# taz.de -- Verdeckte Ermittlerin aufgeflogen: Folgenschwer abgelichtet
       
       > Maria Block, Ermittlerin in der linken Szene Hamburgs, wurde enttarnt.
       > Die Frau war auf dem Cover eines Polizeimagazins entdeckt worden.
       
 (IMG) Bild: Durch ein Foto auf einem Polizeimagazin wurde die als Maria Block bekannte Aktivistin als geheime Ermittlerin der Polizei enttarnt.
       
       HAMBURG taz | Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres ist in Hamburgs linker
       Szene eine verdeckte Ermittlerin aufgeflogen. Von 2009 bis 2012 war die
       Beamtin Maria B. unter der Tarnidentität „Maria Block“ in linken Zentren
       und Kneipen unterwegs, organisierte Demonstrationen und Soli-Aktionen,
       führte Freundschaften und eine Liebesbeziehung innerhalb der Szene. Zu
       diesem Ergebnis kam eine Recherchegruppe, die ihre Ergebnisse am Mittwoch
       [1][in einem Blog] veröffentlichte.
       
       Die Polizei hat den Einsatz mittlerweile bestätigt, wollte sich aber nicht
       auf Details festlegen. „Ja, es ist eine Hamburger Polizeibeamtin
       betroffen“, sagte der Polizeipressesprecher Timo Zill gegenüber der taz
       Nord. „Die Gesamtumstände zu dem Fall werden zurzeit geprüft.“
       
       Mehrere AktivistInnen der linken Szene haben der taz Nord indes bestätigt,
       „Maria Block“ näher gekannt zu haben. Aufgeflogen ist die verdeckte
       Ermittlerin durch einen Zufall, den Beweis für die Doppelidentität lieferte
       eine Publikation der Polizei: Auf dem Titelblatt der Zeitschrift
       [2][Polizeispiegel ] von 2003 ist die Beamtin abgebildet, wie sie lächelnd
       in der Tür eines Polizeiautos steht. In der Ausgabe berichtet die
       Polizistin „Maria B.“ über ihren Wechsel von der Berliner Polizei, wo sie
       ihre Ausbildung machte, nach Hamburg. „Das Klima bei der Hamburger Polizei
       ist ganz anders“, schreibt sie dort, „richtig toll.“
       
       Nach den Ergebnissen der Recherchegruppe nahm die verdeckte Ermittlerin
       2009 zum ersten Mal Kontakt zur linken Szene in Hamburg auf. Sie tauchte
       bei einem offenen Treffen zur Organisation einer Antira-Bühne auf dem
       „Alternativen Hafengeburtstag“ auf. Bei sich hatte sie einen „Freund“, der
       wie sie auch Dreadlocks hatte und ein Shirt mit politischem Aufdruck trug –
       so fiel sie nicht als unbekannte Einzelperson auf.
       
       Im Laufe der folgenden Monate arbeitete „Maria Block“ sich rasch in die
       linke Szene ein. Ihr Fokus lag dabei, anders als bei der vergangenen
       November enttarnten Ermittlerin „Iris P.“, auf dem Gebiet des Antirassismus
       und Antifaschismus.
       
       ## In Antifa- und Antira-Gruppen aktiv
       
       Sie engagierte sich über mehrere Jahre im Kollektiv der „Volxküche“ in der
       ehemals besetzten Hafenstraße. Im August 2009 flog sie mit AktivistInnen
       zum antirassistischen „NoBorder-Camp“ nach Lesbos in Griechenland. Im
       Dezember beteiligte sie sich an den Protesten gegen den UN-Klimagipfel in
       Kopenhagen, und im Jahr darauf nahm sie wieder am NoBorder-Camp teil, das
       2010 in Brüssel stattfand.
       
       Darüber hinaus übernahm sie Aufgaben in der Roten Flora, im Wilhelmsburger
       Infoladen, in der Vorbereitung der Proteste gegen die
       Innenministerkonferenz 2010 und einer Anti-Nazi-Demo 2012. Nach den Treffen
       ging sie Berichten zufolge häufig mit in die Kneipe.
       
       „Die Beamtin Maria B. brachte sich ein, machte mit, organisierte viel und
       führte Diskussionen“, schreiben die VerfasserInnen des Rechercheberichts,
       „– auch mit radikalen Positionen.“ Mindestens einmal erfüllte das von den
       RechercheurInnen rekonstruierte Handeln von Maria B. einen Straftatbestand:
       2011 drang sie im Vorfeld einer Recht-auf-Stadt-Demonstration in ein
       leerstehendes Haus ein – beging also Hausfriedensbruch. Dort hängte sie ein
       Transparent auf, das dazu aufrief, Leerstand zu besetzen.
       
       Verdacht kam in den Jahren ihrer verdeckten Tätigkeit nicht auf. In der
       Veröffentlichung betont die Recherchegruppe vor allem den „emotionalen
       Aspekt“: Man hatte ihr vertraut. Die Beamtin hielt sich häufig in
       Privatwohnungen der AktivistInnen auf, organisierte Treffen zum gemeinsamen
       Kochen oder Nichtstun und pflegte enge Freundschaften. „Das ist richtig
       bitter“, sagte ein Aktivist, der sie gut kannte, zur taz. „Es ist, als sei
       eine gute Freundin gestorben.“
       
       26 Aug 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://enttarnungen.blackblogs.org/veroeffentlichung-enttarnung-von-maria-block-boehmichen/
 (DIR) [2] http://www.dpolg-saar.de/upload/pdfpolsp/Polizeispiegel%2009-03.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Schipkowski
       
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