# taz.de -- Erster grün produzierter „Tatort“: Der Biodreh
       
       > Akkus statt Batterien, Trinkflaschen statt Einwegbecher, Bahn statt
       > Flugzeug. „Fünf Minuten Himmel“ ist die erste grüne „Tatort“-Produktion.
       
 (IMG) Bild: Klar, dass der grüne Tatort mit Heike Makatsch im grünen Freiburg spielt
       
       Wenn Christian Schega erklärt, wie viel in seiner Branche noch zu tun ist,
       dann spricht er von diesem Sack voll Batterien, der nach einem Dreh einmal
       vor ihm stand. „Da waren etwa 300 Batterien drin – für die Funkmikrofone“,
       empört er sich. Diesmal hat er das Sagen und setzt auf Akkus. „32 Stück –
       wir laden sie einfach nachts wieder auf.“
       
       Auf dem Set in Freiburg hat Christian Schega eine besondere Rolle: Er ist
       der Nachhaltigkeitsbeauftragte des Films „Fünf Minuten Himmel“, den das
       Erste an Ostermontag zeigen wird. Es ist gleich eine doppelte Premiere:
       Heike Makatsch debütiert als „Tatort“-Kommissarin und die Krimireihe als
       grüne Produktion. Eine Boulevardzeitung sprach gar vom ersten „Bio-
       ‚Tatort‘ “. Das trifft die Sache tatsächlich.
       
       Während die Schauspieler in einem verlassenen, da kaputten Wohnhaus drehen,
       führt Schega über sein Set: persönliche Trinkflaschen statt Einwegbecher,
       Catering mit Essen aus der Region, Fahrräder und Elektroautos statt Taxen
       und Benzinern, dazu erste Lampen mit energiesparenden LED-Leuchten und ein
       eigener Ökostromanschluss statt des üblichen stinkenden Dieselgenerators –
       das sind Schegas sichtbarste Maßnahmen. Außerdem lässt er die Crew
       überwiegend per Bahn statt mit dem Flugzeug kommen und Drehbücher
       elektronisch verschicken statt auf totem Holz.
       
       „Das ist schon an einigen Stellen eine Umstellung“, sagt der
       Nachhaltigkeitsbeauftragte von Zieglerfilm, der vom SWR beauftragten
       Produktionsfirma. „Im Privaten haben wir uns ja auch schon lange daran
       gewöhnt, dass Mülltrennung Bürgerpflicht ist“, sagt Schega. Beim Film aber
       gingen sie mit der Umwelt sonst eher lax um. „Das hat sicher mit
       Bequemlichkeit zu tun, aber auch mit dem Faktor ‚Zeit‘, der bei
       Filmproduktionen grundsätzlich eine Rolle spielt“, sagt Schega.
       
       Am Freiburger „Tatort“-Set lässt er hingegen aufwändig trennen. Für
       Außenstehende ist es teils unverständlich, dass die Film- und TV-Branche
       noch immer ökologische Verschwendung vorlebt. Doch die erste „grüne“
       Produktion eines „Tatorts“ dürfte für die „Green TV“-Bewegung eine Art
       Durchbruch sein.
       
       ## Verkrustete Strukturen
       
       Die ist vor allem in Deutschland noch ziemlich jung: Ein paar Serien wie
       der inzwischen eingestellte „Landarzt“ und „Notruf Hafenkante“ (beide ZDF),
       das „Großstadtrevier“ (NDR) und auch einige Filme wie „Bully“ sind zwar
       bereits grüner als andere. Eine Massenbewegung ist daraus allerdings noch
       nicht geworden.
       
       Christiane Dopp spricht von „wahnsinnig verkrusteten“ Strukturen. Sie hat
       für die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein bislang gut 60 „grüne
       Drehpässe“ verteilt. Die Pässe können Produzenten beantragen, Dopp prüft
       dann beim Dreh, ob die Kriterien dafür eingehalten werden.
       
       Für junge Medienmacher sei es selbstverständlich, nicht nur für die eigene
       Familie Bio im Supermarkt einzukaufen, sondern auch umweltschonend
       Fernsehen und Kino zu machen. „Aber je länger jemand in der Branche ist,
       desto schwieriger ist es für ihn, neue Wege zu gehen“, sagt Dopp, die schon
       seit etlichen Jahren bei Produzenten für „Green TV“ wirbt.
       
       Dopps Drehpass bringt den Produzenten kein bares Geld, sondern erst mal nur
       ein gutes Gefühl. Dopp spricht selbst von einem „Label, das die Haltung
       sichtbar macht“. Sie will lieber die Sender in die Pflicht nehmen. „Da geht
       noch mehr“, sagt die Filmförderin, „vielleicht könnte grünes Produzieren ja
       bei der Vergabe ein Kriterium sein.“ Das aber ist hierzulande bislang nicht
       so. Und Stichproben bei den Sendern zeigen: Bislang planen sie das auch
       nicht.
       
       Kein Wunder, denn die „Green TV“-Bewegung kollidiert mit dem Spardruck, dem
       die Sender und damit in der Folge auch die Produzenten ausgesetzt sind.
       Wenn Sender Drehtage und Budgets nach unten drücken, bleibt für das
       Umdenken wenig Spielraum. Nachhaltigkeitsmanager kosten erst einmal Geld,
       außerdem sind sowohl energiesparende Technik als auch Elektrofahrzeuge
       häufig teurer. Der Freiburger „Tatort“ bekommt von der
       baden-württembergischen Filmförderanstalt dafür extra Geld, im Gegenzug
       analysieren Wissenschaftler die Produktion.
       
       Was hilft, ist der Blick raus aus dem selbsterklärten Ökostreberland
       Deutschland, etwa nach Großbritannien: Was Deutschland fehlt, gibt es auf
       der Insel bereits: Vergleichbarkeit. Die Britische Film- und
       Fernsehakademie Bafta hat – im Auftrag sowohl der öffentlich-rechtlichen
       BBC als auch des Privatsenders Sky – die Onlineplattform Albert entwickelt.
       
       Sie kennt inzwischen die Daten von etwa 1.500 Produktionen, berechnet schon
       im Voraus den CO2-Fußabdruck einer Produktion und schlägt bei deutlich
       überdurchschnittlichen Kennzahlen Alarm. Christiane Dopp hätte so etwas wie
       Albert auch gern. „Das steht ganz oben auf der Agenda“, sagt sie. „Wir
       können nur voneinander lernen, wenn wir mal harte Fakten haben.“
       
       ## Zwei Elektrokleinwagen
       
       Die, die grünes Produzieren nach vorn bringen wollen, stoßen in der Praxis
       allerdings auch auf viele Probleme. Nachhaltigkeitsbeauftragter Schega von
       Freiburger „Tatort“ hat etwa nur zwei Elektrokleinwagen bekommen. „Es gibt
       zwar auch schon erste Lkws mit Elektroantrieb“, sagt er. „Die haben die
       Verleiher aber nicht gelistet.“ Auch massive Scheinwerfer, die etwa ein
       ganzes Haus mit Tageslicht anleuchten können, fressen noch immer viel
       Energie – und sind als Ökovariante entsprechend rar.
       
       Und dann ist am Ende ja auch noch der Zuschauer, das sensible Wesen. Aaron
       Matthews, der die britische CO2-Software Albert betreibt, freut sich zwar,
       dass mit seiner Plattform das gigantische Film- und Fernsehgeschäft Schritt
       für Schritt grüner wird. „Aber ich muss mir ja nur mein eigenes Verhalten
       ansehen“, sagt er. Er habe selbst seit drei Jahren keinen Fernseher mehr.
       
       Serien und Filme sieht er sich nur noch auf dem Tablet an. „So etwas wie
       Netflix und TV-Mediatheken mit ihren Servern und Datenleitungen sind
       eigentlich das Schlimmste, was Sie tun können, wenn Sie versuchen, das
       Fernsehen grüner zu bekommen.“
       
       28 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bouhs
 (DIR) Dominik Schottner
       
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