# taz.de -- Einleitung gefährlicher Schadstoffe: Unheimliche Gefahr aus dem Wasser
       
       > Die Europäische Kommission will die Einleitung von Schadstoffen strenger
       > kontrollieren. Umweltschützer fordern aber eine deutlich höhere Anzahl
       > von Verboten.
       
 (IMG) Bild: Im Wasser lauern noch ganz andere Gefahren als das Ungeheuer von Loch Ness.
       
       BRÜSSEL taz | Die europäischen Gewässer sind derzeit mit rund 2.000
       gefährlichen Chemikalien belastet, die von der Industrie direkt eingeleitet
       werden oder über die Abfallentsorgung dort landen. Nur 6 dieser Schadstoffe
       will die EU-Kommission in Zukunft verbieten, insgesamt 15 sollen strenger
       kontrolliert und überwacht werden. Eine entsprechende Richtlinie stellte
       sie am Mittwoch in Brüssel vor.
       
       Die Richtlinie knüpft an die europäische Wasserrahmenrichtlinie aus dem
       Jahr 2000 an, zu deren Zielen "ein guter quantitativer und chemischer
       Zustand (der Gewässer) in 15 Jahren" gehört. Bislang standen 33 Stoffe auf
       einer Liste "prioritärer Stoffe", die binnen zwanzig Jahren aus dem Verkehr
       gezogen werden sollen - etwa Inhaltsstoffe von Arzneimitteln, Bioziden und
       Pflanzenschutzmitteln.
       
       Umweltschützer halten die neuen Regeln für völlig unzureichend: "Wir
       wissen, dass die Schadstoffe teilweise verheerende Auswirkungen auf die
       Natur und den Menschen haben", sagt Kevin Stairs von Greenpeace. Die Liste
       müsse wesentlich erweitert werden. "Hormone im Wasser aus Produkten wie der
       Antibabypille führen dazu, dass sich bestimmte Arten nicht mehr
       fortpflanzen. Ihr Immunsystem kann geschädigt werden."
       
       Er ist überzeugt, dass in der Produktion jeder Stoff ersetzbar ist.
       Allerdings brauche die Industrie einen Anreiz. "Diesen zu schaffen hat die
       Kommission mit ihrem Vorschlag verpasst."
       
       ## Überwachung durch unabhängige Wissenschaftler
       
       Bei der EU-Kommission dagegen heißt es, die Auswirkungen der Chemikalien im
       Wasser würden von unabhängigen Wissenschaftlern überwacht. Die Auswahl der
       Stoffe, die nun verboten werden sollen, sei anhand ihrer Einschätzung
       getroffen worden. Eine Sprecherin schloss allerdings nicht aus, dass in
       Zukunft weitere Stoffe in die Liste aufgenommen werden könnten.
       
       In Deutschland sind einige der Stoffe längst verboten - seit 1991
       beispielsweise das Pflanzenschutzmittel Atrazin, das die EU-Kommission erst
       jetzt in die Liste aufnehmen will.
       
       Der Bundesverband der Wasserwirtschaft begrüßte den Kommissionsvorschlag.
       Statt Verboten sei es sinnvoller, die Verbraucher zu informieren, wie sie
       Belastungen der Umwelt vermeiden können. Dazu zähle die Rücknahme und
       Entsorgung von Arzneimitteln durch Hersteller oder Apotheker. Der
       Richtlinienentwurf der EU-Kommission geht nun an das Europäische Parlament
       und den Rat der Mitgliedsstaaten. Beide Gremien müssen zustimmen.
       
       1 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ruth Reichstein
 (DIR) Ruth Reichstein
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Geht's noch?
 (DIR) Hormone
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Neues zum Ungeheuer von Loch Ness: Lasst Nessie in Ruhe
       
       Das Monster von Loch Ness soll ein Aal sein, sagen Genetiker.
       Wissenschaftler müssen von Nessie ablassen. Sie versündigen sich am Glück.
       
 (DIR) Sonnenmilch mit Nebenwirkungen: Hormonschutzfaktor 30
       
       Brustkrebs vom Lippenstift? Minderwertiges Sperma von der Bodylotion? In
       vielen Kosmetika finden sich Stoffe, die wie Hormone wirken.
       
 (DIR) Neurologische Schädigungen: Umweltchemikalien bleiben toxisch
       
       Die gesundheitliche Belastung durch Umweltgifte hat zwar insgesamt
       abgenommen. Doch eine Entwarnung kann es nicht geben – insbesondere nicht
       für Kinder.
       
 (DIR) Studie des BUND: Deutschen Flüssen geht es schlecht
       
       Es sind wieder mehr Phosphate und Stickstoff in den Gewässern, beklagt der
       Bund für Umwelt und Naturschutz. Auch Erneuerbare Energien sieht er nicht
       unkritisch.