# taz.de -- Junger tunesischer Oppositioneller Hadhili: "Wir haben gezeigt: Alles ist möglich" > "Bleibt friedlich und lasst euch nicht spalten", rät der junge tunesische > Oppositionelle Nibras Hadhili. Eine Diktatur könne gestürzt werden, und > zwar über das Netz. (IMG) Bild: Auch diese Illustration wurde über das Netz verbreitet. taz: Erst Tunesien, jetzt vor allem Ägypten. Ist die Stunde der arabischen Jugend gekommen? Nibras Hadhili: Keine Frage. Was uns in Tunesien geglückt ist, zeigt den jungen Menschen in der ganzen arabischen Welt, dass Veränderungen möglich sind. Die Angst vor einem starken Regime ist nicht mehr länger in den Köpfen der Jugend. Wir haben gezeigt, dass alles möglich ist. Eine Diktatur kann gestürzt werden. Wir können für eine bessere Zukunft kämpfen. Erleben wir jetzt eine Entwicklung wie Ende der achtziger Jahre in Osteuropa? Die Situation ist vergleichbar. In beiden Fällen haben die Menschen eine vor allem psychische Barriere überwunden. Wir werden jetzt überall in der arabischen Welt Proteste gegen die autoritären Systeme erleben. Bisher haben viele geglaubt, dass eine Revolte in der arabischen Welt zwangsläufig gewalttätig verlaufen werde, weil es an Freiräumen fehle, die Unzufriedenheit auszudrücken. Viele erklärten auch den islamistischen Terror damit. Auch damit hat Tunesien aufgeräumt. Wir haben gezeigt, dass die Massen, dass die Bevölkerung in der Lage ist, ein Regime zum Einsturz zu bringen, ohne Gewalt anzuwenden, ja sogar ohne eine politische Führung zu haben. Die jungen Menschen hier in Tunesien einte die Forderung nach mehr Gerechtigkeit und nach dem Ende des korrupten, autoritären Regimes. Das reichte. Als die Regierung auf die Proteste mit Gewalt gegen Zivilisten reagierte, schloss sich die ganze Bevölkerung zusammen. Ist das die Revolte der gebildeten Jugend? Auf Tunesien trifft das sicher zu. Die Jugend hier ist zu einem großen Teil sehr gut gebildet. Und sie hat Zugang zu allen Plattformen und sozialen Netzwerken im Internet. Das hat es sehr leicht gemacht, uns zusammenzuschließen, uns zu organisieren. Der virtuelle Raum war der Freiraum, den das Regime im wirklichen Leben nicht zuließ. Welchen Rat würden Sie den ägyptischen Jugendlichen auf den Weg geben? Es ist wichtig, für ein einziges Ziel einzutreten, nämlich für den Sturz der Diktatur. Alle Anstrengungen müssen diesem Ziel gelten. Andere Forderungen haben in einer solchen Bewegung erst einmal nichts verloren. Nur so können alle Strömungen, ohne Ausnahme, an den Protesten teilnehmen. Die Bewegung darf sich nicht spalten lassen. Wenn irgendwelche Strömungen versuchen, sie zu vereinnahmen oder andere Strömungen auszuschließen, wird die Revolution scheitern. Außerdem ist es sehr wichtig, dass die Revolution friedlich bleibt. Nur so werden sich immer mehr Menschen den Protesten anschließen. Und das friedliche Vorgehen garantiert, dass die Revolution auch von außen mit Sympathie betrachtet wird. 31 Jan 2011 ## AUTOREN (DIR) Reiner Wandler ## TAGS (DIR) taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“ ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Tunesische Bloggerin über Revolution: "Wir führen die Zukunftsdebatte" Lina Ben Mhenni bloggt seit 2007 in Tunesien. Im Interview berichtet sie von Zensoren, Repressionen und der Macht des Internets während der Jasmin-Revolution. (DIR) Tunesiens Star-Blogger Slim 404: Vom Twitterer zum Machthaber "Es tut gut, den Justizminister zu hören, der einen Haftbefehl verliest, der mit Namen Ben Ali anfängt", schreibt Slim404. So twittert ein tunesischer Staatssekretär. (DIR) Bilanz der Revolution in Tunesien: 219 Tote, 510 Verletzte, 0 Synagogen Beim vierwöchigen Volksaufstand kamen 219 Menschen ums Leben. Die jüdische Gemeinde dementiert Meldungen, dass eine Synagoge angegriffen worden sein soll. (DIR) Übergangregierung in Tunesien: Erste Entschädigungen für Opfer Die Übergangsregierung in Tunesien hat alle 24 Gouverneure der Regionen ersetzt. Außerdem werden die ersten Entschädigungszahlungen für Opfer der Unruhen ausgezahlt.