# taz.de -- Kommentar Inflation in Deutschland: Es sind die Mieten, stupid
       
       > Sie geht wieder um – die alte Angst vor Inflation. Doch die Panik, die
       > „FAZ“ und „Welt am Sonntag“ schüren, ist unbegründet.
       
 (IMG) Bild: Vermieter sollten mit angeblichen Inflation gar kein Problem haben
       
       Die Deutschen fürchten um ihr Geld. Das Thema Inflation steht stets weit
       oben, wenn die Bundesbürger nach ihren Ängsten gefragt werden. Mit der
       Realität haben diese Sorgen nur entfernt zu tun. Die Deutschen haben sogar
       dann Angst vor einer Inflation, wenn die Preise fallen und Deflation
       herrscht.
       
       Aber egal, wie unsinnig eine Angst ist – medial lässt sie sich immer
       ausbeuten. Gern ist die Wortwahl kriegerisch, als gehe es um Leib und Leben
       und den persönlichen Untergang. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung ist
       typisch. Sie titelte in dieser Woche: „Angriff auf unser Geld“; es sei
       „höchste Zeit, sich zu wehren“. Die Welt am Sonntag verbrachte sogar fünf
       Seiten mit dem Thema, wie man sein Geld retten könne.
       
       Der vermeintliche Skandal ist schnell beschrieben: Die Inflation ist im
       Dezember „sprunghaft“ auf 1,7 Prozent geklettert – aber Zinsen gibt es
       immer noch keine. Also werden die Sparer „enteignet“, wie die neue
       Lieblingsvokabel heißt. Der Schuldige steht auch schon fest: EZB-Chef
       Mario Draghi, der sich bisher weigert, die Zinsen anzuheben, weil er um
       die Konjunktur fürchtet.
       
       Nur wer Geduld hat und diese Kampfartikel bis zum Ende liest, erfährt
       schließlich, wie es zur „sprunghaften“ Inflation kam. Die Ölpreise sind im
       Dezember gestiegen, weil sich die Scheichs erfolgreich auf eine Förderquote
       einigen konnten. Ansonsten aber dümpeln die Preise vor sich hin. Mit einer
       Ausnahme, die entscheidend ist: Die Mieten werden kontinuierlich teurer,
       was keinen Stadtbewohner überraschen dürfte.
       
       Doch in den Huch-die-Inflation-kommt-Artikeln werden die steigenden Mieten
       gern verschwiegen, obwohl sie in der statistischen Preisberechnung der
       wichtigste Posten sind. Das ist kein Zufall. Hohe Mieten sind kein Problem
       für die FAZ-Klientel, die meist ein Eigenheim besitzt und oft noch in
       Zweitwohnungen oder Immobilienfonds investiert hat, die natürlich Rendite
       bringen sollen.
       
       FAZ und Springer bedienen ihre Leser mit einer Weltsicht, die zwar
       unlogisch, aber für Wohlhabende bequem ist. Zinsen sind eine Art
       Menschenrecht – und zwar für Sparer, die sich „enteignet“ fühlen, weil die
       Inflation durch Mieten steigt, die sie selbst gar nicht zahlen, sondern
       kassieren.
       
       14 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
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