# taz.de -- Vattenfall-Klage wegen Atomausstieg: Millionenkosten für den Bund
       
       > Vattenfall fordert Milliarden als Schadenersatz, die Anwälte bekommen
       > erst einmal Millionen. Der mögliche Investorenschutz ist bereits jetzt
       > sehr teuer.
       
 (IMG) Bild: Zugang zum Atomkraftwerk Brunsbüttel
       
       BERLIN dpa | Die Klage des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall gegen
       den Atomausstieg in Deutschland kommt den Steuerzahler teuer zu stehen.
       „Die Bundesregierung geht auf Basis derzeitiger Annahmen von möglichen
       Gesamtkosten in der Größenordnung von ca. 9 Millionen Euro aus“, heißt es
       in einer Antwort von Wirtschafts-Staatssekretär Matthias Machnig auf eine
       Anfrage der Grünen-Fraktion. Dabei geht es nur um Anwalts- Gutachter-,
       Übersetzungs- und Gerichtskosten für das Verfahren vor einem
       internationalen Schiedsgericht in den USA.
       
       Seit Beginn des Verfahrens im Jahr 2012 wurden aus dem Bundeshaushalt 3,23
       Millionen Euro bezahlt, teilte Machnig mit. Die Antwort liegt der Deutschen
       Presse-Agentur vor, zunächst hatte darüber die Süddeutsche Zeitung
       berichtet. Vattenfall klagt wegen der Stilllegung der
       schleswig-holsteinischen Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel insgesamt
       auf 4,7 Milliarden Euro Schadenersatz.
       
       Bis wann das Verfahren abgeschlossen sein wird, ist unklar. Im Ministerium
       seien sechs Personen mit dem Verfahren beschäftigt, heißt es in der
       Antwort. Insgesamt fielen hierfür Personalkosten in Höhe von 515.000 Euro
       jährlich an. Da die Ministerien keine Kosten-Leistungs-Rechnung
       durchführen, die eine konkrete Zuordnung des Personalaufwands der Regierung
       zu dem Verfahren erlauben würde, „können die Gesamtkosten für die
       Bereitstellung von Personal nicht angegeben werden“.
       
       Da auch der deutsche Eon-Konzern mit 50 Prozent an Krümmel und mit 33
       Prozent an Brunsbüttel beteiligt ist, könnte Eon anteilig von Schadenersatz
       profitieren. „Eon ist an den betroffenen Kernkraftwerken beteiligt und
       würde bei einem Erfolg der Klage von Vattenfall mittelbar für die
       Entwertung seiner Gesellschafterstellung entschädigt“, teilte ein Sprecher
       am Samstag mit.
       
       ## Knackpunkt beim TTIP
       
       Vattenfall kann als ausländischer Konzern gemäß der internationalen
       Energiecharta bei Investitionsstreitigkeiten vor ein Schiedsgericht ziehen.
       Eon und RWE ist dies bei ihren Atomkraftwerken verwehrt, sie klagen vor dem
       Bundesverfassungsgericht gegen den bis 2022 geplanten Atomausstieg.
       
       Die Frage von Schiedsgerichten ist ein entscheidender Knackpunkt bei den
       Verhandlungen über das geplante Freihandelsabkommen zwischen USA und EU
       (TTIP). Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte auf seiner
       ersten USA-Reise die großen ökonomischen Vorteile von TTIP betont und in
       einer Grundsatzrede an der Universität Harvard vor hysterischen
       Chlorhühnchen-Debatten gewarnt. „Ich glaube, das wäre ein historisches
       Projekt, das den großen Möglichkeiten einer neuen transatlantischen Agenda
       entspricht“, betonte der Vizekanzler.
       
       Deutsche Unternehmer in den USA forderten von ihm, sich für die Option von
       Schiedsverfahren bei TTIP einzusetzen, weil sie dem US-Rechtssystem nicht
       trauen und oft teure Vergleiche schließen müssten. Gabriel sind aber durch
       einen Beschluss eines kleinen SPD-Parteitags Fesseln angelegt.
       „Investitionsschutzvorschriften sind in einem Abkommen zwischen den USA und
       der EU grundsätzlich nicht erforderlich und sollten nicht mit TTIP
       eingeführt werden“, heißt es darin. Und: „In jedem Fall sind
       Investor-Staat-Schiedsverfahren und unklare Definitionen von
       Rechtsbegriffen, wie "faire und gerechte Behandlung" oder "indirekte
       Enteignung" abzulehnen“.
       
       25 Oct 2014
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt TTIP
 (DIR) Sigmar Gabriel
 (DIR) Vattenfall
 (DIR) Atomausstieg
 (DIR) Investitionsschutz
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Schwerpunkt TTIP
 (DIR) Grüne
 (DIR) Schwerpunkt TTIP
 (DIR) Vattenfall
 (DIR) Atomausstieg
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gericht kippt Erlaubnis für Atomlager: Brunsbüttel offiziell nicht sicher
       
       Ein Bundesgericht hat die Genehmigung für das Atom-Zwischenlager
       Brunsbüttel gekippt. Bei der Zulassung wurden Flugzeugabstürze nicht
       berücksichtigt.
       
 (DIR) Falsche Freihandels-Versprechungen: TTIP kann zum Jobfresser werden
       
       Jede Menge neue Arbeitsplätze solle das Freihandelsabkommen von EU und USA
       bringen, hieß es bislang. US-Forscher sagen etwas anderes.
       
 (DIR) Verfahren gegen Klimaschützer: Grüne wollen keine Besetzung
       
       Klima-Aktivisten hatten im vergangenen Jahr die Grünen-Geschäftsstelle in
       Düsseldorf besetzt. Jetzt müssen sie vor Gericht.
       
 (DIR) Kommentar Investitionsschutz Vattenfall: Ein teures Wecksignal
       
       Vattenfall will Schadenersatz wegen des Atomausstiegs. Das sollte eine
       Warnung sein vor dem im TTIP verankerten Investitionsschutz.
       
 (DIR) Schwedens Energiepolitik: Stockholm stützt Vattenfall
       
       Auch die rot-grüne Regierung steht hinter der Klage des Energiekonzerns. Er
       fordert 4,7 Milliarden für den Atomausstieg in Deutschland.
       
 (DIR) Kosten des Atomausstiegs: Vattenfall will 4,7 Milliarden Euro
       
       Als Entschädigung für die Stilllegung seiner Akws in Deutschland fordert
       Vattenfall 4,7 Milliarden Euro. Es ist nicht die einzige Klage dieser Art.
       
 (DIR) Energieunternehmen in Schweden: Atomkonzerne unter Druck
       
       Die rot-grüne Regierung will, dass Vattenfall und Co künftig mehr für die
       Sicherheit tun und mehr zahlen. Dafür soll eine erhöhte Atommüllabgabe
       sorgen.