# taz.de -- Vorerst abgewendeter Bahnstreik: Lieber verhandeln statt streiken
       
       > Ein Bahnstreik ist vorerst abgewendet. Trotzdem wird es Einschränkungen
       > im Bahnverkehr geben. Denn der Tarifkonflikt ist noch längst nicht
       > gelöst.
       
 (IMG) Bild: Stillstand nur zur Wartung, Bahnstreik fällt vorerst aus
       
       BERLIN taz | Auch wenn die Bahner und Bahnerinnen die Arbeit nicht
       niederlegen, wird es nach Angaben der Deutschen Bahn (DB) in den kommenden
       Tagen zu Einschränkungen im Zugverkehr kommen. „Am Montag werden rund zwei
       Drittel der geplanten Züge verkehren“, teilte die DB mit. Ab Dienstag
       würden dann alle ICE und IC-Verbindungen wieder aufgenommen. Auch im
       Regionalverkehr werde es regional Einschränkungen und Zugausfälle geben.
       
       Grund sind die bereits getroffenen Vorbereitungen für den angekündigten
       Streik, [1][der Sonntagabend hätte beginnen sollen und erst Dienstag wieder
       beendet sein sollte]. Auch wenn der Streik abgewendet wurde, müssen
       beispielsweise praktisch über Nacht für viele Züge neue Personalpläne
       erstellt und das betreffende Personal muss darüber informiert werden.
       
       Auch die digitalen Informationssysteme wurden bereits auf den ruhenden
       Verkehr eingestellt. Sie müssen nun wieder die Verfügbarkeit der Tausenden
       täglich fahrenden Züge anzeigen. Auch wurden den nicht streikenden
       Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen für Montag und Dienstag
       Weiterbildungskurse angeraten. Auch sie müssen nun wieder umplanen.
       
       Die Tarifauseinandersetzung bei den Bahnen geht in die nächste Runde. Die
       DB und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben den drohenden
       zweitägigen Streik erst einmal durch einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht
       in Frankfurt am Main verhindert. Nun soll es schnell zu Verhandlungen für
       die rund 180.000 Tarifbeschäftigten des Branchenführers kommen.
       
       ## Streikgefahr nicht dauerhaft gebannt
       
       Das bedeutet aber noch nicht, [2][dass die Streikgefahr dauerhaft gebannt
       ist]. „Ab Mittwoch ist wieder alles offen und möglich“, stellte die
       Gewerkschaft anschließend klar. Bei dem Vergleich ging es um die zentrale
       Frage dieser Tarifrunde: den Umgang mit den etwa 2.000 Beschäftigten an der
       Mindestlohngrenze. Bisher erreichen sie einen Stundenlohn von 12 Euro nur
       durch eine entsprechende Zulage.
       
       Die EVG fordert eine sogenannte tabellenwirksame Festschreibung des
       Mindestlohns als Grundlage für den dann folgenden Lohnabschluss. Würde sie
       sich darin mit ihrer Forderung nach einem Mindestbetrag von 650 Euro
       durchsetzen, kommen Reinigungskräfte oder das Sicherheitspersonal auf
       einen Schlag auf mehr als 16 Euro in der Stunde.
       
       Einen solchen Sprung wollen die Arbeitgeber aber verhindern. Die DB hat
       sich nach langem Zögern in der vergangenen Woche bereiterklärt, den
       Mindestlohn als unterste Stufe in die Tabelle zu schreiben. „Der
       Arbeitgeber hat vor Gericht unmissverständlich erklärt, dass er unsere
       Forderungen zum Mindestlohn erfüllt“, sagt EVG-Verhandlungsführer Kristian
       Loroch. In der Erklärung der Arbeitgeber ist lediglich davon die Rede, dass
       diese Frage Teil der Lösung des Konflikts sei. Ein echter Durchbruch klingt
       aber anders.
       
       ## Bahnpersonal kann mit höherem Einkommen rechnen
       
       Eine Chance auf Fortschritte gibt es in der übernächsten Woche. Am 23. und
       24. Mai steht die nächste Verhandlungsrunde bei der DB auf dem Programm.
       Bis dahin befasst sich die Gewerkschaft auch noch mit den anderen
       Arbeitgebern der Branche. Derzeit laufen parallel Gespräche für 50
       Unternehmen, die zusammen weitere 50.000 Personen beschäftigen. Bei einigen
       der meist kleinen Bahnen im Nahverkehr gilt der Streikaufruf auch weiter.
       Einige wenige wiederum wurden von vornherein davon ausgenommen, weil
       bereits verhandlungsfähige Angebote vorlagen. Allerdings wird die Situation
       durch diese Gemengelage weiter verkompliziert.
       
       Am Ende – so zeichnet sich bereits ab – wird es zu einem deutlichen
       Einkommenszuwachs beim Bahnpersonal kommen. Die EVG fordert einen
       Mindestbetrag von 650 Euro oder ein Plus von 12 Prozent. Die Deutsche Bahn
       bietet einen Inflationsausgleich in Höhe von 2.850 Euro sowie 10 Prozent
       mehr Lohn in den unteren Lohngruppen und 8 Prozent für die
       Besserverdienenden an.
       
       14 May 2023
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Wolfgang Mulke
       
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