# taz.de -- Verschuldete Provinzen: Chinas KP setzt auf Privatbanken
       
       > Aufgrund lockerer Kreditvergabe haben sich die Staatsschulden binnen
       > weniger Jahre fast verdoppelt. Nun will der Staat eingreifen.
       
 (IMG) Bild: Ein neues Gigant-Produkt in Zhengzhou.
       
       PEKING taz | Selten hat ein Fisch für so viel Aufregung gesorgt. Anlässlich
       einer Blumenausstellung hatte die Stadt Yangzhong in der chinesischen
       Provinz Jiangsu eine 90 Meter lange und 62 Meter hohe Skulptur errichten
       lassen, die einen goldenen Kugelfisch darstellt. Kosten: umgerechnet rund
       8,5 Millionen Euro.
       
       Die Stadtregierung von Yangzhong wollte mit der 2.100 Tonnen schweren Figur
       ins Guinnessbuch der Rekorde kommen. Stattdessen ist der Kugelfisch zum
       Inbegriff für sinnlose Ausgaben geworden. Ganz China spottet über ihn.
       
       Die Skulptur ist nur ein Beispiel, wie chinesische Kommunen in den
       vergangenen Jahren Geld für nutzlose Projekte verpulvert haben.
       Kongresshallen, Messegelände, Flughäfen selbst in abgelegenen Orten –
       Ökonomen warnen schon lange vor gigantischen Überinvestitionen.
       
       Nun schlägt auch der chinesische Rechnungshof Alarm. Seinem jüngsten
       Untersuchungsbericht zufolge hat sich der Schuldenberg aller chinesischen
       Provinzen, Städte und Kommunen auf fast 18 Billionen Yuan (rund 2 Billionen
       Euro) aufgetürmt.
       
       Zusammen mit den Schulden der Zentralregierung summiert sich das auf 53
       Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Das ist im Vergleich zu den
       meisten Industrieländern immer noch wenig, in Deutschland etwa liegt die
       Staatsverschuldung bei 82 Prozent. Sorge bereitet den Ökonomen aber das
       Tempo. 2010 war der Schuldenstand nur halb so hoch.
       
       ## Großzügige Kredite gegen die Krise
       
       Um der weltweiten Finanzkrise von 2008 zu trotzen, hatte die chinesische
       Führung die ihr unterstellten Staatsbanken angewiesen, großzügig Kredite zu
       vergeben. Zwar ging es mit der Wirtschaft wieder rasch aufwärts. Doch die
       Banken schossen über das Ziel hinaus. Sie genehmigten den Kommunen Kredite
       für Großprojekte, die auch in ferner Zukunft nicht das nötige Geld
       einbringen. Nun haben sich die Kommunen überschuldet.
       
       Ökonomen aus aller Welt sprechen von einer weiteren gefährlichen
       Schuldenkrise. „Die große Unsicherheit für die heutige Welt ist nicht der
       Euro, sondern die weitere Richtung von China“, warnt etwa US-Großinvestor
       George Soros, der schon einige Finanzkrisen vorausgesagt hat. Andere sehen
       es weniger dramatisch: Das Tempo der Zunahme gebe zwar Grund zur Sorge, so
       Louis Kuijs, Chefökonom der Royal Bank of Scotland,. China sei aber stark
       genug, mit den Schulden fertig zu werden.
       
       Chinas Finanzsystem hat einen Vorteil: Sowohl Zentralbank, die Banken als
       auch die Lokalregierungen sind alles Unterabteilungen der Kommunistischen
       Partei. Bevor es zum Crash kommt, kann die Regierung einspringen.
       
       Doch genau das will Chinas Premierminister Li Keqiang künftig nicht mehr.
       Er hat bereits Mitte des vergangenen Jahres veranlasst, einigen allzu
       leichtfertigen Banken den Geldhahn zuzudrehen, und damit prompt einen
       Liquiditätsengpass ausgelöst. Der Zins, zu dem sich Banken untereinander
       Geld leihen, schoss kurzfristig von 3 auf 10 Prozent hoch – ein Zeichen
       dafür, dass die Banken einander misstrauen.
       
       Zum Jahresende wiederholte sich dieser Vorgang. Li wollte erneut deutlich
       machen, dass die Regierung nicht jedem Pleitekandidaten sofort zu Hilfe
       eilt. Das soll die Banken disziplinieren. Zudem will Li 2014 Schritt für
       Schritt Privatbanken zulassen und damit für mehr Wettbewerb im Bankensektor
       sorgen. Seine Sorge gilt nicht so sehr einem Totalabsturz, sondern der
       Effizienz des Systems.
       
       ## Waren bleiben im Lager
       
       Denn nicht nur die Kommunen haben jede Menge Geld in den Sand gesetzt. Auch
       viele Firmen haben aufgrund der lockeren Kreditvergabe der Staatsbanken
       mehr Maschinen bestellt und Fabrikhallen errichtet, als sie brauchen, und
       so gigantische Überkapazitäten geschaffen. Nun werden diese Firmen ihre
       Waren nicht los, halten sich jedoch auch mit sinnvollen Investitionen
       zurück. Das Wirtschaftswachstum geht zurück.
       
       Das erklärte Ziel der chinesischen Führung: Um die vielen sozialen Probleme
       im Land in Griff zu bekommen, will sie auch 2014 ein Wachstum von
       mindestens 7,5 Prozent erreichen. Das wird ihr aber nur gelingen, wenn die
       Realwirtschaft in Schwung kommt. Dies wiederum setzt einen gesunden
       Bankensektor voraus.
       
       9 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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