# taz.de -- Veggie für alle: Kampf gegen Wurstmühlen
       
       > Der Chef der Rügenwalder Mühle hat eine „Zukunft ohne Fleisch“
       > prophezeit. Und damit viele Landwirte und Schweinemäster vergrätzt.
       
 (IMG) Bild: Rügenwalder will auf Wurstwaren verzichten und mehr vegetarische Produkte auf den Markt bringen
       
       BERLIN taz |Der Marlboro-Mann warnt vor dem Rauchen? Kaum vorstellbar. Ein
       Wurstfabrikant warnt vor der Wurst? So geschehen Anfang dieser Woche.
       „Ernährungsphysiologisch ist die Wurst nicht so der Brüller“, sagte der
       [1][Chef der Rügenwalder Mühle, Christian Rauffus in einem Interview zur
       FAZ ] – und erntete dafür wütende Reaktionen bei Schweinemästern.
       
       Als Antwort auf die Aussagen des Rügenwalder-Mühle-Chefs kündigten [2][via
       Twitter] umgehend Bauern an, keine Produkte der Rügenwalder Mühle mehr
       kaufen zu wollen. „Vegane Fleisch- und Wurstattrappen“ sollten vom Zoll
       vernichtet werden, forderte ein Landwirt. Er erwarte für die Zukunft eher
       eine „autolose Autoindustrie“ als „Veggie für alle“, twitterte [3][Udo
       Hemmerling vom Bauernverband].
       
       „Abgesehen davon, dass eine Wurst unzweifelhaft eine leckere Sache ist,
       gibt es ja nicht viel Positives, was daran auszuloben ist“, hatte Rauffus
       gelästert. Für einen Produzenten Pommerscher Gutsleberwurst überraschende
       Worte – die sich jedoch ökonomisch auszahlen können.
       
       Seit Dezember 2014 produziert das Unternehmen aus Niedersachsen auch
       vegetarische Produkte – und versucht in diesem schnell wachsenden Markt zu
       expandieren. Das ökonomische Kalkül dahinter ist vielversprechend. Eine
       Studie des Instituts für Handelsforschung in Köln aus diesem Jahr zeigt,
       dass in der Warengruppe der vegetarischen und veganen Lebensmittel die
       jährliche Wachstumsrate bei fast 17 Prozent liegt. Dagegen ist der
       Fleischmarkt im wahrsten Sinn gesättigt – und leidet unter
       Produktionsrückgängen. „Ich kann mir vorstellen, dass wir in zwanzig Jahren
       ohne Fleisch arbeiten“, prophezeite Wurstfabrikant Rauffus.
       
       Eine Zukunft ohne Fleisch? Für den deutschen Bauernverband ist das schwer
       vorstellbar. „Die Aussage von Herrn Rauffus ist reines Marketing für seine
       Firma“, sagt Michael Lohse, Sprecher des deutschen Bauernverbands,
       gegenüber der taz. Und: „Ich kenne die Zusammensetzung seiner
       Rügenwalder-Wurst nicht, dass er davon abraten muss.“ Fleisch gehört für
       den Bauernvertreter Lohse „zu einer abwechslungsreichen und gesunden
       Ernährung“. Studien belegten dies. Das ist der Knackpunkt der Debatte, die
       nicht nur sehr emotional geführt wird, sondern auch mit wissenschaftlichen
       Argumenten auf beiden Seiten. Einen Rügenwalder-Boykott will Bauernsprecher
       Lohse allerdings nicht unterstützen.
       
       Doch die Position von Rügenwalder-Chef Rauffus bekommt auch Zuspruch. „Wir
       stehen voll hinter den Aussagen“, sagt Edmund Haferbeck aus der
       Wissenschafts- und Rechtsabteilung der Tierrechtsorganisation Peta. Bei dem
       Wandel könne man nicht allein auf die kleinen Vegan-Pioniere setzen,
       sondern brauche auch große „Signalunternehmen“ wie Rügenwalder.
       
       Ganz neu sind die Aussagen von Rauffus unterdessen nicht. Schon 2014 hatte
       er gesagt: „Die Wurst ist die Zigarette der Zukunft.“
       
       17 Nov 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/ruegenwalder-muehle-will-trend-zur-vegetarischen-wurst-ausbauen-14527466.html
 (DIR) [2] https://twitter.com/Ruegenwalder/with_replies?lang=de
 (DIR) [3] https://twitter.com/uhember
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Luca Spinelli
 (DIR) Markus Sehl
       
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