# taz.de -- Sitcom „Blockbustaz“: Im Serien-Problemviertel
       
       > Die Sitcom mit den Altrappern Eko Fresh und Ferris MC erzählt unbefangen
       > vom Leben im sozialen Brennpunkt. Sie wird von der TV-Realität eingeholt.
       
 (IMG) Bild: Hardy (Ferris MC) und Sol (Eko Fresh) beim Schwatzen
       
       Andächtig schwenkt die Kamera über die triste Plattenbausiedlung des Kölner
       Stadtteils Chorweiler. Dieses in den 1970er Jahren noch visionäre
       Wohnungsbauprojekt ist wie so viele Trabantenstädte im Laufe der Jahrzehnte
       zum Problemviertel geworden. Sozialer Brennpunkt. Hier im Kölner Norden
       heißt das: 75 Prozent Migrantenanteil, Hartz IV und staatlicher
       Wohnungszuschuss sind vorherrschende familiäre Normalität. Die deutsche
       HipHop-Kultur hat diese deprimierenden urbanen Lebensverhältnisse mit dem
       Begriff „Ghetto“ längst genauso romantisiert, wie es ihr US-amerikanisches
       Vorbild gemacht hat.
       
       Es ist also folgerichtig, dass die Sitcom „Blockbustaz“ mit dem Rapper Eko
       Fresh, der mit bürgerlichen Namen Ekrem Bora heißt, in diesem Stadtteil
       spielt. Bora ist hier der arbeitslose, sympathisch-verpeilte Verlierer und
       Möchtegern-Rapper Sol, der zusammen mit Kumpel Hardy (Sascha „Ferris MC“
       Reimann) und Freundin Jessica (Joyce Ilg) in einem solchen (Wohn-)Block
       lebt. Die neue ZDFneo-Serie hatte sich im vergangenen Jahr zu Recht gegen
       zwei Mitbewerberprojekte durchgesetzt und die sendereigene
       Abstimmungskampagne „TVLab“ gewonnen. Nicht überraschend, Eko Fresh hat
       sehr viele junge und internetaffine Fans, einer knappen Million Menschen
       gefällt seine Facebook-Seite.
       
       Galt der 32-Jährige früher für viele wahre HipHop-Fans als Feindbild und
       Witzfigur, ist er mittlerweile als Künstler mit gesellschaftspolitischem
       Verantwortungsbewusstsein akzeptiert. So betont Bora auch in Interviews zu
       „Blockbustaz“, er habe sich nur zur Mitwirkung bereit erklärt, wenn nicht
       über die Protagonisten gelacht werde, sondern mit ihnen. Kein „Hartz-IV-TV“
       also, das Unzulänglichkeiten und eventuelle Bildungsmängel heraus- und sich
       darüber stelle. Vielmehr sollten die Figuren die Helden dieser Geschichte
       werden.
       
       Damit beweist der Auftraggeber ZDF, dass es im öffentlich-rechtlichen
       Fernsehen grundsätzlich wohl doch möglich sein kann,
       amoralisch-unterhaltsame Charaktere zu entwickeln, deren sprachliche Härte
       und realitätsgeschulter Pragmatismus eine glaubwürdige Wahrhaftigkeit
       vermitteln, sei es der alleinerziehende Alkoholiker-Vater vorm
       Daddelautomaten, der seine Kinder verpfändet, um weiter saufen zu können,
       oder die übersexualisierte Teenie-Schwester mit Schulallergie.
       
       Aufgrund dieser guten Voraussetzungen werden die Mankos von „Blockbustaz“
       allerdings umso offensichtlicher. Die dröge öffentlich-rechtliche
       Fernsehästhetik, bei der ein Splitscreen im Vorspann bereits den
       künstlerischen Höhepunkt darstellt, oder Inszenierung und Schnitt: So
       ziemlich alle mittelmäßig erfolgreichen YouTuber beweisen in ihren Clips
       mehr Sinn für Gags und Timing. Hier wirkt „Blockbustaz“ eher wie eine
       Sitcom im Gewand eines klassischen TV-Fernsehspiels. Auch inhaltlich sind
       die Dialoge der Comedyserie selten konsequent zugespitzt, lassen Rhythmus
       und Punchlines vermissen – immerhin zwei der wichtigsten Tugenden im
       Rapkosmos, in dessen Umlaufbahn sich die Serie ja schließlich bewegt.
       
       So muss auch „Blockbustaz“ zu den vielen sendereigenen Experimenten gezählt
       werden, deren „stets bemüht“-Attitüde zwar lobenswert, aber eben nicht
       befriedigend ist. Ein provokatives Setting und der freche Erzählton können
       nicht davon ablenken, dass die Serie in ihrer Umsetzung der
       öffentlich-rechtlichen Biederkeit verhaftet bleibt. Ein Schaf im Wolfspelz
       also, das die jungen Zuschauer auf ein schlichtes ZDF-Leben zwischen
       Samstagskrimi, Pilcher-Schmonzette und Fernsehfilm der Woche vorbereitet.
       Was die zeitgemäße Serienproduktion angeht, bleibt die Trabantenstadt
       Mainz-Lerchenberg auch weiterhin eines von vielen deutschen
       TV-Problemvierteln.
       
       22 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jens Mayer
       
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