# taz.de -- Umweltschädlicher Bergbau: Schätze in der Tiefsee
       
       > Die Bundesregierung bereitet den ersten Bergbau in den Tiefen des Pazifik
       > vor. Das Ziel: der Abbau begehrter Rohstoffe für die Industrie.
       
 (IMG) Bild: Schweres Gerät: Mit solchen Maschinen wird der Rohstoffabbau in der Tiefsee betrieben.
       
       HAMBURG taz | Die Zukunft der Rohstoffe liegt im Meer. Davon scheint auch
       die Europäische Kommission in Brüssel zunehmend überzeugt zu sein: Heute
       endet eine Konsultation von staatlichen Einrichtungen, Unternehmen,
       Organisationen und Bürgern über den Abbau von Rohstoffen in der Tiefsee. In
       der Zwischenzeit schafft die schwarz-rote Bundesregierung bereits Fakten
       und bereitet den ersten Tiefseebergbau im Pazifik vor.
       
       Im Pazifischen Ozean liegen in zwei- bis dreitausend Meter Tiefe
       wirtschaftliche Schätze verborgen: unter anderem Erdöl und Gas, die
       Energiequelle Methanhydrat sowie Manganknollen mit begehrten
       Industrierohstoffen. „Es geht um Billionen von Dollar“, schätzt Christian
       Reichert von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
       das Potenzial des Tiefseebergbaus. Der Rohstoffexperte vertritt Deutschland
       in der federführenden Internationalen Meeresbodenbehörde ISA mit Sitz in
       Kingston auf Jamaika.
       
       Der Tiefseebergbau verheißt vor allem für Energiekonzerne wie Wintershall
       und RWE sowie für Produzenten von Tiefseetechnik wie Siemens eine goldene
       Zukunft. Doch auch die Bundesregierung hat Interesse an der Erschließung
       von fernen maritimen Rohstoffquellen. Das zeigen die Antworten auf eine
       Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag Ende Mai. Demnach wird
       bereits seit 2005 nach Manganknollen gesucht, seit 2011 nach sogenannten
       Schwarzen Rauchern, in denen wertvolle Metalle enthalten sind.
       
       Mittlerweile besitzt Deutschland sogenannte Explorationslizenzen zur
       Erkundung von Manganknollen in zwei Gebieten des östlichen Nordpazifik.
       Eine weitere Lizenz zur Erforschung Schwarzer Raucher im Indischen Ozean
       hat Deutschland bei der Weltmeeresbehörde ISA bereits beantragt. Das
       Wirtschaftsministerium bereitet außerdem einen „Abbautest im deutschen
       Lizenzgebiet“ mit einem vollautomatischen Ernteroboter vor. 2016 könnte
       dann der Startschuss fallen: Deutschland und ein Dutzend weiterer
       Industrieländer, die sich ebenfalls an der Erforschung beteiligen, würden
       dann erstmals in der Menschheitsgeschichte Förderlizenzen für die Tiefsee
       von der ISA erhalten.
       
       ## Ökologisches Desaster
       
       Der Flächenverbrauch des maritimen Bergbaus wäre erheblich: Für eine
       Förderung von 2 Millionen Tonnen Manganknollen müssten laut Bundesregierung
       bis zu 200 Quadratkilometer abgeerntet werden – pro Jahr. Zudem war selbst
       die Fachöffentlichkeit bislang davon ausgegangen, dass lediglich eine dünne
       Kruste von ein, zwei Zentimetern am Meeresboden abgeräumt wird. Doch nun
       sollen Schwarze Raucher „möglichst vollständig abgebaut werden“ – das hieße
       in der Praxis: bis in Bodentiefen im zweistelligen Meterbereich.
       
       Herbert Behrens, verkehrspolitischer Sprecher der Linksfraktion im
       Bundestag, warnt vor einem ökologischen Desaster. Schwarze Raucher seien
       das „artenreichste Meeresökosystem“ und dabei noch weitgehend unerforscht.
       „Deutschlands Rohstoffhunger darf weder auf Kosten der Menschen noch der
       Umwelt gehen“, sagt Behrens. Daher müsse das weltweit geltende
       Seerechtsübereinkommen verschärft werden. Organisationen wie Brot für die
       Welt, Greenpeace und Medico International fordern ein weltweites Moratorium
       für den Bergbau in der Tiefsee, zunächst bis 2020.
       
       Der Bericht über die heute abgeschlossene Konsultation der EU-Kommission
       wird in einigen Wochen erwartet. Im Herbst könnte dann eine amtliche
       Mitteilung der Kommission folgen, die die weitere Strategie für den
       Tiefseebergbau festlegt.
       
       16 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hermannus Pfeiffer
       
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