# taz.de -- Kommentar Amazons Geschäftsgebaren: Erbarmungslos
       
       > Für Amazon sind Bücher eine Ware wie Rasenmäher oder Druckerpapier. Doch
       > die Marktmacht des Konzerns erfährt immer stärkeren Gegenwind.
       
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       Jeder und jede in der Buchbranche weiß, dass Amazon selten oder gar nicht
       auf Anfragen oder Proteste reagiert. Umso erstaunlicher, dass Amazon in den
       letzten Wochen ständig öffentlich reagiert, abwiegelt und beschwichtigt und
       – obwohl der Internet-Bestelldienst den Krieg um Rabatte und
       Lieferkonditionen selbst entfacht hat – sich bevorzugt als Opfer darstellt,
       das nur den Kundinnen und Kunden zuliebe mit den Verlagen ringe.
       
       Der Gegenwind ist stark. Im letzten Jahr hatte der Konzern mit negativen
       Schlagzeilen zu kämpfen, weil er die Arbeit in Versandlagern
       verhältnismäßig schlecht bezahlt und nicht mit Gewerkschaften verhandelt.
       Jetzt bekannt geworden, dass Amazon die Verlage bedrängt, um höhere Rabatte
       im E-Book-Geschäft herauszuschlagen. Bei gedruckten Büchern verlangt Amazon
       oft den eben noch vom Gesetzgeber erlaubten Handelsrabatt.
       
       Mit dem Protest von Autorinnen und Autoren, der sogar von der
       Kulturstaatsministerin unterstützt wird, hatte der Konzern allerdings nicht
       gerechnet. Monika Grütters unterstützt sie, da auch die Bundesregierung
       langsam beginnt, die Marktmacht des Internetriesen zu fürchten. Zumal
       Amazon seine Steuern in Luxemburg zahlt und angekündigt hat, den Versand
       teilweise nach Polen zu verlegen.
       
       Die Autorinnen und Autoren indes agieren – anders als jene, die direkt bei
       Amazon publizieren und sich vor ihren „Verlag“ gestellt haben – nicht auf
       Aufforderung ihrer Verlage. Sie wissen selbst, was eine marktbeherrschende
       Stellung von Amazon für sie bedeuten würde. In diesem Fall könnte Amazon
       ganz anders über die Preise bestimmen als jetzt.
       
       Dabei ist Amazon nicht wirklich am Buch interessiert; es verhökert die
       „heilige Ware“ (Bertolt Brecht) genauso liebevoll wie Rasenmäher oder
       Druckerpapier. Dementsprechend wird der Konzern, sobald er die angestrebte
       Hegemonialstellung eingenommen hat – was durchaus wahrscheinlich ist –, die
       Konditionen noch mehr zu seinen Gunsten ändern.
       
       In seiner Selbstwahrnehmung ist Amazon ein Internetgigant und ein
       Versandhändler. Inhalte sind da nur ein weiteres Instrument, um
       Marktanteile zu sichern. In diesem Sinne bleibt sich der Konzern, der
       ursprünglich „Relentless“ heißen sollte, auch nur treu. „Relentless“ heißt
       übersetzt: erbarmungslos.
       
       Jörg Sundermeier ist Verleger des Verbrecher Verlags und regelmäßiger Autor
       der taz.
       
       22 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörg Sundermeier
       
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