# taz.de -- Reduktion des Ausstoßes von Stickoxiden: Dicke Luft dank blauer Plakette
       
       > Koalitionspolitiker lehnen den Vorstoß von Ministerin Hendricks für eine
       > Verschärfung der Umweltzonen ab. der ADAC sieht die Industrie in der
       > Pflicht.
       
 (IMG) Bild: Die besonders schlimmen Diesel-Stinker sollen aus den Innenstädten verbannt werden
       
       BERLIN taz | Beschlossen ist sie noch lange nicht, aber jetzt schon sorgt
       sie für gehörigen Ärger in der Koalition: die blaue Plakette für Autos mit
       geringem Schadstoffausstoß. Nach Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt
       (CSU) hat sich auch SPD-Verkehrsexperte Sören Bartol gegen die Plakette
       ausgesprochen, für die sich die Länderumweltminister auf Initiative von
       Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) in der vergangenen Woche
       stark gemacht hatten.
       
       „Ich möchte den Kommunen ermöglichen, Fahrzeuge mit hohem Stickoxidausstoß
       aus kleinräumigeren Stadtgebieten auszuschließen, die besonders stark mit
       diesen Schadstoffen belastet sind“, hatte Hendricks in der taz ihren
       Vorstoß begründet.
       
       Nach dem Beschluss der Umweltminister von Bund und Ländern sollen Kommunen
       für Gebiete mit besonders schlechter Luft anordnen können, dass nur noch
       Autos mit blauer Plakette einfahren dürfen. Das sind solche, die besonders
       wenig Stickoxide ausstoßen. Damit blieben Dieselfahrzeuge ab Euro-5-Norm
       abwärts außen vor.
       
       Jede Stadt oder Gemeinde soll selbst entscheiden dürfen, ob und wann sie
       solche verschärften Umweltzonen einrichtet. Ein Zwang dazu besteht nicht.
       In der Praxis dürfte es vermutlich kaum eine Kommune trotz zunehmend
       schlechter Luft wagen, so viele Fahrzeuge auszuschließen – massiver Protest
       von Einwohnern, Handwerkern und Lieferanten wäre sicher.
       
       Stickoxide sind gesundheitsschädlich. Neben Industrie und Hausheizungen
       sind vor allem Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor für die Stickoxidbelastung
       der Luft verantwortlich, insbesondere Diesel-Pkw. Das liegt vor allem
       daran, dass die Abgasreinigung vieler Fahrzeuge oft nur im Labor ordentlich
       funktioniert, wie durch den VW-Dieselskandal herauskam. Auf der Straße
       pusten sie teilweise sogar mehr Dreck als vor 20 Jahren in die Luft.
       
       ## Funktionierende Abgasreinigung fehlt
       
       Würde die Einführung von Blaue-Plakette-Zonen an die Vorgabe gekoppelt,
       dass die Fahrzeuge im Straßentest über eine funktionierende Abgasreinigung
       verfügen – wie das etwa bei Lkw der Fall ist –, hätten die Behörden ein
       starkes Instrument gegenüber der Autoindustrie in der Hand, endlich saubere
       Diesel-Pkw herzustellen.
       
       Der Autofahrerclub ADAC sieht vor diesem Hintergrund die Industrie in der
       Pflicht. „Verbraucher dürfen nicht den Preis für die Versäumnisse der
       Automobilhersteller zahlen“, sagte Clubvize Ulrich Klaus Becker. Die
       technischen Möglichkeiten zur Schadstoffreduzierung seien längst vorhanden
       und müssten nur eingesetzt werden. Durch Einführung der blauen Plakette
       würde die Mobilität von rund 13 Millionen Dieselfahrern unverhältnismäßig
       eingeschränkt. Auch mehr als drei Millionen ältere Benziner mit hohen
       Stickoxidemissionen könnten betroffen sein.
       
       Mehrere Umweltverbände unterstützen Hendricks Pläne ausdrücklich. Auch 2016
       werde der Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid vielerorts überschritten
       werde. Die Bundesländer sollten deshalb nicht auf Maßnahmen des Bundes
       warten, sondern bestehende Möglichkeiten zur Verbesserung der Luftqualität
       nutzen: So die Stärkung umweltverträglicher Verkehrsmittel oder die
       Parkraumbewirtschaftung. Auch ein attraktives Bus- und Bahnnetz sowie der
       Ausbau von Radwegen seien nötig.
       
       11 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Richard Rother
       
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