# taz.de -- Kinderarbeit in indischen Spinnereien: Die tatsächlichen Mode-Opfer
       
       > Mädchen schuften für Hungerlöhne in Textilfabriken auch für deutsche
       > Händler. Unzumutbare Arbeitsbedingungen und Zwölfstundenschichten sind
       > normal.
       
 (IMG) Bild: Mädchen ab 14 Jahren erhalten in einer indischen Spinnerei für meist drei Jahre einen Lohn von rund 20 Euro im Monat.
       
       BERLIN taz | Kavitha war 17 Jahre alt, als sie in einer Baumwollspinnerei
       im südindischen Sufur bei einem Arbeitsunfall ums Leben kam. Zu diesem
       Zeitpunkt hatte sie dort drei Jahre am Stoff für T-Shirts und Unterhosen
       gearbeitet, die später zum Beispiel bei H&M, kik oder Metro verkauft worden
       sind.
       
       Kavitha war Teil eines Systems, das Sumangali heißt, auf Deutsch: „Braut,
       die Wohlstand bringt“. Mädchen ab 14 Jahren erhalten für meist drei Jahre
       einen Lohn von rund 20 Euro im Monat und eine größere Summe von etwa 500
       bis 800 Euro am Ende ihrer Anstellung. Das Geld verwenden deren meist arme
       Familien als Mitgift für die Verheiratung der Töchter.
       
       Lohn und Bonus zusammen liegen unter dem gesetzlichen Mindestlohn für
       ungelernte Arbeiter in Indien. Zudem sind die Arbeitsbedingungen
       unzumutbar, Zwölfstundenschichten sind an der Tagesordnung. Die Mädchen
       würden außerdem „geschlagen und sexuell belästigt“, prangert die
       Menschenrechtsorganisation Terre des hommes an. Auch seien
       Selbstmordversuche als letzter Ausweg aus den Spinnereien keine Seltenheit.
       
       Etwa 120.000 Arbeiterinnen sind betroffen. Die deutschen Verbraucher
       erfahren meist nichts über ihre Lebensbedingungen. Nach derzeitiger
       Regelung müssen Firmen keine Informationen zu ihren Zulieferern
       veröffentlichen. Lediglich C&A reagierte bisher auf das Bekanntwerden des
       Sumangali-Systems. Die Modekette nannte es „ein illegales und
       menschenverachtendes System“ und engagiert sich vor Ort dagegen.
       
       ## „Einzelfälle“
       
       Union und FDP lehnten im Mai einen Antrag der Grünen-Bundestagsfraktion ab,
       der eine Offenlegungspflicht für die Zulieferer von Textilunternehmen
       forderte. Nachhaltigkeit könne „nicht verordnet werden“, erklärte die Union
       und hält an dem Freiwilligkeitsprinzip fest.
       
       „Die Bundesregierung sieht nichts, hört nichts und weiß nichts“, beklagt
       der parlamentarische Geschäftsführer der Grünenfraktion, Volker Beck. Auf
       eine kleine Anfrage der Grünen hin spricht die Bundesregierung nun von
       „Einzelfällen“, welche „in geeigneten Foren“ angesprochen würden. Beck
       sieht darin ein „Armutszeugnis“ für die Koalition und bemängelt eine
       „Kapitulation vor den Unternehmensinteressen auf Kosten der
       Menschenrechte“.
       
       9 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Cédric Koch
       
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