# taz.de -- Goethe-Institut entlässt Honorarkräfte: Gestern Lehrer, heute arbeitslos
       
       > Das Goethe-Institut soll Hunderte von Honorarkräften geschasst haben,
       > denn: Die Rentenversicherung glaubt nicht an deren freiberufliche
       > Tätigkeit.
       
 (IMG) Bild: Goetheinstitute gibt es weltweit – in Mexiko-City liegt es hinter dieser grünen Mauer
       
       BERLIN taz | Die Goethe-Institute dürfen ab sofort keine neuen
       Honorarverträge abschließen. Diese Anweisung hat die Zentrale in München in
       der vergangenen Woche an alle zwölf Institute in Deutschland verschickt,
       bestätigte eine Sprecherin.
       
       Der Grund für die Maßnahme: Die Deutsche Rentenversicherung (DRV)
       bezweifelt, dass die Honorarlehrkräfte tatsächlich freie MitarbeiterInnen
       sind. Stellt die DRV Scheinselbstständigkeit fest, muss das Goethe-Institut
       in großem Umfang Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen. Sprecherin
       Gabriele Stiller-Kern sagte der taz, dass der Einstellungsstopp gelte, bis
       die DRV-Prüfung abgeschlossen ist. Laufende Verträge seien von der Maßnahme
       nicht betroffen.
       
       Tatsächlich trifft sie aber vor allem die bereits beschäftigten
       MitarbeiterInnen. „Wir sind fassungslos und deprimiert, dass das
       Goethe-Institut uns über Nacht fallen lässt“, sagt eine Mitarbeiterin, die
       ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Seit über zehn Jahren
       arbeitet sie schon beim Goethe-Institut. Ein zweites Standbein hat sie
       nicht. Sie muss nun Bewerbungen schreiben.
       
       Die SprachlehrerInnen unterschreiben in der Regel am ersten Kurstag ihren
       neuen Vertrag, sind also zwei, vier oder acht Wochen beschäftigt.
       Betroffene berichteten der taz, dass sie am Dienstag eine E-Mail vom
       Vorstand erhielten, nach der ihre Verträge nicht erneuert werden. Am
       Mittwoch endeten die Vierwochenkurse. Zu den Prüfungen am Donnerstag
       durften sie schon nicht mehr erscheinen. Fest angestellte KollegInnen, die
       teilweise dafür gar nicht qualifiziert waren, mussten einspringen.
       
       ## Rund 300 bis 400 Kollegen betroffen
       
       Der Einstellungsstopp gefährdet das Kursangebot. In Berlin gaben die freien
       MitarbeiterInnen bislang gut zwei Drittel der rund 260 Kurse im Jahr. Am
       Goethe-Institut Düsseldorf wurden alle Nachmittags- und Abendkurse
       storniert. Wie viele Kurse bundesweit betroffen sind, konnte die Zentrale
       nicht sagen. Die Berliner Honorarlehrkräfte schätzen, dass es um 300 bis
       400 KollegInnen geht.
       
       Was jene besonders ärgert: Ihr Arbeitgeber, so glauben sie, weiß schon
       lange von dem Problem. Nach einem Schreiben der Gewerkschaft Erziehung und
       Wissenschaft, das der taz vorliegt, hat die DRV schon 2014 damit begonnen,
       Honorarverträge zu überprüfen. Sprecherin Stiller-Kern erwidert auf
       Nachfrage, die DRV habe das Goethe-Institut erst letzte Woche informiert.
       
       Vorsorglich haben sich die Berliner Honorarlehrkräfte arbeitssuchend
       gemeldet. Denn sollte es sich tatsächlich um Scheinselbstständigkeit
       handeln, bekämen sie nicht nur Sozialversichungsbeiträge zurück, sondern
       hätten auch Anspruch auf Arbeitslosengeld. Für viele ist das ein schwacher
       Trost.
       
       30 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Pauli
       
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