# taz.de -- Kommentar Dax über 12.000 Punkte: Boom auf morscher Basis
       
       > 21 Prozent Plus seit Jahresanfang: Der Höhenflug des Deutschen
       > Aktienindex ist kein Grund zum Jubeln. Solide ist diese Entwicklung
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Immer nach oben – ohne solide Grundlage.
       
       Erst vor einem Monat durchbrach der Deutsche Aktienindex (DAX) die
       historische Marke von 11.000 Punkten. Am Montag hat der Indikator für den
       Wert der 30 größten deutschen Unternehmen nun zum ersten Mal in der
       Geschichte die 12.000-Punkte-Hürde genommen. Seit Jahresanfang legte der
       DAX damit um 21 Prozent zu.
       
       Pure Freude ist dennoch nicht angebracht. Denn es ist weniger solider
       Wachstumsoptimismus, der die Aktienkurse anfeuert, als die pure
       Alternativlosigkeit der Anleger in unsicheren Zeiten. Ukrainekrieg und
       Griechenlandkrise sind zwei Symptome für ein politisch zunehmend
       bedrohliches Umfeld.
       
       Vor allem aber seitdem die Europäischen Zentralbank (EZB) in der
       vergangenen Woche ihre Geldschleusen öffnete und von nun an monatlich
       Staatsanleihen für 60 Milliarden Euro aufkauft, herrscht bei den Anlegern
       endgültig Anlagenotstand. Die massiven Aufkäufe von Staatsanleihen lassen
       die ohnehin niedrigen Renditen vollends verpuffen. Weil Festgeld und
       Tagesgeld auch keine Zinsen mehr abwerfen, flüchten sich die Anleger
       regelrecht in die Aktienmärkte.
       
       Sie werden damit Teil von Mario Draghis Billionenwette: Der EZB-Chef
       versucht die überwiegend darbende europäische Wirtschaft mit frischem Geld
       quasi am eigenen Zopf aus der Rezession herauszuziehen. Diese Strategie des
       Eurohüters ist durchaus folgerichtig und hat in den USA zumindest
       kurzfristig einigen Erfolg vorzuweisen.
       
       ## Symptome einer Systemkrise
       
       Tragisch bleibt jedoch, dass hier mit dem größten geldpolitischen
       Instrument am Ende wieder nur Symptome einer Systemkrise überdeckt werden.
       Denn Europas aktuelle Misere ist von der Finanzkrise von 2008 nicht zu
       trennen, die bis heute nur halbherzig aufgearbeitet wurde. Das
       Lehman-Debakel hat bis heute ein Heer an Zombiebanken zurückgelassen, die
       man als „too big to fail“ sich nicht traute abzuwickeln und deren
       Rettungskosten man der Allgemeinheit in Rechnung stellt.
       
       Nun kauft Draghi den Anlegern mit Nullzinspolitik und massiven
       Markteingriffen wieder einmal mehr Zeit. Dabei wird seine Politik des
       billigen Geldes am Ende das bestehende wirtschaftliche Ungleichgewicht im
       Euroraum verstärken. Denn vom billigen Euro wird wieder einmal die deutsche
       Exportwirtschaft am meisten profitieren. Die Gefahr des großen Knalls eines
       maroden Finanzsystems ist dabei lange noch nicht gebannt.
       
       17 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tarik Ahmia
       
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