# taz.de -- Verfassungsgericht urteilt zu Steuern: Mehr Rechte für Homo-Partner
       
       > Das Verfassungsgericht hat die Benachteiligung homosexueller Paare bei
       > der Grunderwerbsteuer für unzulässig erklärt. Ein Zeichen im Streit über
       > das Ehegattensplitting.
       
 (IMG) Bild: Auch im Fall der Trennung steuerlich gleichgestellt: Schwules Paar beim CSD.
       
       FREIBURG taz | Die Benachteiligung von eingetragenen Partnerschaften bei
       der Grunderwerbsteuer war von Anfang an unzulässig. Das entschied jetzt der
       Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts und setzte damit unbeabsichtigt
       auch einen Akzent in der Diskussion über die Gleichstellung von Homo-Paaren
       beim Ehegattensplitting.
       
       Die Grunderwerbsteuer fällt an, wenn jemand ein Haus oder eine Wohnung
       kauft. Zu zahlen sind, je nach Bundesland, 3,5 bis 5 Prozent des
       Kaufpreises. Ausnahmen gibt es allerdings für Geschäfte unter Ehegatten.
       Seit Dezember 2010 gilt diese Befreiung auch für Geschäfte unter
       homosexuellen Partnern.
       
       Im konkreten Fall hatten zwei Schwule aus Nordrhein-Westfalen 2002 eine
       eingetragene Partnerschaft geschlossen, sich aber 2009 wieder getrennt.
       Deshalb wollten sie die gemeinsamen Immobilien aufteilen, dabei aber keine
       Grunderwerbsteuer zahlen.
       
       Auf Vorlage des Finanzgerichts Münster entschied nun das
       Bundesverfassungsgericht, dass die gesetzliche Benachteiligung der
       eingetragenen Partnerschaft bei der Grunderwerbsteuer verfassungswidrig
       war, und zwar seit deren Einführung im Jahr 2001. Der Bundestag hätte bei
       der Korrektur im Jahr 2010 also eine rückwirkende Regelung treffen müssen.
       Das Parlament muss dies bis Jahresende nachholen.
       
       Die Karlsruher Entscheidung stammt schon vom 18. Juli. Ihre
       Veröffentlichung war aber schon länger für diesen Dienstag geplant und ist
       keine Reaktion auf die Debatte vom Wochenende. Wie berichtet, fordern
       einige CDU-Abgeordnete eine Gleichstellung von Homo-Partnerschaften beim
       Ehegattensplitting, was andere Unions-Politiker wie Norbert Geis jedoch
       zurückwiesen.
       
       Die Verfassungsrichter widerlegen nun aber klar die Argumente von Geis. Der
       Schutz der Ehe fordere keine Benachteiligung der eingetragenen
       Partnerschaft, erklären die Richter. Es gebe auch sonst keinen Grund für
       die Schlechterstellung von Homo-Partnern, da diese die gleichen Unterhalts-
       und Einstandspflichten untereinander haben wie Ehegatten. Das alles ist
       auch gar nicht neu. Es steht schon in Karlsruher Entscheidungen zur
       Altersversorgung im öffentlichen Dienst (2009), zur Erbschaftsteuer (2010)
       und zum Beamtenrecht (2012).
       
       ## Nur noch Formsache
       
       Besonders wichtig war der Beschluss zum sogenannten Familienzuschlag für
       Beamte, der vorige Woche bekannt gemacht wurde. Denn hier forderte erstmals
       der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts eine Gleichstellung von
       Homopartnerschaften. 2007 und 2008 hatte er dies in Kammerbeschlüssen noch
       abgelehnt und die Entscheidung dem Bundestag überlassen.
       
       Wichtig ist der Blick auf den von Verfassungsgerichtspräsident Andreas
       Voßkuhle geleiteten Zweiten Senat, weil dieser auch für die anhängigen
       Verfahren zum nun heiß diskutierten Ehegattensplitting zuständig ist.
       Nachdem es nun in Karlsruhe eine ständige Rechtsprechung beider Senate
       gibt, ist die Übertragung auf das Steuerrecht eigentlich nur noch
       Formsache.
       
       Dennoch will Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine Gleichstellung im
       Steuerrecht erst vornehmen, wenn Karlsruhe entschieden hat. Das heißt:
       Schäuble will sich lieber zur Gleichstellung verurteilen lassen, als
       Karlsruhe zuvorzukommen – ein klares Signal an die konservative Klientel
       der CDU/CSU.
       
       Doch wie lange braucht Karlsruhe noch für diese Entscheidung? Das ist
       unklar. Die zuständige Richterin Monika Hermanns hat sich schon
       eingearbeitet, doch der Zweite Senat ist derzeit mit dem Verfahren um den
       Eurorettungsschirm überlastet.
       
       9 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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