# taz.de -- Abfallgesetzgebung in Deutschland: Europameister? Von wegen
       
       > Die Bundesregierung blockiert in Brüssel die Förderung von
       > Mehrwegsystemen. Und plant, Mehrwegquoten für Verpackungen zu streichen.
       
 (IMG) Bild: Mehrwegflaschen liegen bei der Bundesregierung nicht im Trend
       
       BERLIN taz | Deutschland blockiert in Brüssel eine fortschrittliche
       Abfallpolitik. Das zeigen Berichte aus den Verhandlungen zur neuen
       EU-Verpackungsrichtlinie, die der taz vorliegen. Eine fortschrittliche
       Abfallpolitik setzt vor allem auf Müllvermeidung – weshalb bei Verpackungen
       Mehrwegsysteme in der Regel am umweltfreundlichsten sind. Die EU-Kommission
       und einige EU-Staaten plädieren darum dafür, Mehrwegsysteme gesetzlich zu
       fördern.
       
       In der Richtlinie, über die derzeit in Brüssel neu verhandelt wird – und
       die in einigen Jahren als Gesetz in den Mitgliedsstaaten ankommt –, wollen
       sie deshalb in begrenztem Umfang erlauben, dass Mehrwegsysteme auf die
       Recyclingquote angerechnet werden können. „Die Mitgliedstaaten sollen
       Produkte und Bestandteile … im Rahmen anerkannter Pfandsysteme …
       berücksichtigen können“, heißt es in dem Vorschlag der EU-Kommission.
       
       Sie will also in der Quote nicht nur erfassen, wie viele Verpackungen
       recycelt werden. Die Änderung würde bedeuten, dass auch in einem bestimmten
       Umfang die Glasflaschen zählen, die gegen Pfand zurückgegeben werden.
       
       Frankreich, Finnland, Österreich und Dänemark setzen sich für diesen
       Vorschlag ein. In einem gemeinsamen Vortrag der Länder vom April heißt es,
       „neue, kombinierte Ziele für Wiederverwertung und Recycling könnten den
       Gedanken der Kreislaufwirtschaft in der EU stark befördern“.
       
       ## Bundesregierung sperrt sich
       
       Gemein sind in diesen Ländern funktionierende Mehrwegsyteme: Beispielsweise
       in Dänemark werden jährlich rund 1,8 Millionen Tonnen
       Verpackungsmaterialien benutzt, 47 Prozent davon sind Mehrwegverpackungen
       wie Pfandflaschen oder Transportkisten. In Finnland sind gar 60 Prozent der
       eingesetzten Verpackungen Mehrwegbehälter. Zwar besitzt auch Deutschland
       ein Mehrwegsystem, im Bereich der Glasflaschen für Getränke. Doch die
       Mehrwegquoten fallen seit Jahren und liegen derzeit bei nur noch knapp 45
       Prozent.
       
       Gemeinsame Ziele für Recycling und Mehrweg lehnt die Bundesregierung aber
       ab. Zwar begrüße man „Maßnahmen zur Förderung der Wiederverwendung“, heißt
       es aus dem Bundesumweltministerium. „Einer Anrechnung der Wiederverwendung
       auf Recyclingquoten stehen wir jedoch kritisch gegenüber“, sagt ein
       Sprecher. Demnach befürchtet die Regierung, dass Recyclingquoten
       relativiert würden und die Datenerhebung zu aufwendig sei. „Deutschland
       setzt sich daher dafür ein, an dieser Stelle ausschließlich das Recycling
       zu messen“, so der Sprecher, „die Erfolge bei der Wiederverwendung von
       Produkten und Materialien kann an anderer geeigneterer Stelle der
       Richtlinien festgemacht werden“.
       
       In Brüssel herrscht Verärgerung ob dieser Position. Deutschland habe in den
       Verhandlungen in Bezug auf die Wiederverwendung nur blockiert und abgelehnt
       und selber keinen konstruktiven Vorschlag eingebracht, sagen Beobachter.
       
       Dazu passt, dass im aktuellen Entwurf für eine novellierte
       Verpackungsverordnung in Deutschland das Bundesumweltministerium
       Mehrwegquoten offenbar streichen will. „Die ökologisch sinnvollen
       Mehrwegquoten werden beerdigt“, kritisiert Peter Meiwald, umweltpolitischer
       Sprecher der Grünen im Bundestag. Ein Antrag seiner Fraktion im
       Umweltausschuss, der Quoten für Mehrweg vorsieht, hat am Mittwoch im
       Umweltausschuss keine Mehrheit gefunden.
       
       7 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Holdinghausen
       
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