# taz.de -- Rechtsextremismus in Bayern: Neonazi-Netzwerk zu spät verboten
       
       > Das „Freie Netz Süd“ wird von Bayerns Innenminister verboten. Aber das
       > hat so lange gedauert, dass die Kader der Neonazis sich neu orientieren
       > konnten.
       
 (IMG) Bild: November 2013: Neonazis vom „Freien Netz Süd“ im bayerischen Wunsiedel.
       
       MÜNCHEN taz | Das Bayrische Innenministerium hat das „Freie Netz Süd“ (FNS)
       verboten. Am Mittwochmorgen standen Polizeikräfte vor dem Haus des
       führenden FNS-Kaders Tony Gentsch in Regnitzlosau und durchsuchten das
       Grundstück. „Das ’Freie Netz Süd‘ “, erklärte das Innenministerium von
       Minister Joachim Herrmann (CSU), habe die „aggressiv-kämpferischen
       Bestrebungen“ der verbotenen „Fränkischen Aktionsfront“ fortgeführt.
       
       Um sechs Uhr begannen die Polizeimaßnahmen an dem Grundstück im Ortsteil
       Oberprex. In dem Ort mit 83 Einwohnern nahe Hof richtete das FNS Schulungen
       und Kameradschaftsabende aus. Hier hatte die Familie Gentsch 2010 den
       Gasthof Restaurant zum Egerländer erworben. Von der Adresse aus betrieb
       Tony Gentsch zusammen mit Matthias Fischen den Szene-Online-Shop „Final
       Resistance“. Auch der Shop ist von dem Verbot betroffen.
       
       Mit dem Verbot hat das Innenministerium zudem Vermögen Dritter
       beschlagnahmt. Das Grundstück obliegt nun dem Staat. Grundlage für das
       Verbot, so Herrmann, war eine Razzia vor einem Jahr. Damals waren die
       Behörden mit etwas 700 Beamten gegen das „Netz“ vorgegangen, es war die
       größte Aktion, die es je gegen die rechtsextreme Szene in Bayern gab.
       
       Zum FNS gehörten ab 2008 verschiedene Kameradschaften, die kritisch zur NPD
       standen, deren führende Aktivisten aber aus der Partei und ihrer
       Jugendorganisation kamen. Das FNS soll an die 20 Gruppen und 150
       Rechtsextreme vereint haben. Im Süden war dieses Netzwerk das größte der
       Szene. Von etwa 350 Sympathisanten ging der Verfassungsschutz aus.
       
       Vor zwei Jahren hatte der Landtag bereits einstimmig das Verbot gefordert.
       Die Opposition im Landtag hatte dem Innenminister immer wieder vorgehalten,
       dass das zu lange dauere. „Wir haben das Verbot lange gefordert, jetzt ist
       es endlich vollzogen. Spät kommt ihr – doch ihr kommt“, sagt Matthias Jena,
       Vorsitzende DGB Bayern.
       
       ## Neue Organisationsformen
       
       Doch nicht nur Jena sorgt, dass durch das lange Zögern die Rechten
       Ersatzstrukturen vorbereiten konnten. Robert Andreasch von der Münchner
       Antifaschistischen Informations- und Archivstelle wird deutlich: „Das FNS
       erkannte die Signale.“ Nach den Durchsuchungen hätten sie nach neuen
       Organisationsformen gesucht.
       
       In Fürth gründeten Kader die „Bürgerinitiative Soziales Fürth“, in Augsburg
       die „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ und in der Oberpfalz wirkten sie bei
       der „Bürgerinitiative Soziale Alternative Oberpfalz“ mit. Überregional
       wandten sie sich der 2013 gegründeten Partei „Der Dritte Weg“ (DIIIW) zu.
       
       In einer Pressemitteilung hatte das FNS auf die Gründung in Heidelberg
       hingewiesen. Der DIIIW steht der ehemalige NPD-Funktionär Klaus Armstroff
       vor. Nach eigenem Bekunden verfügten sie schnell über „Stützpunkte“ in
       München und Hof. Bei einem Aufmarsch im thüringischen Greiz gegen
       Asylsuchende trat Gentsch im November 2013 als Vertreter der Partei auf.
       Andreasch befürchtet, gegen das FNS „könnte organisatorisch ins Leere
       treffen“.
       
       23 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
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