# taz.de -- Mehr Platz für Radler in Berlin: Das Volk soll selbst schalten
       
       > Mit einem „Volksentscheid Fahrrad“ sollen RadlerInnen endlich ein
       > größeres Stück vom Straßenkuchen abbekommen. Nur der ADFC zögert.
       
 (IMG) Bild: Radfahren ist stressig in Berlin
       
       Dass es beim Thema Fahrrad nicht ganz rundläuft in Berlin, diesen Eindruck
       haben viele RadlerInnen und Engagierte. Gemessen am eigenen Label der
       „Fahrradstadt“ bleibt diese weit hinter ihren Möglichkeiten und dem stetig
       wachsenden Anteil von Velos am Straßenverkehr zurück. Die 2013 beschlossene
       Radverkehrsstrategie des Senats bleibt vorerst ein Stück Papier.
       
       Jetzt aber sollen die Betroffenen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen:
       Die neu gegründete [1][Initiative „Volksentscheid Fahrrad“] will die
       Stadtgesellschaft selbst über substanzielle Verbesserungen für den
       Radverkehr abstimmen lassen. Bis März soll ein Gesetzentwurf mit konkreten
       Zielvorgaben ausgearbeitet werden, dann geht es ans Unterschriftensammeln.
       Ab 20.000 Stück kann ein Volksbegehren beantragt werden. Unterzeichnen bei
       diesem 170.000 BerlinerInnen innerhalb von vier Monaten, muss das
       Abgeordnetenhaus entweder das Gesetz beschließen oder es kommt zum
       Volksentscheid.
       
       Initiator Heinrich Strößenreuther gibt sich optimistisch, dass das zu
       schaffen ist: „Nach den ersten 48 Stunden, die unser Vorschlag online war,
       hatten wir schon 2.000 Fans auf Facebook, und auch sonst bekommen wir viel
       positives Feedback. Ich gehe davon aus, dass wir das durchziehen können.“
       Strößenreuther rechnet damit, dass die 20.000 Unterschriften bis Mai
       gesammelt sind. Sein strategisches Ziel: Der Volksentscheid soll am Tag der
       Bundestagswahl 2017 stattfinden – weil sich an dieser ohnehin genügend
       BürgerInnen beteiligen, fiele das Problem des Quorums, also der notwendigen
       Zustimmung von mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten, vermutlich weg.
       
       „Eine Menge Arbeit“ sieht Strößenreuther jetzt auf die InitiatorInnen
       zukommen. Sie besteht zunächst darin, aus den 10 Kernforderungen, die die
       Initiative auf ihrer Website veröffentlicht hat, einen juristisch
       wasserdichten Gesetzestext zu machen. Es sind sehr konkrete Forderungen:
       200 Kilometer Fahrradstraßen und 100 Kilometer Radschnellwege gehören dazu,
       ebenso „sichere Radspuren für jede Hauptstraße“ – mindestens 2 Meter breit
       und mit sicherem Abstand zu parkenden Autos. Des Weiteren 200.000
       Stellplätze, Grüne Wellen und mehr Verwaltungspersonal.
       
       Laut Strößenreuther werden sich aber viele kompetente Menschen an diesem
       Prozess beteiligen: „Wir haben Zusagen von fünf Anwälten, aber auch von
       Stadt- und Verkehrsplanern, die uns unterstützen wollen.“ Einige Punkte
       müssen noch quantitativ ausgearbeitet werden: wie viele Stellen auf Senats-
       und Bezirksebene zu schaffen sind oder welche Summe für die schnelle
       Beseitigung von Gefahrenstellen im Rahmen eines Onlinedialogs
       bereitgestellt wird.
       
       ## Verhaltene Reaktion
       
       So also könnte die Revolution der Berliner Radpolitik aussehen – aber ganz
       so glatt rollt es nicht. Mit dem Landesverband des ADFC reagiert
       ausgerechnet der größte und wichtigste Fahrrad-Lobbyist sehr verhalten auf
       den „Volksentscheid Fahrrad“. ADFC-Sprecher Nikolas Linck sagte der taz,
       der Landesverband könne „eine Entscheidung über eine Unterstützung eines
       Volksentscheids erst nach Vorliegen und Prüfung des verbindlichen
       Gesetzestextes treffen“. Jetzt sei es „zu früh, inhaltlich und im Detail zu
       den veröffentlichten Zielen Stellung zu beziehen“.
       
       Auch die Stellungnahme auf der Website des Fahrrad-Clubs fällt recht dürr
       aus. „ADFC-Aktive“ – also nicht der Verband als solcher – hätten ihren
       Sachverstand bei den vorbereitenden Diskussionen eingebracht, heißt es
       dort, und: „Einige Vorschläge des geplanten Volksentscheids decken sich mit
       ADFC-Forderungen.“
       
       Das ist stark untertrieben, denn im „Umsetzungskonzept zur Berliner
       Radverkehrsstrategie“, die der ADFC erst im Juni vorgestellt hat, steht
       ganz Ähnliches. Mit dem Konzept hatte sich der Verband seit Langem wieder
       in Konfrontation zum Senat begeben. Grundsätzlich setzt er auf
       Veränderungen durch Dialog und Kooperation mit der Verwaltung.
       
       Heinrich Strößenreuther, selbst ADFC-Mitglied, sagt, er könne diese
       Zurückhaltung nicht nachvollziehen: „Die Differenz zwischen den jeweiligen
       Forderungen ist wirklich nicht relevant.“ Die Initiative habe den
       dringenden Wunsch, den Verband offiziell mit im Boot zu haben. Bei der
       nächsten ADFC-Mitgliederversammlung im März könnte das beschlossen werden –
       oder eben nicht.
       
       15 Dec 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://volksentscheid-fahrrad.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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