# taz.de -- Kongress der Europäischen Linken: Gysi ist linker Chef-Europäer
       
       > Die Europäische Linke hat Gregor Gysi am Wochenende zu ihrem neuen
       > Vorsitzenden gewählt. Er will die EU „leidenschaftlicher“ machen.
       
 (IMG) Bild: Lauschen der Simultanübersetzung: Die Linken Katja Kipping, Bernd Riexinger und Gregor Gysi (r.)
       
       BERLIN taz | Gregor Gysi ist neuer [1][Vorsitzender der Europäischen
       Linken]. Der Kongress des Zusammenschlusses linker Parteien auf
       europäischer Ebene stimmte am Samstagabend im Berliner Congress Center am
       Alexanderplatz mit knapp 68 Prozent für ihn. „An der Linken darf die EU auf
       keinen Fall scheitern“, forderte Gysi nach seiner Wahl. „Ich will, dass die
       EU leidenschaftlicher, lebendiger wird.“ Er kündigte an, Vertreter der EU
       zu besuchen, „um ihnen zu zeigen, dass sie dabei sind, die EU
       kaputtzumachen.“
       
       Es war der fünfte Kongress der 2004 in Rom gegründeten Europäischen Linken
       (EL), der am Wochenende in Berlin tagte. Rund 380 Delegierte sowie
       VertreterInnen von sechs Beobachterparteien und Gäste aus aller Welt sind
       gekommen, die Logos der beteiligten Parteien an den Rand der runden Decke
       im Congress Center projiziert. Im Raum hört man leises Gemurmel aus
       Kopfhörern – der Kongress wird auf Englisch, Französisch, Spanisch, Deutsch
       und Russisch simultan übersetzt.
       
       Doch so freundlich, wie die Atmosphäre scheint – die Suche nach kollektiven
       Antworten auf die Krise der Europäischen Union fällt schwer. Angesichts der
       neoliberalen Austeritätspolitik und des Aufschwungs der äußersten Rechten
       in Europa ist die Linke in der Defensive, innerhalb der EL sind die
       Meinungsunterschiede groß, wie damit umzugehen ist. Auf offener Bühne
       ausgetragen werden sie jedoch nicht, keine der nunmehr 27 Mitglieds- und
       neun Beobachterparteien will eine Spaltung riskieren.
       
       Mit Spannung erwartet wurde immerhin der Auftritt von Alexis Tsipras am
       Samstag. Der griechische Ministerpräsident und bisherige EL-Vizevorsitzende
       wirkte angespannt und übernächtigt, als er schließlich auf die Bühne trat,
       der Kampf um eine Lösung des griechischen Dilemmas hat Spuren hinterlassen.
       Nur wenig erinnerte mehr an den strahlenden linken Hoffnungsträger von
       einst, der noch auf dem letzten Kongress der EL im Dezember 2013 in Madrid
       euphorisch gefeiert wurde.
       
       ## Magere 67,6 Prozent für Gysi und sein Team
       
       Eine Linke, die das Mandat der Bevölkerung bekommen habe, dürfe sich in
       schwierigen Zeiten nicht aus der Verantwortung stehlen, rechtfertigte
       Tsipras den Kurs seiner Syriza-Regierung, der in der EL umstritten ist. Es
       sei „keine Wahl für die Linke, die Menschen den Händen der konservativen
       Kräfte auszuliefern“, sagte er. Seine Abschiedsrede schloss er pathetisch:
       „Wenn das Rad der Geschichte zurückgedreht werden soll, dann ist es die
       Aufgabe der Linken, Europa wieder nach vorn zu bewegen.“
       
       Tsipras gehört zu denen, die die Wahl Gysis ausdrücklich befürworten. Die
       eher mageren 67,6 Prozent erklären TeilnehmerInnen vor allem mit Unmut über
       den Umstand, dass im Block über Gysi und seine StellvertreterInnen Pierre
       Laurent – den bisherigen Vorsitzenden aus Frankreich –, Maite Mola aus
       Spanien, den Italiener Paolo Ferrero und die Bulgarin Margarita Mileva
       abgestimmt wurde.
       
       Gysi, 68 und bis Herbst 2015 Fraktionschef der deutschen Linkspartei, hat
       sich einiges vorgenommen: Neben seinem neuen Amt will der Anwalt 2017 auch
       wieder als Direktkandidat in den Bundestag einziehen, auch da sind seine
       Erfolgsaussichten gut.
       
       Beim Abschluss des Kongresses kurz vor 12 Uhr am Sonntag fehlte Gysi. Er
       verpasste einen Moment, in dem eine kämpferische Stimmung durchschimmerte,
       die dem Kongress ansonsten nicht anzumerken war. Gemeinsam sangen die
       Delegierten die „Internationale“, jenes alte Lied der Arbeiterbewegung:
       „Wacht auf, Verdammte dieser Erde …“ Nicht wenige reckten die Faust.
       
       18 Dec 2016
       
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