# taz.de -- Bespitzelung der Linkspartei: Links ist, wo es nichts zu lachen gibt
       
       > Die Linkspartei ist für den besten Inlandsgeheimdienst der Welt nicht
       > mehr erwähnenswert. Warum sollte sie sonst noch jemand ernst nehmen?
       
 (IMG) Bild: Geht hiervon eine umstürzlerische Gefahr aus?
       
       Die Linkspartei ist am Ende, jedenfalls so gut wie, jedenfalls außerhalb
       eines Fortbestands als ostzonaler Regionalpartei. Das liegt weniger an der
       Tatsache, dass sie nacheinander aus drei Landtagen in Westdeutschland
       geflogen ist, wie politische Kommentatoren messerscharf [1][analysierten],
       nachdem die Partei nacheinander aus drei Landtagen in Westdeutschland
       geflogen war.
       
       Die Wahrheit lautet vielmehr: Die Linkspartei ist deshalb am Ende, weil
       selbst der Verfassungsschutz sie nicht mehr ernst nimmt und sie [2][nicht
       länger beobachtet]. Aus dem Werdegang der Grünen weiß man, wie so etwas im
       besten Fall endet: Erst verliert der Verfassungsschutz sein Interesse, dann
       folgen unaufhaltsam Mitmachertum und Dosenpfand, Renate Künast und
       Ökobiedermeier.
       
       Nun sage keiner, die dümmste Behörde Deutschlands sei ihrerseits nicht
       ernst zu nehmen. Denn mögen deutsche Verfassungsschützer bei Nazis stets
       etwas, sagen wir: betriebsblind gewesen sein, waschechte Umstürzler, die
       danach trachteten, uns um Gott, Vaterland und Eigenheim zu bringen, konnten
       sie immer schon auf hundert Meter gegen den Wind riechen. Das hatten sie
       bei der Gestapo, der SS oder beim Volksgerichtshof [3][gelernt], das gaben
       sie an die nachfolgende Generation weiter. Eine Linke, die der
       Verfassungsschutz links liegen lässt – dieser Kalauer ist zu
       [4][qualitätsjournalistisch], um ihn wegzulassen –, eine solche Linke also
       ist keine.
       
       ## Immer das Frühwerk!
       
       „Wenn wir vom Feind bekämpft werden, dann ist das gut; denn es ist ein
       Beweis, dass wir zwischen uns und dem Feind einen klaren Trennungsstrich
       gezogen haben“, lautete eine [5][Kalenderweisheit] von Mao Tse-tung, die
       die RAF in ihren frühen Tagen gerne [6][zitierte]. (Für Terroristen gilt
       das Gleiche wie für die meisten anderen Künstler und Denker auch: Immer das
       Frühwerk beachten! Wer je etwas Kompromissloses, Originelles und Kühnes zu
       sagen hatte, tat dies fast immer im Frühwerk, während sich im Spätwerk in
       aller Regel opportunistische Saturiertheit, [7][denkfaule
       Selbstwiederholung] oder blanke Senilität breitmachen, weshalb jene
       Künstler, Denker und Terroristen, die aus Einsicht oder aus Zwang ganz auf
       ein Spätwerk verzichtet haben, auch die allergrößte Wertschätzung
       genießen.)
       
       Wie weit jedoch die Linkspartei von derlei Einsichten entfernt ist, zeigen
       die Einlassungen des Parteivorsitzenden. Bernd Riexinger heißt der, und so
       [8][spricht] er auch: „Die Bespitzelung einer demokratischen Partei ist
       einer Demokratie unwürdig.“ Und: „Die Strategie der Diffamierung durch
       Stigmatisierung ist gescheitert“, weshalb Innenminister Hans-Peter
       Friedrich „sofort offenlegen“ müsse, „wen die Schlapphüte bisher bespitzelt
       haben und wie der Umgang mit der Linken in Zukunft aussehen soll“.
       
       Nun, diese Frage lässt sich leicht beantworten: Ziemlich so, wie der Umgang
       der „Schlapphüte“ mit festgetretenenen Kaugummis auf dem Bürgersteig, dem
       Wetterbericht von gestern oder mit Markus Lanz aussieht: eher meidend.
       
       ## Nur eine ästhetische Gefahr
       
       Weshalb sollten die Verfassungsschützer auch ihre Zeit mit einer Partei
       verplempern, die ihre radikalste sozialpolitische Forderung
       [9][(„Bedingungsloses Grundeinkommen“)] mit den klügeren Köpfen des
       [10][Mittelstandes] teilt und deren wirtschaftspolitisches Vorstellungen
       [11][(Tobin-Steuer)] Kleinkram ist im Vergleich zu den
       [12][Bankenverstaatlichungen], die George W. Bush in seinen letzten Tagen
       zu Wege brachte? Einer Partei, die es für furchtbar links findet, die
       Afghaninnen und Afghanen den Taliban zu überlassen und die auf nichts so
       scharf ist wie auf Arbeit, Arbeit, Arbeit? Einer Partei schließlich, deren
       Abgeordnete sich in den letzten Jahren nur ins Gespräch brachten, wenn sie
       auf dem [13][Frauendeck] nach Gaza reisten, nach einer Rede des
       israelischen Präsidenten Schimon Peres im Bundestag (eleganterweise am
       Jahrestag der Befreiung von Auschwitz) mit ihrem [14][Arsch] am Sitz kleben
       blieben oder den Opfern des [15][Stalinismus] die Anerkennung verweigerten?
       
       Das Programm dieser Linken lässt sich (sorry, Gregor!) in einem Satz
       zusammenfassen: Links ist da, wo der Staat ist und wo es nichts zu lachen
       gibt. Nein, wenn von dieser Partei eine Gefahr ausgeht, dann eine
       [16][ästhetische]. Und dafür sind die „Schlapphüte“ wirklich nicht
       zuständig.
       
       25 Jan 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.tagesschau.de/inland/kommentar-niedersachsenwahl100.html
 (DIR) [2] /!109561/
 (DIR) [3] /!79013/
 (DIR) [4] /!109018/
 (DIR) [5] http://infopartisan.net/archive/maowerke/Mao_Worte_des_Vorsitzenden.htm
 (DIR) [6] http://www.rafinfo.de/archiv/raf/konzept_stadtguerilla.php
 (DIR) [7] http://www.bildblog.de/45489/alte-kotze-neu-erbrochen/
 (DIR) [8] http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1358490986732&openMenu=987490165154&calledPageId=987490165154&listid=994342720546
 (DIR) [9] http://www.die-linke-grundeinkommen.de/WordPress/
 (DIR) [10] http://www.unternimm-die-zukunft.de/de/
 (DIR) [11] http://www.die-linke.de/politik/themen/archiv/sparpaketundkrise/stichpunkte/tobinsteuer/
 (DIR) [12] /!23255/
 (DIR) [13] /!53481/
 (DIR) [14] /!47682/
 (DIR) [15] http://www.welt.de/politik/deutschland/article112742577/Wagenknecht-macht-Bogen-um-Stalinismusopfer.html
 (DIR) [16] http://www.youtube.com/watch?v=A8l_2Zem36M
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Deniz Yücel
       
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