# taz.de -- Streit um Moscheeverband: Krieg der Worte
       
       > Die Kurdische Gemeinde und der Islamverband Ditib liefern sich eine
       > Schlammschlacht. Es geht um den Einfluss der Verbände in Deutschland.
       
 (IMG) Bild: Streit um Religionsunterricht: Ein hessischer Lehrer erklärt Kindern den Islam
       
       BERLIN taz | Der größte Islam-Verband in Deutschland steht unter Druck. Die
       Politik geht auf Distanz zur türkisch-islamischen Union der Anstalt für
       Religion (Ditib), die eng mit dem türkischen Staat verbunden ist. Mehrere
       Bundesländer haben laufende Verhandlungen ausgesetzt, in denen es um
       islamischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen (Rheinland-Pfalz)
       oder einen Staatsvertrag geht (Niedersachsen).
       
       Die Kurdische Gemeinde nennt diesen Schritt nun „überfällig“ und empfiehlt
       anderen Bundesländern, diesem Beispiel zu folgen und jede Zusammenarbeit
       mit Ditib aufzukündigen. Ditib könne auch kein Partner für den
       Islamunterricht sein, erklärte am Mittwoch ihr Vorsitzender, Ali Ertan
       Toprak, weil sich der Verband in den vergangenen Jahren zunehmend zu einem
       politischen Instrument der türkischen Regierung entwickelt habe. „Wir
       überlassen bereitwillig eine ganze Generation junger Muslime in Deutschland
       den konservativen Scharfmachern aus der Türkei“, sagte Toprak.
       
       Ditib reagierte prompt. In einer Pressemitteilung warf der Verband Toprak
       am Mittwoch „eine infame Manipulation der Presse und eine Hasspredigt“ vor,
       seine Vorwürfe seien in vielen Punkten sachlich falsch. So würden die
       Freitagspredigten des Verbands keineswegs in Ankara verfasst, wie Toprak
       behaupte, sondern „entweder durch die Predigtkommission in Köln oder von
       den vielen Religionsbeauftragten in den DITIB-Moscheegemeinden“. Und für
       seine Behauptung, in Ditib-Moscheegemeinden würden Menschen ausgespäht,
       fänden sich in den über 400 000 von Wikileaks veröffentlichen E-Mails aus
       der Türkei, auf die er sich beziehe, keinerlei Belege.
       
       Toprak führe einen „persönlichen Rachefeldzug“ und trage „bewusst und
       willentlich politische Konflikte in der Türkei nach Deutschland“, so Ditib.
       Er nehme „billigend in Kauf, dass Ditib-Moscheegemeinden zum Ziel von
       Extremisten werden“. Damit spielt der Verband darauf an, dass seine
       Moscheegemeinden in Deutschland schon öfters Ziel von Anschlägen waren, von
       rechter Seite wie auch von kurdischen Militanten.
       
       ## Türkische Gemeinde kritisiert Schlammschlacht
       
       Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu,
       kritisierte die Schlammschlacht zwischen den Verbänden. „Wir brauchen einen
       aufgeklärten Islamverband, der in der Lage ist, am Islam-Unterricht an den
       Schulen mit- und einer Radikalisierung entgegen zu wirken“, sagte er der
       taz. „Die Gunst der Stunde nutzen zu wollen, um gegen Ditib vorzugehen ist
       nicht richtig“, kritisierte er die Kurdische Gemeinde. „Es wäre falsch,
       Ditib jetzt unter Generalverdacht zu stellen. Gerade jüngere
       Gemeindemitglieder setzen sich dort für einen Wandel ein. Denen muss man
       eine Chance geben und ihnen nicht die Tür vor der Nase zuschlagen.“
       
       Unterstützung erhält Ditib auch vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken
       (ZdK). Bislang habe man bei Ditib „fraglos einen verfassungskonformen Islam
       gelehrt und gelebt“, sagte dessen Präsident Thomas Sternberg und warnte vor
       „Vorverurteilungen“.
       
       Die Ditib ist der mit Abstand größte islamische Verband in Deutschland. Ihm
       gehören bundesweit mehr als 900 Vereine an, die meisten davon sind
       Moscheegemeinden. Die „Kurdische Gemeinde“ ist im Vergleich dazu ein
       kleiner Verband, dem lediglich ein gutes Dutzend Vereine angehören. Ihrem
       Vorsitzenden Ali Ertan Toprak, der vor zwei Jahren von den Grünen zur CDU
       wechselte, ist es in den letzten Jahren aber gelungen, sich insbesondere in
       konservativen Medien als Sprachrohr der kurdischen Community in Deutschland
       zu präsentieren.
       
       ## Größter Dachverband organisiert Demo
       
       Der größte Dachverband kurdischer Vereine in Deutschland ist NAV-DEM, den
       der Verfassungsschutz für den verlängerten Arm der PKK hält. Er organisiert
       die Großkundgebung in Köln, zu der am Samstag bis zu 30 000 Menschen
       erwartet werden und bei der neben Selahattin Demirtas, dem Vorsitzenden der
       Kurdenpartei HDP aus der Türkei, und Salih Müslim von der Kurdenmiliz PYD
       aus Nordsyrien auch Bernd Riexinger von der Linkspartei reden sollen.
       
       Mehr als 1000 Polizisten werden die Kundgebung schützen, die ursprünglich
       als „Kulturfest“ im Müngersdorfer Stadion stattfinden sollte. Die Behörden
       hatten das untersagt, weil es sich nach ihren Erkenntnissen um „eine der
       wichtigsten Aktivitäten zur Unterstützung der von der Europäischen Union
       als Terrororganisation gelisteten Arbeiterpartei Kurdistans, PKK“ handele.
       Die PKK ist in Deutschland verboten. Bei ähnlichen Veranstaltungen in Köln
       oder Mannheim seien ebenfalls verbotene Symbole der PKK gezeigt worden.
       
       1 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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