# taz.de -- Urteil im Dieselskandal: EuGH erleichtert Dieselklagen
       
       > Autobauer könnten auch haften, wenn sie ohne Betrugsabsicht fahrlässig
       > gehandelt hätten, urteilt der EuGH. Dies könnte die Rechtssprechung
       > verändern.
       
 (IMG) Bild: Dieselskandal: Die Autobauer müssen laut EuGH auch haften, wenn sie nur fahrlässig gehandelt haben
       
       LUXEMBURG dpa | Der Europäische Gerichtshof (EuGH) senkt die Hürden für
       Schadenersatz-Klagen von Diesel-Käufern bei unzulässiger Abgastechnik. Die
       Autobauer könnten auch dann haften, wenn sie ohne Betrugsabsicht einfach
       nur fahrlässig gehandelt hätten, urteilten die Luxemburger Richter am
       Dienstag in einem Mercedes-Fall.
       
       Das könnte große Auswirkungen auf die deutsche Rechtsprechung haben. Denn
       beim Bundesgerichtshof (BGH) hatten Klägerinnen und Kläger bisher nur dann
       eine Chance auf Schadenersatz, wenn sie vom Hersteller bewusst und gewollt
       auf sittenwidrige Weise getäuscht wurden. Diese strengen Kriterien waren
       nur beim [1][VW-Skandalmotor EA189] erfüllt. Dem EuGH genügt nun
       fahrlässiges Handeln – was sich leichter nachweisen lässt.
       
       Die Richter in Deutschland müssen diese Vorgaben nun umsetzen. Um das
       EuGH-Urteil abzuwarten, hatten Gerichte aller Instanzen massenhaft
       Diesel-Verfahren auf Eis gelegt, bei denen es auf diese Frage ankommt.
       Allein beim BGH sind im Moment mehr als 1.900 Revisionen und
       Nichtzulassungsbeschwerden anhängig, die deutliche Mehrzahl war wegen des
       EuGH-Verfahrens erst einmal zurückgestellt worden.
       
       Der „Dieselsenat“ des BGH hat für den 8. Mai bereits eine Verhandlung
       terminiert, in der er die sich „möglicherweise ergebenden Folgerungen für
       das deutsche Haftungsrecht“ erörtern will, um den unteren Instanzen
       möglichst schnell Leitlinien an die Hand zu geben. Denn mit dem EuGH-Urteil
       sind noch längst nicht alle Fragen geklärt. Offen ist zum Beispiel, wie
       viel Geld betroffenen Autokäufern zusteht.
       
       ## Auslöser des Verfahrens waren Thermofenster
       
       Hintergrund des Verfahrens war eine Schadenersatz-Klage aus Deutschland
       gegen Mercedes-Benz wegen eines sogenannten Thermofensters. Thermofenster
       sind Teil der Motorensteuerung, die bei kühleren Temperaturen die
       Abgasreinigung drosseln. Autohersteller argumentieren, das sei notwendig,
       um den Motor zu schützen. [2][Umweltorganisationen sehen darin hingegen ein
       Instrument, das dabei hilft, die Emissionen von Autos unter Testbedingungen
       kleiner erscheinen zu lassen, als sie es im realen Straßenverkehr sind.]
       Der EuGH erachtet diese Thermofenster nur in ganz engen Grenzen als
       zulässig.
       
       Thermofenster wurden auch von anderen Herstellern standardmäßig eingesetzt.
       Da sich das EuGH-Urteil auf unzulässige Abschalteinrichtungen allgemein
       bezieht, könnte es auch auf andere Funktionalitäten in der Abgastechnik von
       Diesel-Autos übertragbar sein, die derzeit von Gerichten unter die Lupe
       genommen werden.
       
       21 Mar 2023
       
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