# taz.de -- Neues zum Ungeheuer von Loch Ness: Lasst Nessie in Ruhe
       
       > Das Monster von Loch Ness soll ein Aal sein, sagen Genetiker.
       > Wissenschaftler müssen von Nessie ablassen. Sie versündigen sich am
       > Glück.
       
 (IMG) Bild: Nessie, ein wunderschönes aber auch schreckhaftes Geschöpf, lässt sich nicht von Dilettanten finden
       
       Ein internationales Forscherteam will herausgefunden haben, dass es das
       „Monster von Loch Ness“ nicht gibt. Es gebe nicht einmal „weit entfernt“
       irgendwelche [1][Hinweise] darauf, dass in Loch Ness Urzeitkreaturen gelebt
       haben könnten, sagt der Genetik-Experte Neil Gemmell, der das Projekt
       leitet (als ob je jemand behauptet hätte, dass Nessie zwangsläufig eine
       Urzeit-Kreatur sein müsse).
       
       Dreihundert Wasserproben aus dem schottischen See wurden auf DNA-Spuren,
       also zum Beispiel Kot oder Schuppen, untersucht. Auf Grundlage der Analyse
       dieser Daten hält Gemmell es für möglich, „dass es sich bei dem, was Leute
       für das Monster von Loch Ness halten, um einen gigantischen Aal handeln
       könnte“.
       
       So eine bescheuerte und arrogante Methode! Seit rund 1.500 Jahren berichten
       hunderte Augenzeugen von Sichtungen des Ungeheuers, von unserer Nessie.
       Sogenannte Forscher schaffen es bis heute nicht, die Kreatur im See zu
       finden. Was wurde nicht schon alles unternommen? Ultraschall, Käfige,
       Köder, Observationen der Seeoberfläche, U-Boote, Taucher – hilft alles
       nichts.
       
       Vielleicht will Nessie, ein vermutlich sehr liebenswertes, aber auch
       schreckhaftes Geschöpf, einfach nicht gefunden werden. Vor allem nicht mit
       ein paar Pipetten von Dilettanten in Kitteln. Wer kann denn überhaupt
       beweisen, dass Nessie eine DNA hat, hm? Vielleicht ist Nessie ja auch
       außerirdisch und nicht von Genforschern entschlüsselbar?
       
       ## Die Entzauberung der Welt
       
       Gemmell sagte schon vor über einem Jahr: „Ich glaube nicht, dass es ein
       Monster gibt, aber wenn ich mich irre, ist das auch okay.“ Die DNA-Analyse
       des Sees sollte also nicht vorrangig Nessie finden, sondern die
       [2][Artenvielfalt] im See erforschen. Wissenschaftskommunikation auf dem
       Rücken eines einsamen, verletzlichen und magischen Geschöpfes. Geht’s noch?
       Wie schamlos!
       
       Die sogenannte objektive Naturwissenschaft sollte aufhören, Nessie zu
       suchen, zu verspotten, [3][zu verleugnen], zu benutzen. Genug ist genug.
       Die Entzauberung der Welt, die Verbannung der Magie, die Entschlüsselung
       des Mythos – sie müssen in Loch Ness enden. Dass Aufklärung totalitär ist
       und in Barbarei umschlägt, wissen wir von Adorno. Wenn auch noch Nessie dem
       Fetisch der Naturbeherrschung geopfert wird, ist alles verloren. Wer das
       letzte Rätsel Europas nicht respektiert, versündigt sich an der Freiheit
       und am Glück.
       
       Also: Finger weg von Loch Ness, Herr Gemmell! Sie sind weder qualifiziert
       noch moralisch im Recht, Nessie herauszufordern. Hauen Sie ab. Die
       Schotten, vom Brexit genug geplagt, werden es Ihnen danken.
       
       6 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Die-Wahrheit/!5057759
 (DIR) [2] /Glyphosat-Ausstieg-im-Bundeskabinett/!5620658
 (DIR) [3] /Radiosendung-zu-Uebersinnlichem/!5093063
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alexander Nabert
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Geht's noch?
 (DIR) Genetik
 (DIR) Wissenschaft
 (DIR) Theodor W. Adorno
 (DIR) Schottland
 (DIR) Mythos
 (DIR) Monster
 (DIR) Genetik
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Namen von Genen an Excel angepasst: Tag der Abrechnung
       
       Forscher*innen scheitern seit Jahren daran, die Namen von Gensequenzen bei
       Excel einzutragen. Das Programm formatiert sie in Kalenderdaten um.
       
 (DIR) Radiosendung zu Übersinnlichem: Von Aliens und Wahrsagern
       
       Wie ein junges Paar mit einer eigenen Internet-Rundfunksendung sein Leben
       umkrempelte. „Hoaxilla“ gibt es jetzt seit zwei Jahren und hatte mehr als
       eine Million Downloads.
       
 (DIR) Einleitung gefährlicher Schadstoffe: Unheimliche Gefahr aus dem Wasser
       
       Die Europäische Kommission will die Einleitung von Schadstoffen strenger
       kontrollieren. Umweltschützer fordern aber eine deutlich höhere Anzahl von
       Verboten.
       
 (DIR) die wahrheit: Das gute alte Sommerlochmonster
       
       Das Sommerloch hat seinen zuverlässigsten Boten geschickt: das Ungeheuer
       von Loch Ness. Nein, Nessie ist nicht aufgetaucht, wohl aber der seit 20
       Jahren schwelende Streit ...