# taz.de -- Warnstreiks im öffentlichen Dienst: Angst um das Altersgeld
       
       > Die Protestaktionen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst beginnen.
       > Sie fordern mehr Lohn. Aber auch den Erhalt der attraktiven
       > Betriebsrente.
       
 (IMG) Bild: Tüt: Streikende ganz klassisch mit Trillerpfeife und Warnweste
       
       BERLIN taz/dpa | In den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst von Bund
       und Kommunen stehen in dieser Woche deutschlandweit Warnstreiks an. „Wir
       werden in dieser Woche einen ersten Warnschuss abgeben, als Signal an die
       Arbeitgeber“, sagte Wolfgang Pieper vom Bundesvorstand der Gewerkschaft
       Verdi.
       
       Zum Auftakt in München und Nürnberg soll es Protestaktionen geben, außerdem
       in Bayern in Augsburg, Bayreuth, Marktredwitz, Regensburg und Schwandorf,
       wie weiter Verdi mitteilte. Im niedersächsischen Peine hat die Gewerkschaft
       zum Streikfrühstück aufgerufen. Auch die staatlichen Kitas in der Stadt
       sollen schließen. Kurzfristige Aktionen sind zudem unter anderen in Bremen,
       Stade und Lüneburg geplant. Der dbb Beamtenbund lädt in Bremerhaven zu
       einer Kundgebung. Warnstreiks sind auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und
       Thüringen geplant. So sollen am Dienstag in der Region Leipzig mehrere
       Kitas in den Morgenstunden geschlossen bleiben. Auch die Gewerkschaft
       Erziehung und Wissenschaft (GEW) ruft Ende der Woche zu „betrieblichen
       Aktionen“ in Kitas auf, erklärte Sprecher Ulf Rödde.
       
       Der kommunale Arbeitgeberverband VKA kritisierte die Ankündigungen als
       nicht nachvollziehbar. Insbesondere Kitas sollten nicht schon wieder
       bestreikt werden, so VKA-Präsident Thomas Böhle. Tatsächlich streikten
       Kita-Erzieher erst im vergangenen Jahr über Wochen. Damals ging es um die
       spezielle Gehaltstabelle für den Sozial- und Erziehungsdienst und nicht wie
       jetzt um reguläre Tarifverhandlungen.
       
       Kommenden Montag findet das zweite Treffen der Tarifrunde 2016 statt. Darin
       verhandeln die Arbeitgeber mit Verdi und dem Beamtenbund dbb über
       Entgelterhöhungen für die rund 2 Millionen Beschäftigten bei Bund und
       Kommunen, darunter ErzieherInnen, Müllwerker, Behördenmitarbeiter und
       PflegerInnen. Verdi fordert 6 Prozent mehr Lohn und 100 Euro mehr im Monat
       für die Auszubildenden. Außerdem sollen nach dem Wunsch der Gewerkschaft
       die sachgrundlosen Befristungen in Arbeitsverträgen abgeschafft werden.
       
       ## Heikel: die betriebliche Altersvorsorge
       
       Das heikelste Thema: Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände
       (VKA) möchte in dieser Tarifrunde die betriebliche Altersversorgung für die
       Beschäftigten kappen. „Das ist ein hoch emotionales Thema“, sagt Rödde,
       „viele der Beschäftigten etwa im Erziehungsdienst haben bedingt durch die
       Teilzeitarbeit schon geringe Ansprüche in der gesetzlichen Rente. Wenn
       jetzt auch noch bei der betrieblichen Altersversorgung gekürzt wird,
       erzeugt das Angst vor Altersarmut.“
       
       Nach dem bisherigen System der betrieblichen Zusatzversorgung wird
       Beschäftigten ein fiktiver Anteil von 4 Prozent vom Bruttoeinkommen als
       künftige Betriebsrente zugesagt, wobei dieser Betrag in der Erwerbsphase
       mit 3,25 Prozent fiktiv verzinst wird, in der folgenden Rentenphase dann
       mit 5,25 Prozent pro Jahr. Der Arbeitgeberverband VKA bezeichnet diese
       Kalkulation, die im Jahre 2001 festgelegt wurde, angesichts der höheren
       Lebenserwartung und anhaltenden Niedrigzinsphase als nicht mehr zeitgemäß
       und fordert in einem Papier eine „Korrektur künftiger Leistungsansprüche“.
       
       Nach einem ähnlichen Konflikt in den Tarifverhandlungen über die
       Angestellten und Beamten der Bundesländer im vergangenen Jahr wurden
       letztlich die Arbeitnehmerbeiträge für die Betriebsrenten angehoben. Bei
       den Angestellten der Kommunen liegen diese Beiträge – regional
       unterschiedlich – derzeit zwischen null und zwei Prozent des Bruttogehalts.
       
       ## Jonglieren mit Zahlen
       
       Ansonsten jonglieren die Verhandlungspartner in der Tarifrunde mit Zahlen,
       um ihre Interessen zu untermauern. Die VKA verweist in ihrem Papier darauf,
       dass die Löhne im öffentlichen Dienst zwischen 2008 und 2015 nominal um
       23,9 Prozent gestiegen seien, während die Entgelte in der Gesamtwirtschaft
       etwas schwächer zulegten. So haben laut VKA-Tabelle im Jahre 2008
       Müllwerker als Einstieg 1.575 Euro brutto verdient, heute liege dieses
       Entgelt bei gut 2.000 Euro.
       
       Die Gewerkschaft Verdi errechnet allerdings im gleichen Zeitraum eine
       höhere Lohnsteigerung in der Gesamtwirtschaft als im öffentlichen Dienst
       und verweist daher auf den „Nachholbedarf“ der Staatsbediensteten. In
       Deutschland gibt es nach Auskunft des gewerkschaftsnahen WSI-Instituts drei
       Tarifstatistiken, WSI, Destatis und Bundesbank, mit etwas unterschiedlichen
       Berechnungen.
       
       5 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
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