# taz.de -- Youtuber kritisiert Regierungsparteien: Rezos Real Talk
       
       > Politik statt Comedy: Im Video „Die Zerstörung der CDU“ übt Youtuber Rezo
       > harsche Kritik an den Regierungsparteien. Ist er Demagoge oder Aufklärer?
       
 (IMG) Bild: London: Schülerinnen nehmen an einem „Fridays for Future“-Klimastreik teil
       
       „Rezo ja lol ey“ – der Name klingt nicht unbedingt nach politischer Bildung
       und knallharter Abrechnung mit der Regierung. Und der Kopf hinter diesem
       [1][Youtube-Kanal] befasst sich sonst auch eher mit unterhaltsameren
       Themen: Bekannt geworden ist Rezo durch Musik- und Comedyvideos.
       
       Seinen Klarnamen behält der studierte Informatiker lieber für sich – sein
       Gesicht kennen dafür umso mehr, vor allem junge Menschen. Auf seinem
       Youtube-Hauptkanal hat er über 1,5 Millionen Abonnent*innen. Zum Vergleich:
       Deutschlands Top-Influencerin Bianca Heinicke („BibisBeautyPalace“) hat
       über 5 Millionen, die Junge Union ungefähr 1500.
       
       In einem seiner letzten Videos guckte der 26-jährige Rezo peinliche
       Kinderfotos an, in seinem neusten Werk guckt er sich peinliche
       Regierungsentscheidungen an. „Die Zerstörung der CDU“ heißt das fast
       einstündige Video, das die Co-Regierungsparteien CSU und SPD gleich mit
       vernichten will. Am Dienstagmittag hatten es seit seiner Veröffentlichung
       am Samstagabend bereits über 2.000.000 Menschen gesehen.
       
       Neben ihrem Interesse an lustigen Videos, die sich vorrangig um Fails und
       Challenges drehen, haben Rezos Zuschauer*innen vor allem eins gemein:
       Sie sind jung. Und so spricht Rezo auch bei seinem Ausflug in die Welt der
       Politik Themen an, für die sich Jugendliche interessieren dürften.
       
       ## Sonst Welt kaputt
       
       Darunter finden sich kurze Kommentare zu Bildungsausgaben und der
       Legalisierung von Cannabis. Vor allem aber: Die Klimapolitik. Dass die von
       jungen Menschen besondere Bedeutung zugemessen bekommt, zeigen die vielen
       Schüler*innen, die jeden Freitag für Klimaschutz auf die Straße gehen.
       
       Rezos Hauptaussage ist hier: Wir müssen sehr schnell einiges ändern, sonst
       „wahrscheinlich Welt kaputt.“ Dem Ernst der Lage stellt er verschiedene
       kontraproduktive Entscheidungen der Bundesregierung gegenüber. Er befindet,
       deren Linie sei wirtschaftlich und klimapolitisch Quatsch und nütze nur
       einigen reichen Leuten – aber es gehe ja auch „nur um unsere fucking
       Zukunft“.
       
       Der andere längere Themenblock im Video wird mit dem Titel „Krieg und
       zerplatzende Menschen“ eingeleitet. Darin erklärt Rezo zum Beispiel, was
       Drohnen eigentlich sind, nämlich „darauf ausgelegt, in nem gewissen Radius
       einfach jedes Menschenleben zu zerfetzen“. „Stellt euch vor, eure Oma ist
       im Garten […] und bum, plötzlich ist sie weg. Da explodiert einfach eure
       ganze Oma“.
       
       Geschmacklos? Vielleicht. Das findet auch Rezo selbst. Aber eben auch genau
       das Gefühl, das seiner Meinung nach zurückbleiben sollte, wenn von
       Kriegsverbrechen gesprochen wird. Eine Attitüde nach dem Motto „Völkerrecht
       ja lol ey“ macht Rezo aber nicht nur den USA zum Vorwurf. Er weist auch auf
       das stille Einverständnis der Bundesregierung hin, die die Rolle, die der
       Militärstützpunkt in Ramstein dabei spielt, geflissentlich ignoriert.
       
       ## Persönlicher Rant
       
       Die 55 Minuten sind gespickt mit Vereinfachungen und drastischen Bildern –
       und damit weit entfernt von dem, was Medienkonsument*innen außerhalb
       der Youtube-Welt an vorgeblich neutraler, faktenbasierter Analyse gewöhnt
       sind. Einzig eine einminütige Sequenz hebt er klar als „persönlichen Rant“
       hervor.
       
       Darin echauffiert er sich über die gewohnheitsmäßige Nichteinhaltung von
       Klimazielen: „Wenn das meine Angestellten wären, ich würde die sofort
       rausschmeißen“. Das alles zusammen dürfte genau die passende Strategie
       sein, sein Publikum zu erreichen.
       
       Zum einen, weil das Video nicht langweilig wird, obwohl es die Dauer der
       Aufmerksamkeitsspanne, die Youtube-Videos normalerweise einfordern, bei
       weitem übersteigt. Zum anderen bleibt das Video maximal niederschwellig
       verständlich. Das Pariser Klimaabkommen als „so ein Vertrag“ zu bezeichnen,
       reicht für Rezos Zwecke, denn letztlich geht es ihm vor allem um den
       Vorwurf: „Wir“ – also die Bundesregierung – „halten uns halt nicht dran.“
       
       Statt mit erhobenem Zeigefinger und belehrendem Ton daher zukommen, gibt er
       seinen Zuschauer*innen zu verstehen: Mir geht es wie euch. Ich wusste
       das gar nicht so richtig, aber jetzt finde ich es ziemlich krass und will
       nicht, dass es so weitergeht.
       
       ## Aufruf zum (Nicht)Wählen
       
       Weitere Informationen finden sich über eine zwölf-seitige Liste mit Belegen
       und Quellen. Die reichen von wissenschaftlichen Publikationen über Links zu
       Artikel etablierter Medien wie Spiegel oder Süddeutsche bis hin zu
       Wikipedia Einträgen. Auf jeden Fall sind sie zahlreich, ebenso wie Rezos
       häufige Einschübe à la „was sagt denn die Wissenschaft dazu?“ Und er zieht
       eine eindeutige Schlussfolgerung: Hier geht es nicht um unterschiedlichen
       Meinungen, „hier geht es darum, dass diese Parteien extrem gut belegte
       wissenschaftliche Erkenntnisse nicht ernst nehmen“.
       
       Das macht für Rezo CDU, CSU und SPD unwählbar, und das macht er auch sehr
       deutlich. Der AfD widmet er nur einen kleinen Exkurs – „es soll ja keiner
       die falschen Schlüsse ziehen und irgendwie denken, die AfD wäre ne legitime
       Option“. Nicht nur, „weil da halt Nazis drin sind“, auch, weil die AfD
       regelmäßig Beispiele dafür liefert, wie ignorant sie den wissenschaftlichen
       Konsens zum Klimawandel leugnet.
       
       Er erwähnt am Rande, dass die Linke und die Grünen, sowie einige
       Kleinparteien, bessere klimapolitische Ansätze vertreten. Ansonsten betont
       Rezo, die Frage, welche Partei denn nun die richtige sei, nicht beantworten
       zu können und zu wollen. Stattdessen ruft er dazu auf, sich die Standpunkte
       der Parteien selbst anzugucken.
       
       Trotzdem stürzten sich einige Politiker von Junger Union und CDU in den
       sozialen Netzwerken bereits auf diesen Punkt. Rezo betreibe
       [2][Meinungsdiktatur], und so illegitim könnten CDU, CSU und SPD gar nicht
       sein, dafür spreche ja immerhin deren große Wählerschaft.
       
       ## Nur Demagogie?
       
       Mal wird Rezo der Verbreitung von Fake News bezichtigt, ohne selbst Angaben
       dazu zu machen, worauf genau sich diese [3][Anschuldigung] stützen soll.
       Mal wird er als links-grüner Aktivist abgestempelt, der demagogische
       Botschaften produziere und ihm seine Profession als Youtuber zum Vorwurf
       gemacht.
       
       Die Antwort auf solche Reaktionen liefert Rezo im Video aber eigentlich
       bereits selbst: „Ihr sagt doch immer, dass die jungen Leute mehr Politik
       machen sollen. Ja, dann kommt auch damit klar, dass die jungen Leute eure
       Politik scheiße finden.“
       
       21 May 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/watch?v=4Y1lZQsyuSQ
 (DIR) [2] https://twitter.com/MarianBracht/status/1130742405043560449
 (DIR) [3] https://twitter.com/PhilippGraefe/status/1130761221068808192
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lilly Schlagnitweit
       
       ## TAGS
       
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