroffen ist, sei „eine Absurdität ohne jegliches Maß“, sagt Creutzig.
       
       ## Das Klimageld
       
       Der Hintergrund: Das Energiegeld, [6][wie es auch die Grünen in Deutschland
       vorschlagen], ist eine Auszahlung an alle Bewohner eines Landes, die durch
       einen hohen CO2-Preis finanziert werden soll. Den hohen Preis zahlen
       zunächst die, bei denen Emissionen entstehen, zum Beispiel Kraftwerke. Weil
       für die Firmen dadurch die Kosten steigen, werden zum Beispiel Benzin oder
       Heizöl auch für Kund*innen teurer. Was also klimaschädlicher ist, kostet
       mehr. Zu Beginn jedes Jahres erhalten alle die gleiche Summe Energiegeld.
       Damit sollen auch ärmere Haushalte über das Jahr hinweg höhere Kosten
       stemmen können.
       
       In einem Zwei-Personen-Staat sähe das beispielsweise so aus: Ein Bürger hat
       wenig Geld und emittiert 6 Tonnen CO2 im Jahr. Die andere Bürgerin hat viel
       Geld und emittiert 100 Tonnen. Bei einem C02-Preis von 100 Euro pro Tonne
       zahlt der arme Bürger also 600 Euro und die Reiche 10.000 Euro. Das
       bedeutet 10.600 Euro Einnahmen für den Ministaat. Die zwei Bürger:innen
       bekämen jeweils 5.300 Euro ausgezahlt. „In der Realität werden die
       Unterschiede kleiner sein. Aber es gibt definitiv einen
       Umverteilungseffekt“, sagt Felix Creutzig.
       
       Die Einschätzung: Der große Vorteil am Energiegeld wäre, dass alle gleich
       behandelt werden, so der Forscher. „Das ist wichtig, damit soziales
       Vertrauen entsteht. Die soziale Absicherung ist trotzdem gegeben, da das
       Geld pro Kopf als Klimageld wieder ausgeschüttet wird“, sagt Creutzig. Das
       Energiegeld löse [7][das Ungleichheitsproblem] allerdings nicht, es mache
       es höchstens ein kleines bisschen besser.
       
       25 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Ungleiche-Emissionen-in-Deutschland/!5922585
 (DIR) [2] https://www.zeit.de/green/2023-02/co2-steuer-klima-steuer-kalifornien-vermoegenssteuer-klimakrise/komplettansicht
 (DIR) [3] /Die-Verstaendnisfrage/!5903429
 (DIR) [4] https://theicct.org/publication/global-aviation-frequent-flying-levy-sep22/
 (DIR) [5] /Klimagerechtigkeit-beim-Flugverkehr/!5768259
 (DIR) [6] https://www.gruene.de/artikel/so-entlasten-wir-buerger-innen-mit-dem-energiegeld
 (DIR) [7] /Ungleichheit-bei-Treibhausgasemissionen/!5868721
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Enno Schöningh
       
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