# taz.de -- Wolfsburger Fußballerinnen im Pokal: Konkurrenz gesucht
       
       > Den DFB-Pokalsieg des VfL Wolfsburg über die SGS Essen kann fast nur ein
       > Wunder verhindern. Spannend wird es für den Eliteklub aber andernorts.
       
 (IMG) Bild: Gewohntes Bild: Alexandra Popp (l.) und Pernille Harder bejubeln mal wieder ein Wolfsburger Tor
       
       Der deutsche Frauenfußball ist noch viel stärker als jener der Männer von
       zwei Machtgebilden geprägt: dem FC Bayern und dem VfL Wolfsburg. Wolfsburg
       ist dabei die Regentin, Bayern eher das, was bei den Männern Borussia
       Dortmund wäre. Die Wolfsburgerinnen haben gerade die vierte Deutsche
       Meisterschaft in Serie gefeiert mit einem absurd dominanten Torverhältnis
       von 93:8 und ohne Niederlage.
       
       Am Samstag gegen die SGS Essen (17 Uhr/ARD) werden sie, wenn kein
       himmlisches Wunder geschieht, auch den DFB-Pokal holen. Beide Vereine
       [1][sichern sich fast alle deutschen Nationalspielerinnen]; zuletzt gingen
       Klara Bühl, Marina Hegering und Lea Schüller zum FC Bayern, während der VfL
       Wolfsburg Pauline Bremer, die hoch gehandelte Lena Oberdorf und Kathrin
       Hendrich verpflichtete.
       
       Spielerisch, aber vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung sind die
       Wolfsburgerinnen enteilt. Ihr Konzept wirkte stets stringenter, die
       Überzeugung größer, die interne und externe Sichtbarkeit höher. Wenngleich
       die VfL-Frauen von Gleichberechtigung weit entfernt sind; der Vaterklub
       verbot ihnen symbolträchtig 2017 die Meisterparty, weil die Männer gerade
       Relegation spielten.
       
       Früher als die Fifa aber hat der VW-Klub erkannt, wie sehr Frauenfußball
       das Image aufbessern kann. Inmitten von Dieselskandalen gibt es da schöne
       Nachrichten über Frauenförderung und Double-Siege und durchaus auch echte
       Rückkopplungen in den Männerbereich: Die berühmte von Nilla Fischer
       eingeführte Regenbogenbinde tragen nun auch die VfL-Männer.
       
       ## Ein paar Farbtupfer
       
       Es wird gewiss niemand Fan der Wolfsburger Männer, weil die Frauen zur
       Weltspitze zählen und gegen Diskriminierung eintreten. Aber dem grauen VfL
       gibt das einen Farbtupfer, den dieser, so darf man unterstellen, sehr gern
       aufnimmt. Und mittlerweile, freilich erst als Reaktion auf die sportlichen
       Erfolge und keineswegs als Masterplan, engagiert finanziert.
       
       Mit dem Boom [2][in England] und [3][Spanien] und den lukrativen Angeboten
       der englischen WSL, die gerade Bayern-Kapitänin Melanie Leupholz zu locken
       vermochte, wird der ökonomische Druck größer. Die Karte Frauenfußball
       spielt man jetzt nicht mehr einfach so nebenbei, man spielt sie mit
       Überzeugung oder gar nicht.
       
       Sehr vernehmbar hatte Wolfsburgs Sportlicher Leiter Ralf Kellermann in den
       letzten Jahren über den mangelnden Wettbewerb in der Liga geklagt. Für den
       VfL Wolfsburg ist der zunächst finanziell vehementere Angriff der
       Bayern-Frauen daher eine gute Nachricht.
       
       Als einem der wenigen Vereine ist es dem VfL gelungen, eine solide
       Publikumsbasis mit vor Corona etwa 1.300 ZuschauerInnen aufzubauen, der
       höchste Schnitt der Liga. Die Frauen sind erfolgreicher als die Männer, und
       Konkurrenzveranstaltungen sind in der Autostadt überschaubar. Mickrig aber
       sehen die Zahlen aus im Vergleich zur WSL, wo Chelsea, Arsenal, ManCity und
       Manchester United in der abgebrochenen Saison allesamt Schnitte über 2.000,
       im Falle von Chelsea sogar über 3.000 verzeichneten, die Highlight-Spiele
       in großen Stadien gar nicht miteingerechnet.
       
       Wolfsburgs Chef Kellermann steht mit kritischen Aussagen zur deutschen
       Frauenfußballlage oft allein auf weiter Flur. Kürzlich [4][sagte er der
       Deutschen Welle]: „Wir sind zwar seit Jahren international top, aber von
       den Bedingungen her gehören wir nicht zu den Top acht. Das muss man
       realistisch sehen.
       
       Stellen Sie sich vor, Sie wären 25 Jahre alt, eine europäische Topspielerin
       und haben die Chance, zum FC Barcelona zu gehen, Paris St. Germain,
       Olympique Lyon, FC Chelsea, FC Arsenal, Manchester City, FC Bayern und
       Wolfsburg. Da kann man sich ausrechnen, dass es bei den erstgenannten Klubs
       wirtschaftlich definitiv anders aussieht als bei uns, dass die Strahlkraft
       dieser Vereine und Städte eine andere ist.“
       
       Gerade die Standortvorteile, die dem Frauenfußball in Wolfsburg einen
       fruchtbaren Boden bereiten, könnten ihm bei einem größeren europäischen
       Investitionsboom zum Nachteil werden. Eine kleine, unattraktive Stadt, eine
       wenig erfolgreiche Herrenmannschaft und ein Klub, dessen finanziellen
       Möglichkeiten gegen PSG oder ManCity rasch Grenzen gesetzt sind.
       
       Noch ist unklar, ob eine fortdauernde Coronakrise mit allen
       wirtschaftlichen Konsequenzen dem zarten Blühen des Frauenfußballs schnell
       ein Ende bereitet. Oder ob sie im Gegenteil, wie gerade in Dortmund und
       Schalke, zu vorerst günstigen PR-Offensiven mit Frauenteams führt.
       
       4 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Machtkonzentration-im-Frauenfussball/!5693268
 (DIR) [2] /Boom-im-englischen-Frauenfussball/!5636771
 (DIR) [3] /Frauenfussball-in-Spanien/!5392128
 (DIR) [4] https://www.dw.com/de/ralf-kellermann-wir-haben-die-richtige-mentalitaet/a-53874724
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Schwermer
       
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