# taz.de -- AfD-Parteitag in Hannover: Bis kaum ein Flüchtling übrig bleibt
       
       > Für die AfD läuft es gut, ohne dass sie viel dafür tun muss. Deshalb wird
       > auf dem Parteitag Einigkeit demonstriert. Dennoch setzt der rechte Flügel
       > ein Zeichen.
       
 (IMG) Bild: Verkündet die „Wahrheit“ der AfD: Frauke Petry am Samstag in Hannover
       
       HANNOVER taz | Als der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen seine Eröffnungsrede
       beim Bundesparteitag der AfD in Hannover beendet, stehen die Delegierten
       auf, langer Applaus brandet auf. „Wir lassen uns nicht auseinander
       dividieren“, hatte Meuthen, seit dem Abgang von Parteigründer Bernd Lucke
       und seinen Anhängern das liberale Feigenblatt im Bundesvorstand der Partei,
       in den Saal des Hannoveraner Congress Centrums gerufen. „Wer hier auf eine
       neue Spaltung lauert, wird enttäuscht werden.“
       
       Damit gab Meuthen, der die Partei gemeinsam mit Frauke Petry führt und
       Spitzenkandidat der AfD in Baden-Württemberg ist, nicht nur den Ton für die
       weiteren RednerInnen vor, er machte auch klar: Hier, auf dem ersten
       Bundesparteitag nach dem verheerenden Streit in Essen, soll Einigkeit
       demonstriert werden. Und der flächendeckende Applaus zeigte: Der Parteitag
       will dieser Losung folgen.
       
       Der direkte Angriff des rechten Flügels um den Thüringer Landeschef Björn
       Höcke auf die Bundesvorsitzenden, insbesondere auf Petry, über den in den
       vergangenen Wochen immer wieder spekuliert wurde, wird wohl ausbleiben.
       
       Auch Höckes Mann im Bundesvorstand, der sachsen-anhaltinische Landeschef
       André Poggenburg, mahnte zur Einheit. „Ein Bild der inneren Zerissenheit“
       schade der Partei, sagte er. Poggenburg will – wie Meuthen – im März in den
       Landtag gewählt werden.
       
       Alle wissen: Es läuft derzeit gut für die AfD, ohne dass sie viel dafür tun
       muss. Bei Umfragen liegt die AfD, die sich als die Anti-Flüchtlings-Partei
       aufgestellt hat, stabil bei sieben bis zehn Prozent der Wählerstimmen, nach
       jetzigen Stand wird sie im März in drei weitere Landtage einziehen. Ein
       Führungsstreit könnte diesen Erfolg gefährden.
       
       ## „Nationale Identität“ schützen
       
       Inhaltlich aber hat der rechte Flügel im Laufe des ersten Tag des
       Parteitags durchaus Zeichen gesetzt. So fiel das Asylpapier des
       Bundesvorstands bei der Abstimmung durch. Stattdessen angenommen: Ein
       schärferer Entwurf aus Nordrhein-Westfalen, der „plakativer“ und damit
       besser sei, wie es ein Delegierter formulierte. Das Asylrecht müsse
       eingeschränkt, der Familiennachzug begrenzt oder gestrichen,
       Asyl-Obergrenzen eingeführt, die „nationale Identität“ geschützt werden,
       heißt es darin.
       
       Das Asylrecht solle der „Sicherheit des Staates und seiner Bevölkerung
       untergeordnet“ werden. Alle Flüchtlinge, die Deutschland auf dem Landweg
       erreichen und somit über sichere Herkunftsländer einreisen, sollen in
       Zukunft abgelehnt werden. Flüchtlinge, die nicht registriert oder
       identifizierbar seien, also wie viele keine Papiere vorlegen, sollen das
       Recht auf Asyl verlieren. Nimmt man das alles zusammen dürften kaum
       Flüchtlinge übrig bleiben. Zudem wird die Junge Alternative, immer noch
       etwas radikaler und rechter ist als die Partei, als Jugendorganisation der
       AfD anerkannt.
       
       ## „Pinocchiopresse“
       
       Petry wirkt angespannt, als sie als Redepult tritt. Sie bescheinigt der AfD
       ein Potential von 20 Prozent, beschwört den Zusammenhang zwischen
       „illegaler Einwanderung und dem Anwachsen des Terrorismus“, und fordert den
       Rücktritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel, weil diese in der
       „Migrationskrise“ die Kontrolle verloren habe. „Treten Sie zurück, Sie
       schaffen das“, ruft Petry in den Saal.
       
       Sie distanziert sich vom Begriff „Lügenpresse“, um die Journalisten dann –
       vermutlich lustig gemeint – als „Pinocchiopresse“ zu beschimpfen. Am Abend
       zuvor war sie mit ihrem neuen Lebensgefährten auf dem Berliner Presseball
       zu Gast.
       
       Petry springt von Punkt zu Punkt, es ist für jeden Delegierten etwas dabei.
       Es ist eine laue Rede, mitreißend ist Petry nicht. Trotzdem auch für sie:
       Standing Ovations, minutenlang. Die Partei ist geschlossen, dieses Signal
       soll von Hannover ausgehen. Am Nachmittag beginnt dann die Satzungsdebatte,
       der eigentliche Schwerpunkt des Parteitages.
       
       ## Protest vor der Halle
       
       Vor dem Congress Centrum protestierten derweil nach Angaben der
       Veranstalter rund 1.600 Menschen gegen den Parteitag, die Polizei spricht
       von 1.200 Demonstranten. Die Veranstaltung solle ein Zeichen setzen für
       Mitmenschlichkeit und eine solidarische und bunte Gesellschaft, sagte
       Hartmut Meine von der IG-Metall: „Wir stehen hier für eine humane
       Zivilgesellschaft, die Fremden in Not hilft. Eine Gesellschaft, in der
       versuche, Ängste zu schüren gegen über Flüchtlingen, anderen Religionen
       oder anderen Lebensweisen.“ Die Partei mache weder Vorschläge, wie die
       Gesellschaft künftig zusammenleben solle, noch habe sie ein Programm, um
       die soziale Gerechtigkeit zu stärken: „Wir brauchen die AfD hier nicht und
       sagen an die Adresse der Delegierten: Wir wollen euch hier in Hannover
       nicht haben“, so Meine.
       
       Wegen der angekündigten Proteste warnte einer der Leiter des Parteitages
       die rund 600 AfD-Delegierten davor, die Veranstaltungshalle in Hannover zu
       verlassen. Dies sei nur zur Sicherheit, es gebe keine konkrete Bedrohung.
       Auch für den Abend empfahl er den Parteimitgliedern, die Halle nur in
       Gruppen zu verlassen: „Zeigen Sie Ihre Parteizugehörigkeit nicht offen.“
       
       28 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sabine am Orde
       
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