# taz.de -- Schulabschluss soll einheitlicher werden: Generalprobe fürs Zentralabi
       
       > Im kommenden Jahr wollen sechs Länder ihren Abiturienten gleiche Aufgaben
       > vorlegen – ein Novum. Getestet wird schon jetzt.
       
 (IMG) Bild: Bitte Ruhe, gleichzeitig und flächendeckend: Einige Länder proben ein Mini-Zentralabi.
       
       BERLIN taz | An deutschen Gymnasien beginnt die Generalprobe für ein
       einheitlicheres Abitur. Vergangenen Freitag schrieben Schülerinnen und
       Schüler in sechs Ländern die gleiche Deutschklausur, im November folgt
       Englisch, im Dezember Mathematik.
       
       Bayern, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und
       Schleswig-Holstein wollen im nächsten Jahr beim Abitur näher zusammenrücken
       und ihren Schülern zur Reifeprüfung zumindest in Teilen die gleichen
       Aufgaben vorlegen – und üben schon einmal für das erste länderübergreifende
       Mini-Zentralabitur.
       
       „Das Ziel der Klausuren besteht in erster Linie darin, den Schülerinnen und
       Schülern die Aufgabenformate bekannt zu machen“, sagt Sachsens parteilose
       Kultusministerin Brunhild Kurth. Ab 2015 will sich auch Brandenburg der
       Ländergruppe anschließen, zumindest im Fach Deutsch, wie ein Sprecher des
       Kultusministeriums der taz bestätigte.
       
       Die Länder bilden eine Vorhut: Ab dem Schuljahr 2016/2017 soll es einen
       deutschlandweiten Aufgabenpool für die Abiturprüfung in den Fächern
       Deutsch, Mathematik und Englisch geben. Wohlgemerkt: kein wirkliches
       Zentral-Abi, aber einen gemeinsamen Topf mit gleich schweren Aufgaben, aus
       dem sich die Länder bedienen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der
       Aufgabenpool zur Mogelpackung wird – und sich jedes Land nur die Aufgaben
       für seine Schüler herauspickt, die es selbst zuvor in den Pool eingespeist
       hat.
       
       Aber auch das gemeinsame Abitur der sechs Länder ist weniger gemeinsam, als
       es auf den ersten Blick den Anschein hat. Denn es ist mitnichten so, dass
       alle Schüler auch wirklich dieselbe Abiturprüfung bearbeiten. Verständigt
       haben sich die Kultusministerien darauf, dass Teile der Abituraufgaben
       identisch sind, andere Teile werden von jedem Land nach Lehrplan und Gusto
       gestaltet.
       
       ## Chaos wird noch größer
       
       In Englisch gibt es im Frühjahr einen gemeinsamen Hörverstehenstest, in
       Mathematik ist nur der Eingangsaufgabenteil, der ohne Taschenrechner
       bearbeitet werden muss, für alle sechs Länder identisch. Auch mit dem
       Probedurchlauf gehen die beteiligten Länder unterschiedlich um. In Bayern
       etwa werden die Testaufgaben zusätzlich zu den normalen Klausuren gestellt,
       in anderen Ländern ersetzen sie diese.
       
       Ohnehin führen gleiche Prüfungsaufgaben nicht zum gleichen Abitur. Denn
       jedes Land regelt die gymnasiale Oberstufe anders. Mal gibt es ein System
       aus Grund- und Leistungskurs, mal verbindliche Kernfächer. Einzelne Noten
       werden von Land zu Land anders gewichtet – so dass am Ende bei gleichen
       Zensuren [1][ein anderer Abi-Schnitt] stehen kann.
       
       Und das Chaos dürfte sich noch vergrößern – trotz der [2][Bekenntnisse der
       Kultusminister zu mehr Vergleichbarkeit]. In Sachsen-Anhalt, das wegen
       besonders strenger Abi-Bestimmungen [3][in der Kritik] steht, sollen
       Schüler künftig wählen können, ob sie einzelne Fächer einfacher oder
       doppelt gewichten möchten. Das zeigt der Entwurf für eine Änderung der
       Oberstufenverordnung, der der taz vorliegt. Davon hängt dann auch wieder
       ab, wie viele Kurse sie maximal schlechter als ausreichend abschließen
       dürfen, um zur Abiturprüfung zugelassen zu werden.
       
       Das heißt: Je nachdem, wie für welche Option sich ein Schüler entscheidet,
       könnte er entweder durchfallen oder einen passablen Schnitt erreichen.
       
       Sachsen-Anhalts Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) ist derzeit auch
       Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK) und steht damit besonders im
       Fokus. Anfang September hatten die aus Linke und Grünen bestehende
       Opposition im Magdeburger Landtag ihn daher aufgefordert, sich bundesweit
       für mehr Vergleichbarkeit im Abitur einzusetzen - über den Aufgabenpool
       hinaus. Den Antrag lehnte die im Land regierende Große Koalition mit ihrer
       Stimmenmehrheit ab.
       
       2 Oct 2013
       
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 (DIR) Bernd Kramer
       
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