# taz.de -- CSU-Kritik an Angela Merkel: Dobrindt fordert andere Asylpolitik
       
       > Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) verlangt von Angela Merkel einen
       > Plan B für Grenzschließungen. Die SPD fordert die Offenhaltung der
       > Grenzen.
       
 (IMG) Bild: Man werde „um Grenzschließungen nicht herumkommen“, sagt Dobrindt.
       
       BERLIN dpa | Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekommt jetzt auch in ihrem
       Kabinett Gegenwind für ihre Flüchtlings- und Asylpolitik.
       Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt [1][forderte im Münchner Merkur
       einen Kurswechsel] und riet dringend dazu, einen Plan B zu entwickeln. „Wir
       müssen uns darauf vorbereiten, dass wir um Grenzschließungen nicht
       herumkommen. Wir müssen das mit den anderen Ländern auf der Reiseroute der
       Flüchtlinge zügig absprechen“, sagte der CSU-Politiker.
       
       Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) forderte die
       Kanzlerin auf, das Grundgesetz wieder strikt anzuwenden und Flüchtlinge an
       der deutsch-österreichischen Grenze zurückzuweisen. „Wir müssen zur
       Verfassungstreue zurückfinden. Das bedeutet, dass der überwiegende Teil der
       Flüchtlinge, der jetzt an der deutsch-österreichischen Grenze zu uns kommt,
       nicht nach Deutschland gelassen werden darf. Das ist geltendes Recht“,
       [2][sagte er der Magdeburger Volksstimme].
       
       Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung und stellvertretende
       SPD-Vorsitzende, Aydan Özoguz, warnte dagegen davor, die Grenzen in Europa
       wieder dicht zu machen. „Kaum ein Land profitiert so stark vom freien
       Warenverkehr in Europa wie wir, die Nachteile wären immens“, sagte sie der
       Passauer Neuen Presse. „Die Forderung nach der Wiedereinführung von
       Schlagbäumen in Europa ist daher nicht nur leichtsinnig, sie ist
       brandgefährlich.“
       
       Dobrindt warf der EU vor, Deutschland mit dem Flüchtlingsproblem
       alleinzulassen. „Wer von einer Koalition der Willigen redet zur Bewältigung
       dieser Krise, muss auch die Realität benennen: Es gibt bei dem Thema längst
       einen Pakt der Unwilligen gegen uns.“ Man brauche eine schnelle Veränderung
       der Situation – „im Wissen, dass das Auswirkungen auch auf das Ansehen
       Deutschlands in Europa haben kann“, sagte Dobrindt. „Es reicht jetzt aber
       nicht mehr aus, der Welt ein freundliches Gesicht zu zeigen.“
       
       ## 50 Unterschriften für Kurswechsel
       
       Der richtige Kurs in der Flüchtlingspolitik bleibt aber in der
       Unionsfraktion umstritten. Kritiker und Unterstützer der Linie Merkels
       liefern sich mit gegensätzlichen Briefen einen Schlagabtausch. Etwa 50 der
       310 Abgeordneten von CDU und CSU schlossen sich bis Montagabend nach
       Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin einer
       Unterschriftenaktion gegen den Kurs Merkels an. Der CDU-Abgeordnete Martin
       Patzelt sagte der dpa, er habe auf seinen Unterstützungsbrief für Merkel
       von gut 40 Kollegen positive Rückmeldungen erhalten.
       
       Aus Kreisen der Initiatoren des Briefes mit Kritik am Kurs der Kanzlerin
       hieß es, die Unterschriftenwerbung sei eher schleppend verlaufen. Viele
       Abgeordnete hätten trotz der Transparenz der Aktion möglicherweise darauf
       gewartet, dass ihnen der Brief persönlich vorgelegt werde. Verwunderung
       wurde dort über die Zurückhaltung der CSU-Abgeordneten geäußert. Andere
       Merkel-Kritiker sprachen dagegen von einem Riesenerfolg. Wichtige
       CSU-Bundestagsabgeordnete wie der innenpolitische Sprecher der
       Unionsfraktion, Stephan Mayer, Fraktionsjustiziar Hans-Peter Uhl und der
       Vorsitzende der CSU-Mittelständler, Hans Michelbach, hätten unterzeichnet.
       
       Die Initiatoren der Aktion gegen Merkels Flüchtlingskurs hatten ihren
       Vorstoß [3][vergangene Woche entschärft]. Sie wollten zunächst in der
       Fraktion über einen Antrag abstimmen lassen, der auf ein Zurückweisen von
       Flüchtlingen an der Grenze abzielte. Nun heißt es in dem der dpa
       vorliegenden Schreiben: „Wir stehen vor einer Überforderung unseres Landes.
       Deshalb halten wir eine Änderung der derzeitigen Zuwanderungspraxis (...)
       durch die Rückkehr zur strikten Anwendung des geltenden Rechts für dringend
       geboten.“
       
       Zur Integration der Flüchtlinge will Bundesfamilienministerin Manuela
       Schwesig (SPD) mit einem neuen Zehn-Millionen-Euro-Programm unter dem Motto
       „Menschen stärken Menschen“ Paten, Vormünder und Gastfamilien für
       Asylbewerber gewinnen. „Integration ist mehr als der Gang zum Sprachkurs
       oder Arbeitsamt“, sagte sie der Passauer Neuen Presse.
       
       ## De Maizière warnt SPD
       
       Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat den Koalitionspartner SPD
       vor „Schwarzer-Peter-Spielchen“ beim Asylpaket II gewarnt. „Es gibt einen
       klaren Beschluss der Parteivorsitzenden. Der gilt“, sagte er der
       Rheinischen Post. „Ich arbeite daran, dass es zeitnah zu einer Einigung
       kommt, und warne vor Schwarzer-Peter-Spielchen.“ Man habe gemeinsam eine
       große Verantwortung für Deutschland. „Daran sollten sich alle erinnern –
       auch die, die gelegentlich öffentlich Vorwürfe hin- und herschieben.“
       
       De Maizière forderte in der Zeitung auch, es müsse alles dafür getan
       werden, um mehr Rückführungen in die nordafrikanischen Länder Marokko,
       Algerien und Tunesien zu ermöglichen. „In einem ersten Schritt habe ich das
       Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angewiesen, Anträge von Menschen
       aus diesen Ländern prioritär zu prüfen, um hier noch schneller zu
       Ergebnissen zu kommen“, sagte er. Und: „Ich bin entschieden dafür,
       Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären.“
       
       19 Jan 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.merkur.de/politik/alexander-dobrindt-kritisiert-angela-merkel-freundliches-gesicht-reicht-nicht-mm-6045414.html
 (DIR) [2] http://www.volksstimme.de/sachsen-anhalt/20160119/fluechtlinge-stahlknecht-grenze-fuer-fluechtlinge-schliessen
 (DIR) [3] /Merkels-Fluechtlingspolitik/!5268882/
       
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