# taz.de -- Rechte Hetze gegen Roma: Die Angst vor Lichtenhagen
       
       > In Duisburg hetzen Rechte gegen ein Mietshaus, in dem Roma-Flüchtlinge
       > wohnen. Besorgte Bürger organisieren Nachtwachen.
       
 (IMG) Bild: Einschüchterungen, rechte Parolen und Schmierereien: Wohnblock „In den Peschen“ in Duisburg.
       
       BOCHUM taz | Mit Nachtwachen versuchen Antirassisten in Duisburg, Roma vor
       rechtsextremistischen Angriffen zu schützen. „Jede Nacht sind 20 bis 40
       Leute vor Ort“, sagt Koordinatorin Annegret Keller-Steegmann. „Bevor wir da
       waren, sind die Roma gar nicht mehr schlafen gegangen.“ Selbst Kinder seien
       nur noch bekleidet ins Bett gebracht worden: „Alles war fluchtbereit.“
       
       Denn die Bewohner der heruntergekommenen Wohnblöcke, die sich hinter der
       Adresse „In den Peschen“ im Duisburger Stadtteil Rheinhausen verbergen,
       werden massiv bedroht. „Zündet das Haus einfach an“, schrieb ein Nutzer bei
       Facebook. Andere drohten mit Bombenanschlägen. Ein User, der sich „Michael
       Weland“ nannte, forderte, die Armutsflüchtlinge hinter „Stacheldrahtzaun
       ohne Tor auszuhungern“, ein „Marcus Friedrich“ meinte: „Napalm rein. Auf
       Wiedersehen.“
       
       Immer wieder fahren In den Peschen Autos vorbei, die bereits auf
       Neonazi-Demos gesichtet wurden. Aus den Autos werden ausländerfeindliche
       Parolen gebrüllt – erst am Montag stellte die Polizei die Insassen eines
       Wagens, aus dem der Beifahrer den Hitlergruß gezeigt hatte. Und am 29.
       August will auch noch die rechtsextremistische „Pro-NRW“-Bewegung vor den
       Häusern Stimmung machen.
       
       Selbst mit Messern Bewaffnete seien bereits auf das Gelände unmittelbar vor
       den Wohnblöcken vorgedrungen, klagt Keller-Steegmann. Hinzu kommen
       antiziganistische Parolen auf den Wänden.
       
       „Die Bewohner führen definitiv ein Leben in Angst“, sagt auch der
       evangelische Pfarrer Heiner Augustin von der angrenzenden
       Friedenskirchengemeinde – und warnt zumindest indirekt vor einem
       Brandanschlag wie in Lichtenhagen oder Solingen: „Das wäre eine
       Katastrophe. Alle Bewohner könnten mit Sicherheit nicht rechtzeitig
       evakuiert werden.“
       
       ## Hoffnungslos überfüllte Wohnblöcke
       
       Dabei sind die Roma, die zum Großteil aus Rumänien stammen, vor Not und
       Diskriminierung nach Deutschland geflohen. In Duisburg landeten sie in
       hoffnungslos überbelegten Wohnblöcken. In den 74 Wohnungen In den Peschen
       leben mindestens 1.000 Menschen. Die Duisburger Polizei schätzt ihre Zahl
       sogar auf über 1.400, darunter Hunderte Kinder.
       
       Für eine schimmelige Zweiraumwohnung zahlen sie 500 Euro und mehr.
       Alternativen gibt es kaum: „In Duisburg können Sie einen Doktortitel haben
       und glasklares Deutsch sprechen“, sagt Augustin: „Wenn Sie mit einem
       rumänischen oder bulgarischen Pass kommen, finden Sie kaum eine Wohnung.“
       
       Die Adresse In den Peschen dagegen gilt seit Monaten als Brennpunkt. Immer
       wieder beschweren sich Nachbarn über Müll und Lärm, Duisburgs
       Polizeisprecher Ramon van der Maat beklagt „intensiv ausgeübte
       Kleinkriminalität“ wie Diebstahl von Altmetall oder an Geldautomaten.
       
       Von einem Schutz der Roma durch permanente Polizeipräsenz vor den
       Wohnblöcken wenigstens nachts, wie von den AktivistInnen um
       Keller-Steegmann und Augustin gefordert, will van der Maat dagegen nichts
       wissen: „Gewissenhaft“ führe die Polizei „eine Lage- und
       Gefährdungsbeurteilung durch“. Außerdem seien Polizisten doch sowieso
       „mehrfach täglich vor Ort“ – auch zur Bekämpfung der Kleinkriminalität.
       
       Danach wird der Polizeisprecher deutlicher: „Selbst sozial Engagierte sagen
       doch, dass nur wenige Roma integrationswillig sind“, meint der Beamte: „Die
       anderen kommen mit unserer Gesellschaft nicht klar. Die müssen weg.“
       
       23 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Roma
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Pro NRW
 (DIR) Zuwanderung
 (DIR) Roma
 (DIR) Roma
 (DIR) Duisburg
 (DIR) Roma
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Roma
 (DIR) Vergewaltigung
 (DIR) Asyl
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Arbeitnehmerfreizügigkeit in Europa: Duisburg macht Schule
       
       2013 ist die Zahl der rumänischen und bulgarischen Zuwanderer in Duisburg
       enorm gestiegen. Die klamme Stadt bemüht sich um ihre Integration.
       
 (DIR) Zuwanderung der Roma: Stehcafé Europa
       
       Im Ruhrgebiet steigt die Zahl der Menschen aus Rumänien und Bulgarien.
       Viele von ihnen sind Roma. Die Stadt Dortmund hat die Zuwanderung lange
       ignoriert.
       
 (DIR) Rechte Hetze gegen Roma in Duisburg: „Pro Deutschland“ allein gelassen
       
       Hunderte stellen sich Rechten entgegen, die in Duisburg Stimmung gegen Roma
       machen. Nur der SPD-Bürgermeister spart mit Solidartät.
       
 (DIR) Duisburger Bürgermeister über Roma: „Wir sind völlig überfordert“
       
       Roma aus Südosteuropa fliehen vor der Armut. Auch nach Duisburg.
       Stadtdirektor Reinhold Spaniel verteidigt die Bürgerproteste gegen die
       Einwanderer.
       
 (DIR) Aktivistin über Roma in Deutschland: „Sie sind sowieso schon hier“
       
       Zwischen Roma und der Mehrheitsbevölkerung muss sich etwas ändern, sagt die
       Rumänin Flavia Constantin. Der Schlüssel liege bei den Frauen.
       
 (DIR) Streit um Duisburger „Problemhaus“: Polizei und Bürger attackiert
       
       Die Situation um ein von Roma bewohntes Haus eskaliert. Eine Gruppe griff
       jetzt eine Bürgerdiskussion an. Die Polizei vermutet die Täter in der
       linksautonomen Szene.
       
 (DIR) Abgeschobene Roma: Vorwärts ins Feindesland
       
       Aus Hamburg, Hannover und Kiel werden Roma nach Serbien abgeschoben. Wie
       ergeht es ihnen? Ein Besuch in Südserbien und den Slums am Rande Belgrads.
       
 (DIR) Dilek Kolat im Interview: "Der Protest wird instrumentalisiert"
       
       Das Zeltlager auf dem Oranienplatz ist keine Dauerlösung, sagt die
       Senatorin für Integration. Ein Gespräch über Flüchtlingsproteste und den
       Roma-Aktionsplan.
       
 (DIR) Falschmeldung über Refugeecamp: Im Schlepptau des Boulevards
       
       Medien berichten, dass ein Flüchtling am Oranienplatz eine Frau
       vergewaltigt haben soll. Doch die Artikel sind durchgehend falsch.
       
 (DIR) Fremdenhass vs. Engagement: Angst vor Provokationen
       
       Die Leiterin des Flüchtlingsheims in der Johann-Lange-Straße in Vegesack
       macht sich nach dem rassistischen Ausbruch auf der Beiratssitzung Sorgen.
       
 (DIR) Gesetzesänderung im Asylrecht: Diskriminiert genug?
       
       Wenn sich Diskriminierungen so häufen, dass sie einer schweren
       Menschenrechtsverletzung gleichen, kann das künftig dazu führen, Asyl zu
       gewähren.