# taz.de -- Kampagne gegen Franziska Drohsel: Politische Gefangene der CDU
       
       > Die Ex-Juso-Vorsitzende wollte Stadträtin werden. Doch eine rechte
       > Allianz instrumentalisierte ihre frühere Mitgliedschaft in der Roten
       > Hilfe.
       
 (IMG) Bild: Franzisak Drohsel auf einem Juso-Kongress im Jahr 2009
       
       BERLIN taz | Die zweite politische Karriere von Franziska Drohsel ist
       gescheitert, bevor sie überhaupt begonnen hat. Die ehemalige Vorsitzende
       der SPD-Jugendorganisation Jusos hat ihre Kandidatur für das Amt der
       Bezirksstadträtin für Jugend, Gesundheit und Integration in
       Steglitz-Zehlendorf zurückgezogen.
       
       In einer Erklärung schrieb sie: „Ich hätte mich gerne […] für geflüchtete
       Menschen, eine progressive Jugendpolitik und die konsequente Bekämpfung von
       Rassismus und Antisemitismus eingesetzt. Dennoch habe ich mich dazu
       entschieden, nicht ein weiteres Mal als Bezirksstadträtin zu kandidieren.“
       
       Vergangenen Mittwoch war Drohsel in der Bezirksverordnetenversammlung am
       Widerstand von CDU, FDP und AfD gescheitert. Die drei Parteien, die mit 28
       Stimmen eine knappe Mehrheit innehaben, hatten bereits im Vorfeld erklärt,
       die 36-jährige Rechtsanwältin verhindern zu wollen. Drohsel erhielt 30
       Nein- und 25 Jastimmen. Für einen zweiten Wahlgang hatte sie sich daraufhin
       nicht gestellt. Nun muss die SPD Ersatz suchen.
       
       Zum Verhängnis wurde der Berlinerin die Instrumentalisierung ihrer früheren
       passiven Mitgliedschaft in dem linken Rechtshilfeverein Rote Hilfe, der vom
       Verfassungsschutz als linksextrem eingestuft wird und in den Drohsel nach
       einem rechten Übergriff auf einen Bekannten eingetreten war. Das liegt
       freilich schon neun Jahre zurück. Nur eine Woche nach ihrer Wahl zur
       Juso-Bundesvorsitzenden im November 2007 war Drohsel nach einer heftigen
       öffentlichen Debatte und teils harschen Angriffen aus der Roten Hilfe
       ausgetreten.
       
       Auf Facebook schrieb Drohsel nun: „Ich werde mich nicht dafür
       entschuldigen, Mitglied in einer linken Selbsthilfeorganisation gewesen zu
       sein. Vielleicht wird die SPD eines Tages selber wieder zu einer.“
       Unterstützung erhielt sie von dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Volker Semler,
       der ihre Entscheidung bedauerte. Drohsel wäre „mit ihrer Erfahrung und
       ihrem Engagement eine tolle Stadträtin“ gewesen, so Semler.
       
       Die Berliner Jusos machten auf einen anderen Punkt aufmerksam: „Wenn Frauen
       für Spitzenämter kandidieren, werden in der Politik oft die größten
       Geschütze aufgefahren. Die Nichtwahl entspringt auch dem Sexismus, der in
       der Politik vielerorts vorhanden ist.“
       
       ## Ein Saubermann macht mobil
       
       Als Strippenzieher der Ablehnung tat sich CDU-Fraktionschef Thorsten Hippe
       hervor, der wegen Drohsels Vergangenheit von ihrer „Nichteignung“ und einem
       „Gefahrverdacht“ gesprochen hatte. Zur Seite sprangen dem CDU-Rechtsaußen
       sowohl die B.Z. als auch die Junge Freiheit. Indem Hippe seine Fraktion auf
       Ablehnungskurs brachte, verhalf er der AfD zu einem Erfolg, deren Vertreter
       die CDU zuvor klaglos in den BVV-Vorstand gewählt hatte.
       
       Auch an Hippes Verfassungstreue gab es bereits Zweifel – von ganz anderer
       Seite. Nach einer 2005 von ihm in der BVV betriebenen Relativierung des 8.
       Mai als Tag der Befreiung hatte ihn ein Journalist gefragt, ob der
       Bombenkrieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung Terror gewesen sei. Hippe
       antwortete: „In seinen Exzessen, ja.“ Auf die Nachfrage, inwiefern er sich
       damit NPD-Positionen annähere, sagte er: „Ich kann auch nicht in jedem
       Einzelfall jeder Formulierung der NPD einen Unrechtsgehalt beimessen.“ Ein
       vom Landesverband betriebenes Parteiausschlussverfahren blieb für Hippe
       folgenlos.
       
       Der SPD-Kreisvorsitzende Ruppert Stüwe griff die CDU scharf an, sprach von
       einem „offenen und geplanten Bündnis mit Rechtspopulisten“, das „über
       Steglitz-Zehlendorf hinaus das Signal einer Zusammenarbeit mit der AfD“
       gebe. Die Grünen riefen unterdessen alle Beteiligten auf, „zur Sachlichkeit
       zurückzufinden“. Sie haben sich mit der CDU auf eine Zählgemeinschaft
       geeinigt.
       
       14 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erik Peter
       
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