# taz.de -- EU-Afrika-Gipfel: „Schlechtes Vorbild“
       
       > Afrikanische Staaten fühlen sich von der EU in der
       > Fluchtursachenbekämpfung übergangen. Ostafrika bringt neun Millionen
       > Flüchtlinge unter.
       
 (IMG) Bild: Afrikanische Migranten, die in Libyen festsitzen (Archivbild Dezmeber 2016)
       
       VALLETTA taz | Vertreter afrikanischer Staaten haben sich kritisch über die
       Zusammenarbeit mit Europa im Kampf gegen die irreguläre Migration geäußert.
       Nach einem Gipfel von rund 60 europäischen und afrikanischen Ländern am
       Mittwoch und Donnerstag in Malta warfen sie der EU vor, einseitig
       Entwicklungsprojekte zur Fluchtursachenbekämpfung aufzulegen, dabei aber
       afrikanische Interessen zu übergehen.
       
       „Man kann nicht sagen, man hilft Afrika, und pickt sich einfach die Länder
       raus, die einem am wichtigsten sind“, sagte Tabitha Kentaro Sabiiti von der
       All Africa Conference of Churches. Sie kritisierte, dass rund 20 der 50
       afrikanischen Staaten von der EU gar nicht erst eingeladen worden waren.
       
       „Ich sage es ganz klar, Europa wird seine Türen nicht schließen“, hatte die
       EU-Außenkommissarin Federica Mogherini zu Beginn des Treffens gesagt. Der
       Europäische Auswärtige Dienst, eine Art Außenministerium der EU, hatte den
       Gipfel ausgerichtet. Die EU erwartet von dem 2015 begonnenen sogenannten
       Valletta-Prozess eine spürbare Verringerung der Zahl der in Europa
       ankommenden Flüchtlinge und mehr Kooperation afrikanischer Staaten bei
       Abschiebungen.
       
       Obwohl es seit dem vergangenen Herbst geplant worden war, wurde die
       Afrikanische Union (AU) erst fünf Tage vor Beginn per Telefon gefragt, ob
       sie die Konferenz mitmoderieren wollte – für viele afrikanische Diplomaten
       ein klarer Beleg für die Dominanz der EU.
       
       „Migration stand noch nie so sehr im Zentrum der europäisch-afrikanischen
       Beziehungen wie heute“, hieß es am Ende im Abschlussdokument des Treffens.
       Doch was daraus folgt, ist offen. Vorerst will die EU den mit 2,5
       Milliarden Euro aus Entwicklungsmitteln aufgelegten Nothilfefonds für
       Afrika nicht weiter aufstocken. Rund eine Milliarde sind bislang noch nicht
       verteilt. Mit dem Geld werden teils klassische Entwicklungsprojekte
       finanziert, teils aber auch Maßnahmen zur Schließung von Migrations- und
       Fluchtrouten.
       
       ## Laissez-Passers nicht anerkannt
       
       Die Afrikanische Union beklagte sich, an der Verteilung der Mittel nicht
       beteiligt zu sein. „Es werden Entscheidungen ohne uns getroffen. Verträge
       werden an Institutionen und NGOs aus Europa vergeben“, sagte der
       AU-Sekretär Olawale Maiyegun aus Äthiopien.
       
       Seit Monaten verhandelt die EU mit einer Reihe afrikanischer Staaten über
       Rücknahmeabkommen. Doch auch die fünf von der EU erkorenen
       Schwerpunktstaaten Mali, Senegal, Äthiopien, Niger und Nigeria weigern sich
       bislang, Abkommen zu unterzeichnen. „Wir verhandeln noch. Bislang gibt es
       noch nicht einmal einen Vertragstext“, sagte der malische Botschafter bei
       der EU, Sékou dit Gaoussou Cisse. Wie auch andere Staaten stört Mali sich
       daran, dass die EU zwar immer betont, „Mobilitätspartnerschaften“ eingehen
       zu wollen, aber keine konkreten Angebote für Visaerleichterungen macht.
       „Was die EU an Mobilität anbietet, ist nicht genug“, sagte Cisse.
       
       Mehrere afrikanische Vertreter lehnten es erneut ab, in Zukunft
       Laissez-Passers genannte Abschiebepapiere anzuerkennen, die EU-Staaten
       selbst statt der Botschaften der Herkunftsstaaten ausstellen. „Unsere Angst
       ist, dass es dann schnell heißt: Ihr habt alle so ähnliche Haare, ihr kommt
       bestimmt alle aus Land X, dahin schicken wir euch jetzt zurück“, sagte
       Carolin Njuki, die Vertreterin des ostafrikanischen Staatenverbundes IGAD.
       Den EU-Türkei-Deal nannte Njuki ein „sehr schlechtes Vorbild“ für die
       Kooperation mit afrikanischen Staaten.
       
       Njuki erinnerte daran, dass allein Ostafrika derzeit neun Millionen
       Flüchtlinge beherberge. „Und wir beschweren uns auch nicht die ganze Zeit.“
       In Uganda etwa sei die Zahl der Flüchtlinge aus Südsudan auf über eine
       Million angestiegen. „In manchen Gegenden des Landes ist das Verhältnis von
       Flüchtlingen zu Einwohnern eins zu eins. Und hat Uganda die halbe Welt zum
       Krisengipfel eingeladen? Nein.“
       
       10 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Jakob
       
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