# taz.de -- Kontrollgesetz zu Rüstungsexporten: Waffenhandel wie gehabt
       
       > Nach fünf Monaten beendet die Kommission zu einem neuen
       > Rüstungsexportkontrollgesetz ihre Beratungen – ohne konkretes Ergebnis.
       
 (IMG) Bild: Panzer für die Welt: Am 26. Februar wurden die Bundestagsabgeordneten von Demonstranten an ihr Rüstungsexportkontrollgesetz erinnert
       
       BERLIN taz | Sigmar Gabriel hatte einen ehrgeizigen Plan: Der SPD-Politiker
       wollte das Rüstungsexportrecht umbauen, das Durcheinander von Gesetzen und
       Verordnungen beseitigen und damit Schlupflöcher im Genehmigungsverfahren
       schließen. „Wir denken darüber nach, statt der ganzen Richtlinien ein
       echtes Rüstungsexportgesetz zu schaffen“, [1][sagte der damalige
       Wirtschaftsminister] im Januar 2016. „Wir werden eine Expertenkommission
       einsetzen, die uns dazu Vorschläge macht.“
       
       Vor sechs Monaten nahm diese Kommission tatsächlich ihre Arbeit auf, vor
       vier Wochen beendete sie ihre nichtöffentlichen Beratungen. Konkrete
       Ergebnisse sind allerdings nicht herausgekommen, einen Gesetzesentwurf wird
       Gabriels Nachfolgerin Brigitte Zypries vor der Bundestagswahl im Herbst
       wohl nicht vorlegen. Das geht aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums
       auf eine Bundestagsanfrage der Grünen hervor, die der taz vorliegt.
       
       „Zur Frage eines möglichen Rüstungsexportkontrollgesetzes sind im Rahmen
       des Konsultationsprozesses divergierende Auffassungen vertreten worden“,
       schreibt Staatssekretär Matthias Machnig darin. „Es zeichnet sich ab, dass
       es zu dieser Frage auch nach Abschluss des Konsultationsprozesses weiteren
       vertieften Erörterungsbedarf geben wird.“
       
       Definitiv ausgeschlossen ist schon jetzt, dass die Große Koalition die
       Zuständigkeit für Rüstungsexporte vom Wirtschafts- ins Außenministerium
       übertragen wird, wie es Gabriel [2][einst vorgeschlagen hat]. „Die Frage
       der Ressortzuständigkeiten ist für die laufende Legislaturperiode eindeutig
       geregelt“, heißt es in der Regierungsantwort.
       
       Fast schon wieder vom Tisch ist offenbar auch ein [3][Vorschlag Gabriels
       und anderer SPD-Politiker aus dem Januar], Kriegswaffenexporte in Länder
       außerhalb von EU und Nato nur noch zu erlauben, wenn der Bundestag
       zustimmt. Laut Ministerium haben zwei im Konsultationsprozess angehörte
       Juristen verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, ihre Einwände werden „im
       weiteren Verfahren vertieft geprüft“.
       
       Alibiveranstaltung 
       
       Von einer „Alibiveranstaltung ohne wirklichen Veränderungsanspruch“ spricht
       ob der mageren Ergebnisse die grüne Verteidigungspolitikerin Agnieszka
       Brugger. „Die großspurige Ankündigung eines schärferen Gesetzes zu
       Rüstungsexporten ist still und leise im Bundeswirtschaftsministerium
       versandet“, sagte sie der taz. Mit dem Vorschlag, den Bundestag künftig
       über einzelne Exporte abstimmen zu lassen, versuche die SPD nur „von ihrer
       desaströsen Bilanz abzulenken“.
       
       Gegen den Vorschlag spreche nicht nur, dass selbst das SPD-geführte
       Wirtschaftsministerium inzwischen Bedenken äußere. Auch politisch sei es
       sinnvoller, „stattdessen den Bundestag in seiner Kontrollfunktion zu
       stärken und deshalb eine klare Trennung von Parlament und Regierung
       beizubehalten“.
       
       Die Expertenkommission, die in Gabriels Auftrag über ein neues
       Rüstungsexportrecht diskutierte, bestand in erster Linie aus Beamten des
       Wirtschaftsministeriums selbst. Als Beobachter nahmen Vertreter sechs
       weiterer Ministerien und des Kanzleramts teil. Zu einzelnen Anhörungen
       hatte die Kommission zudem externe Sachverständige eingeladen, darunter
       Vertreter von Amnesty International, der IG Metall und dem Bundesverband
       der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.
       
       Schriftliche Stellungnahmen der Sachverständigen veröffentlichte das
       Ministerium [4][auf seiner Internetseite]. Daraus gehen weitere
       Streitpunkte hervor:
       
       Aktuell lassen sich einmal genehmigte Waffenexporte nur schwer widerrufen –
       selbst dann, wenn der Käufer kurz vor der Auslieferung noch einen Krieg
       anzettelt. Kirchliche Rüstungskritiker fordern deshalb einen gesetzlich
       verankerten Widerrufsvorbehalt ohne Anspruch auf Schadenersatz. Die
       Industrie sieht für diesen Fall Risiken „insbesondere für die
       wirtschaftliche Existenz kleiner und mittlerer Unternehmen“.
       
       Die Transparenz hat die Große Koalition bereits erhöht, der Bundestag wird
       schneller und detaillierter über Exportgenehmigungen informiert als früher.
       Amnesty International fordert jedoch noch „deutlich detailliertere“
       Berichte, die Industrie pocht dagegen auf das Geschäftsgeheimnis.
       
       Rüstungskritiker bemängeln, dass sie die Einhaltung der geltenden
       Exportbestimmungen nicht einklagen können, und fordern deshalb ein
       Verbandsklagerecht. Laut dem Rechtswissenschaftler Ulrich Battis sind
       Verbandsklagen gegen Regierungsentscheidungen aber überhaupt nicht
       zulässig.
       
       3 Apr 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.derwesten.de/politik/sigmar-gabriel-will-feste-kontingente-fuer-fluechtlinge-id11468536.html
 (DIR) [2] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Reden/2014/20141008-gabriel-ruestungsexporte.html
 (DIR) [3] https://magazin.spiegel.de/SP/2017/3/149011622/index.html
 (DIR) [4] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/ruestungsexportkontrolle.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
       
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