# taz.de -- Kandidat zu Bundespräsidentenwahl: Ein Richter will ins Schloss
       
       > In Sachen Beliebtheit kann es kaum einer mit Steinmeier aufnehmen. Außer
       > vielleicht Exfernsehrichter Alexander Hold. Er tritt für die Freien
       > Wähler an.
       
 (IMG) Bild: Alexander Hold im Hofgarten von Kempten
       
       KEMPTEN taz | Der Mann kennt das ja schon: Da ruft jemand bei ihm an und
       hat ungewöhnliche, aber recht konkrete Vorstellungen, wie es mit ihm
       weitergehen soll. Vor 15 Jahren, da waren es die Fernsehleute, die wollten
       aus ihm, dem Allgäuer Juristen, einen Fernsehstar machen. In diesem Jahr
       war es Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler. Der will aus ihm einen
       Bundespräsidenten machen. Der Angerufene lässt sich das Ganze dann ein paar
       Tage durch den Kopf gehen und sagt schließlich: Na gut, dann mach ich das
       halt.
       
       Der Mann heißt Alexander Hold, ist 54 Jahre alt und, nein, natürlich muss
       man ihn nicht kennen. Fernsehstar, das ist schließlich relativ – aber mit
       der Sendung „Richter Alexander Hold“ dominierte er über ein Jahrzehnt auf
       Sat1 den Fernsehnachmittag. Und so nimmt es nicht wunder, dass den Richter
       doch recht viele Menschen kennen. Von vier Milliarden sprach der Sender
       mal, aber da dürfte der eine oder andere Mehrfachzuschauer mitgezählt sein.
       
       Auf 2.038 Sendungen brachte es Alexander Hold am Ende. Sendungen, in denen
       er den Menschen die Arbeit der Gerichte ein wenig näherbringen wollte.
       „Viele Menschen hatten doch ein völlig falsches Bild von der Justiz“,
       erzählt Hold. „Ich denke, wir konnten dieses Bild schon etwas korrigieren.“
       2013 wurde die Show von Sat1 eingestellt. Seither tritt Hold noch als
       Ratgeber in Rechtsfragen auf, etwa im Frühstücksfernsehen. Als Richter auf
       Lebenszeit könnte er auch in den Staatsdienst zurückkehren. Hubert Aiwanger
       sieht Holds künftiges Wirkungsfeld jedoch eher in Berlin.
       
       Es war am 20. Juli, da hat Aiwanger den Bundespräsidentenkandidaten der
       Freien Wähler vorgestellt. Bei den letzten beiden Wahlen hatten sie noch
       Joachim Gauck unterstützt. Aber diesmal, so findet ihr Chef, könne er
       seinen Wahlleuten nicht zumuten, für Frank-Walter Steinmeier zu stimmen.
       Dessen Kandidatur sei „ein Armutszeugnis“ für die Union. „Merkel gibt die
       Bürgerlichkeit auf, um ihre Kanzlerschaft zu stützen. Seehofer geht wie
       immer nach einem kleinen Schein-Aufstand mit.“ Aiwangers Alternative:
       Alexander Hold. Voraussichtlich zehn Delegierte haben die Freien Wähler in
       der Bundesversammlung. Zehn von 1.260.
       
       ## Heute Kornhaus, morgen Schloss Bellevue?
       
       Kempten, Rathaus, kleiner Sitzungssaal. Es ist später Nachmittag, der
       Kulturausschuss tagt. Es geht um die Zukunft der Museen der
       62.000-Einwohner-Stadt. Auch Alexander Hold sitzt hier, er ist Stadtrat,
       Fraktionschef der Freien Wähler und Mitglied des Kulturausschusses. Die
       Sache ist kompliziert: Das Allgäumuseum soll in den Marstall, zumindest
       aber raus aus dem Kornhaus. Ins Zumsteinhaus soll das Stadtmuseum, und die
       Bibliothek braucht mehr Platz. Könnte sie vielleicht ins Kornhaus? Alles
       hängt irgendwie miteinander zusammen, und das Kulturamt will jetzt wissen,
       wie es mit dem Kornhaus weitergeht. Hold kaut am Bügel seiner Lesebrille
       und fragt genau nach. „Ich muss doch erst wissen, was ich aus dem Kornhaus
       machen will.“
       
       Heute Kornhaus, morgen Schloss Bellevue? Ist das nicht ein arg großer
       Sprung? Überhaupt nicht, erklärt Hold vor der Sitzung nebenan im Café Pano.
       „Ich glaube, dass Deutschland gerade ein Präsident gut stünde, der Politik
       so erklären kann, dass er den Normalbürger damit erreicht.“ Von der großen
       Politik sei der ja schon längst enttäuscht. „Aber zur Kommunalpolitik hat
       er Vertrauen.“
       
       Der Erklärer, das ist Holds beste Rolle – im Fernsehen wie in der Politik.
       „Ich habe das Gefühl, mir ist es noch immer gelungen, die Menschen zu
       erreichen und mitzunehmen.“ Aber mitnehmen – wohin? „Ich glaube, dass ich
       gut verschiedene Standpunkte zusammenzuführen kann. Aber wenn mich ein
       Thema wirklich bewegt, kann ich auch richtig auf den Tisch hauen. Wenn es
       etwa um die europäische Idee geht oder um das Geringschätzen des nach dem
       Krieg Erreichten.“ Auch in der Flüchtlingsfrage rügt Hold die populistische
       Tonlage, vor allem bei der CSU: „Es ist schon spannend, dass es zumindest
       zwei Parteien gibt, die deutlich rechts von uns Freien Wählern sind, und
       dass man im Moment manchmal gar nicht weiß, welche weiter rechts steht.“
       
       Das Café hat sich gefüllt. Nebenan sitzt eine Gruppe junger Frauen mit
       Babys. Die Räume, in denen man heute Baileys-Latte zum Natursauerteigbrot
       aus dem Holzofen trinkt, kennt Hold noch von früher. Von ganz früher. „Hier
       war eine Drogerie, und ich kann mich erinnern, wie ich als Kind oft mit
       einem Rucksack voller Ware hergekommen bin oder Ware abgeholt habe.“ Holds
       Vater hatte auch eine Drogerie, und beide Ladeninhaber halfen einander
       regelmäßig aus.
       
       ## Mehr Stimmen als Adenauer bekommen
       
       Kempten, hier war Alexander Hold Schüler, Ministrant,
       Reserveoffiziersanwärter, Staatsanwalt und Richter. Nicht gerade eine der
       schönsten Städte, gibt er zu, vor allem eine Folge der Altstadtsanierung.
       Aber eben Heimat. Seine Mutter lebt noch hier, sein älterer Bruder betreibt
       hier seit 30 Jahren eine Studentenkneipe. Es ist alles recht überschaubar.
       Von zu Hause ist Hold mit seinem Elektroroller in wenigen Minuten am
       Rathaus.
       
       Zum Studieren war Hold mal in München. Sonst immer: Allgäu. Aber in Berlin
       lasse es sich schon auch leben, sagt Hold. Die Lebensgefährtin würde
       ebenfalls gern mitkommen, und seine beiden sieben und zehn Jahren alten
       Söhne sind schon ganz aufgeregt, seit sie das Wort „Schloss“ gehört haben.
       
       Auch wenn es mit dem Schloss nichts werden sollte, Grund zum Feiern dürfte
       Hold am 12. Februar in jedem Fall haben. Denn eigentlich, erklärt er, wolle
       er nur mehr Stimmen als Adenauer bekommen. Und für den habe es bei der
       Bundespräsidentenwahl 1954 nur eine einzige Stimme gegeben. Das stimmt. Es
       gibt allerdings einen kleinen Unterschied: Adenauer ist damals gar nicht
       zur Wahl angetreten, sondern hatte sich für die Wiederwahl von Theodor
       Heuss eingesetzt.
       
       20 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominik Baur
       
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