# taz.de -- Profis ohne Berührungsängste: Überraschung: Kiel steht ganz oben
       
       > Der Titelkampf in der Handball-Bundesliga ist nach dem Flensburger Sieg
       > bei den Löwen spannend. Wieder einmal könnte der Rivale aus Kiel
       > profitieren.
       
 (IMG) Bild: Von den Füchsen kaum zu bremsen: Kiels Last-Minute-Einkauf Blaženko Lacković.
       
       KIEL taz | Man stelle sich vor: Der Hobbysportler steht vormittags nach
       einer schweißtreibenden Einheit zum Wohle des leicht übergewichtigen
       Körpers unter der Dusche und plötzlich shampoonieren sich direkt nebenan
       gestählte Promi-Athleten wie Marco Reus, Robert Lewandowski, Manuel Neuer
       und Thomas Müller ihre Haare. In Kiel heißen die Superstars Domagoj
       Duvnjak, Niklas Landin, Dominik Klein und Rune Dahmke. Sie verdienen ihr
       Geld nicht mit Fußball, sondern mit Handball.
       
       Häufig trainieren die Asse des THW Kiel donnerstags im Uwe-Seeler-Sportpark
       in Kiel-Wellsee. Das ist eine Tennishalle, deren Plätze zehn und elf –
       getrennt vom Rest der Courts durch eine schmucklose Holzwand – zu einem
       Handballfeld umgebaut worden sind. Nach absolvierter Arbeit entlässt sie
       Cheftrainer Alfred Gislason in die Umkleidekabine. So ist es halt in Kiel.
       Berührungsängste mit Otto-Normal-Sportlern? Nee!
       
       Ein eigenes Trainingszentrum besitzen die „Zebras“ nicht, dafür aber Titel
       en masse: 20 Mal wurden sie deutscher Meister, neun Mal holten sie den
       Pokal, drei Mal gewannen sie die Champions League. Auf 9,5 Millionen Euro
       wird der Jahresetat beziffert.
       
       ## Stars ohne eigene Dusche
       
       Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen eine Dauerkarte für THW-Heimspiele im
       Konkurrenzkampf mit anderen Wohnungssuchenden den entscheidenden Ausschlag
       gab. Doch noch immer füllen 10.285 Zuschauer regelmäßig die
       Sparkassen-Arena bis auf den letzten Platz. Wie am vergangenen Sonnabend,
       als die Kieler mit einem 26:21-Heimsieg gegen die Füchse Berlin die
       Bundesliga-Spitze eroberten, ungewohnterweise zum ersten Mal in dieser
       Saison.
       
       Der dänische Torwart Landin, dem in der kommenden Saison der deutsche
       EM-Held Andreas Wolff an die Seite gestellt wird, hatte wieder einmal
       seinen Kasten zugenagelt. Das kroatische „Gehirn“ Duvnjak, Welthandballer
       2013, erneut stark Regie geführt.
       
       Der Titel-Dreikampf in der Bundesliga bleibt durch diesen Sieg knisternd
       spannend: 38:6 Punkte haben die Kieler auf dem Konto – und 115 Tore mehr
       erzielt als kassiert. Zwei Pluspunkte weniger haben auf Rang zwei die
       Rhein-Neckar Löwen – und ein nur um einen Treffer schlechteres
       Torverhältnis. Im Herzschlagfinale 2014 hatte ihnen trotz eines
       Sieben-Tore-Vorsprungs der THW am letzten Spieltag mit einem
       37:23-Kantersieg den Titel weggeschnappt – gegen eben jene nun erneut
       besiegten Füchse Berlin. Dritter ist die SG Flensburg-Handewitt mit einem
       Minuspunkt mehr.
       
       Zumindest auf nationaler Ebene kann der THW das dem rücksichtslos
       überladenen Terminkalender der internationalen Verbände geschuldete
       Verletzungspech offenbar kompensieren: Wegen des Mottos „Kommerz kennt
       keinen Schmerz“ fallen die Kreisläufer Patrick Wiencek und Rene Toft Hansen
       nach Kreuzbandriss ebenso bis zum Saisonende aus wie die Europameister
       Steffen Weinhold und Christian Dissinger nach Muskelbündelriss. Der THW
       hielt mit Last-Minute-Transfers dagegen. Ilia Brozovićund Dener Jaanimaa
       kamen aus der Konkursmasse des insolventen HSV Hamburg, Blaženko
       Lackovićaus Skopje.
       
       ## De-Facto-Meister im Mai?
       
       Vielleicht fällt die nationale Meisterschaftsentscheidung am 15. Mai, wenn
       Kiels „kleiner“ Landesrivale aus Flensburg am 31. Spieltag zum bereits
       sechsten Derby dieser Saison in die Handballhauptstadt kommt.
       
       In der Champions League hatte die SG dem THW jüngst eine historische
       27:37-Abreibung verpasst. Und auch bei den Löwen behielten die Flensburger,
       deren Budget um drei Millionen Euro niedriger als in Kiel ist, unlängst mit
       25:22 die Oberhand, angeführt übrigens von einem Ex-Zebra-Trio: Torwart
       Mattias Andersson, Abwehrchef Tobias Karlsson und Spielmacher Rasmus Lauge.
       Sie kennen bestens das Gefühl, die Meisterschaft mit 20.000 Kielern auf dem
       Rathausplatz zu feiern. Jenen Menschen, von denen einige donnerstags in
       Wellsee mit den Handballprofis gemeinsam unter der Dusche standen.
       
       28 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Geidel
       
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