# taz.de -- Kommentar Gurlitt: Ein alter Mann beschämt Deutschland
       
       > Cornelius Gurlitt ist bereit, die unter Raubkunstverdacht stehenden
       > Gemälde untersuchen zu lassen. Damit zeigt er mehr Engagement als der
       > Staat.
       
 (IMG) Bild: Links Otto Dix, rechts Pablo Picasso
       
       Wie war das? „Freiwillig gebe ich nichts zurück, nein, nein.“ So hatte Der
       Spiegel den Münchener Kunstsammler Cornelius Gurlitt noch im letzten
       November zitiert. Nun hat sich der 81jährige bereit erklärt, alle unter
       Raubkunstverdacht stehenden seiner 1400 konfiszierten Bilder freiwillig auf
       ihre Herkunft untersuchen zu lassen. Und infrage kommende Bilder
       zurückzugeben. Im Gegenzug endet ihre Beschlagnahme.
       
       Der Vertrag, den Gurlitt, Bayern und die Bundesregierung gestern
       geschlossen haben, ist ein juristischer Punktsieg für Gurlitt. Der zeigt,
       auf welch schwachen Füßen das Vorgehen der Augsburger Staatsanwaltschaft
       stand. Er liefert aber auch dem Ausland das Signal: In Deutschland bewegt
       sich was in Sachen Raubkunst! Den strukturellen Skandal kann die
       Vereinbarung freilich nicht vergessen machen: Ein unheiliges Bündnis aus
       einem Staat, der die Verjährungsfrist nicht verlängerte, Raubgutbesitzern
       ohne Unrechtsbewusstsein, Museen, Auktionshäusern und Galeristen hat bis
       heute dafür gesorgt, dass mit Bildern aus NS-Raubgut gehandelt wird.
       
       Nicht wenige Häuser verfuhren auch noch nach der Washingtoner Erklärung von
       1989, in der sich 44 Staaten verpflichtet hatten, für Raubkunstfälle eine
       “gerechte und faire Lösung” zu finden, nach dem Motto: Schwamm drüber.
       Gurlitt muss klar geworden sein, dass er angesichts der Vita seines Vaters
       Hildebrand nicht einfach an seinem Eigentumsrecht festhalten konnte.
       
       Die Vereinbarung ist dennoch “historisch”, wie Kulturstaatsministerin
       Monika Grütters meinte. Auch wenn es dem öffentlichen Druck geschuldet war.
       Hier hat eine Privatperson mehr Aufklärungswillen und moralische
       Verantwortung gezeigt, als der Staat oder viele deutsche Museen in den
       vergangenen siebzig Jahren. Dass die Vereinbarung anderen Sammlern und
       Museen zum Vorbild wird, wie Grütters hofft, glauben wir erst, wenn wir es
       sehen. Von wegen “Der seltsame Herr Gurlitt” (Arte-Doku). Vorerst muss es
       heißen: Ein alter Mann beschämt Deutschland.
       
       8 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arend
       
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