# taz.de -- Gutachten über Umweltbundesamt: Ökoforschung zu kurzfristig angelegt
       
       > Der Wissenschaftsrat nahm das Umweltbundesamt unter die Lupe. Neben Lob
       > gab es auch viel Kritik, vor allem für den Forschungsbereich.
       
 (IMG) Bild: Das Hauptsitz des Umweltbundesamtes (UBA) in Dessau-Rosslau.
       
       BERLIN taz | Hervorragend als Umweltbehörde, aber zu wenig Ökoforschung,
       vor allem bei Zukunftsthemen. So hat der [1][Wissenschaftsrat] das
       [2][Umweltbundesamt (UBA)] in [3][einem Gutachten] bewertet, das in dieser
       Woche in Berlin vorgestellt wurde. Das UBA ist eine Oberbehörde und
       Ressortforschungseinrichtung des Bundesumweltministeriums, das die Studie
       in Auftrag gegeben hatte.
       
       Von den rund 1.100 Beschäftigten des UBA mit Hauptsitz in Dessau-Rosslau
       (Sachsen-Anhalt) sind rund 30 Prozent für die Beratung der
       regierungsamtlichen Umweltpolitik zuständig, 26 Prozent nehmen hoheitliche
       Aufgaben wahr, wie die Kontrolle der Luft- und Gewässerqualität, 14 Prozent
       informieren die Öffentlichkeit und 28 Prozent machen Forschung und
       Entwicklung.
       
       Das Budget liegt bei 114 Millionen Euro im Jahr, leicht sinkend. Hinzu
       kommen 30 Millionen Euro für Wissenschaftsprojekte aus dem
       [4][Umweltforschungsplan (UFOPLAN)] des Umweltministeriums.
       
       Zwar erbringe das UBA in seiner Forschung „gute bis sehr gute Leistungen
       vor allem in denjenigen Bereichen, die in einer sehr engen Verbindung zu
       seinen hoheitlichen Aufgaben stehen“, urteilt der Wissenschaftsrat.
       Gleichwohl sei es dem Bundesamt – so die zentrale Kritik des
       Wissenschaftsrates – „bislang nicht gelungen, als Gesamtinstitution ein
       erkennbares wissenschaftliches Profil zu entwickeln“.
       
       Verlangt sei eine „langfristige strategische Perspektive für die Forschung“
       des UBA. Die bisherige Forschungspraxis, mit einem Programmhorizont von
       drei Jahren, sei „insgesamt zu kurzfristig angelegt“. Vor allem „bei der
       Identifizierung und Priorisierung von zukunftsorientierten Themen kann das
       UBA nicht überzeugen“, schreibt der Wissenschaftsrat. Gerade bei der
       „Vorlaufforschung“ für langfristige Umweltentwicklungen gebe es keine feste
       Größe im UBA-Haushalt; die Mittel dafür würden jährlich neu festgelegt und
       „müssen als besonders prekär angesehen werden“.
       
       ## Mehr externe Forscher
       
       Umrahmt von vielen Belobigungen für das UBA-Tagwerk addieren sich die
       kritischen Bemerkungen der Wissenschaftsprüfer zu einer ordentlichen Liste:
       Rückgang der Drittmittel, keine gemeinsamen Berufungen mit den Hochschulen,
       zu wenig wissenschaftliche Publikationen, aus den riesigen Datenbeständen
       des Umweltmonitoring ließe sich forscherisch mehr machen. Die überaus gute
       Labor- und Geräteausstattung des UBA sollte mehr für externe Umweltforscher
       geöffnet werden. Etwa die für 17 Millionen Euro in Berlin-Marienfelde
       errichtete „Fließ- und Stillgewässer-Simulationsanlage“ – laut
       Wissenschaftsrat „eine herausragende und in Deutschland einzigartige
       Forschungsinfrastruktur“, die aber keineswegs ausgelastet sei.
       
       Ein heikler Punkt wird unter dem Stichwort „Frühwarnfunktion“
       angeschnitten. Bei der Veröffentlichung von Risikobewertungen durch
       unterschiedliche Bundesbehörden gebe es „keine systematische Abstimmung“,
       stellt der Wissenschaftsrat fest. Wenn dies zu abweichenden Bewertungen
       führt, wie etwa im Bereich der Chemikaliensicherheit von Stoffen, könnten
       „Verunsicherungen von Politik, Industrie und Öffentlichkeit“ die Folge
       sein.
       
       Vom UBA fordert der Wissenschaftsrat, die wissenschaftlichen Grundlagen
       seiner Warnungen bei Umweltgefahren „transparent“ darzulegen und „normative
       Aussagen als solche kenntlich“ zu machen.
       
       ## Vorsorgeprinzip einhalten
       
       Der Sprecher des UBA, Andreas Lorenz, erklärte dazu gegenüber der taz, sein
       Amt sei durch das Vorsorgeprinzip gesetzlich gehalten, Warnungen schon vor
       Eintritt des Schadens auszusprechen. Andere Behörden, etwa im Bereich der
       Lebensmittelüberwachung, seien an konkrete Vorkommnisse gebunden.
       
       „Als sehr hilfreich sehen wir es an, dass der Wissenschaftsrat mehr
       Transparenz in der Risikobewertung sowie stärkere Differenzierung und
       Nachvollziehbarkeit in der Risikokommunikation einfordert“, erklärt das
       Umweltbundesamt in seiner Stellungnahme zum Gutachten.
       
       Das UBA weiter: „Hier wächst in Teilen der Öffentlichkeit ein Misstrauen
       gegenüber behördlichen Entscheidungen, unter anderem im Bereich der
       Chemikalienregulierung, dem auch wir entgegenwirken wollen.“
       
       17 Jul 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.wissenschaftsrat.de/home.html
 (DIR) [2] http://www.umweltbundesamt.de/
 (DIR) [3] http://www.wissenschaftsrat.de/index.php?id=1282&L=
 (DIR) [4] https://www.bfn.de/0201_ufoplan_fue.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manfred Ronzheimer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Umweltbundesamt
 (DIR) UBA
 (DIR) Wissenschaftsrat
 (DIR) Umweltforschung
 (DIR) Forschung
 (DIR) Klima
 (DIR) Belastung
 (DIR) Düngemittel
 (DIR) Haushaltsgeräte
 (DIR) Umweltbundesamt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Wissenschaft und Politik: Die neue Macht der Forschung
       
       Wenn es um globale Katastrophen wie die Klimakrise oder die Coronapandemie
       geht, müssen Wissenschaftler:innen ihre Rolle neu definieren.
       
 (DIR) Klima versus Kohle: Merkel bleibt Kohle-Kanzlerin
       
       Die Kanzlerin distanziert sich von der geplanten Abgabe für alte
       Kohlekraftwerke. Sie will zu Hause nicht das, was sie international
       fordert.
       
 (DIR) Agrargifte in Gewässern: Höhere Werte als erlaubt
       
       Pflanzenschutzmittel verschmutzen Gewässer weltweit, fanden Wissenschaftler
       heraus. Auch in Deutschland ist die Artenvielfalt bedroht.
       
 (DIR) Nutzen von ökologischer Landwirtschaft: Umwelt nicht im Preis inbegriffen
       
       Das Umweltbundesamt warnt vor den Folgen konventioneller Landwirtschaft.
       Der Öko-Landbau müsse deswegen dringend gefördert werden.
       
 (DIR) Studie zu geplanter Obsoleszenz: Waschmaschinen leben kürzer
       
       Immer weniger große Haushaltsgeräte halten fünf Jahre, hat das
       Umweltbundesamt ermittelt. Nun soll geklärt werden, ob die Hersteller das
       so planen.
       
 (DIR) Umweltbundesamt gegen Fracking: „Unbeherrschbare Risikotechnologie“
       
       Das Umweltbundesamt fordert ein „Quasiverbot“ für die umstrittene
       Erdgasfördermethode. Das soll durch strenge Umweltauflagen erreicht werden.
       
 (DIR) Sanierung des Klimas: 100 Tonnen Eisendünger ins Meer
       
       Die kalifornische Firma Planktos will die Meere mit Eisen düngen, um die
       Algen zum Wachstum anzuregen. Das soll Treibhausgase binden. Forscher
       warnen vor solchen Experimenten.