# taz.de -- Neonikotinoid-Debatte in Frankreich: Zoff um den Bienenkiller
       
       > Frankreichs neuer Landwirtschaftsminister will verbotene Insektizide
       > weiter zulassen. Umweltminister Hulot droht mit Rücktritt.
       
 (IMG) Bild: Die Insektizide stehen im Verdacht, auch Bienenvölker zu schädigen
       
       PARIS taz | Bei seinem ersten Rundfunkinterview hat der neue französische
       Landwirtschaftsminister Stéphane Travert für den ersten Streit innerhalb
       des erst gerade umgebildeten Ministerkabinetts gesorgt. Auf die Frage, ob
       die neue Regierung auf das im letzten Jahr erlassene Verbot der
       Neonikotinoid-Insektizide zurückkommen werde, schuf Travert viel
       Verwirrung.
       
       Er war nämlich der Meinung, gewisse Sektoren der französischen
       Landwirtschaft seien noch auf diese Produkte zur Bekämpfung von
       „Schädlingen“ angewiesen, da noch kein Ersatz existiere. Außerdem sei das
       französische Verbot nicht konform mit den EU-Regeln. Aus diesen Gründen
       müsse den betroffenen Landwirtschaftsbetrieben mit Ausnahmebewilligungen
       aus der Patsche geholfen werden.
       
       Postwendend reagiert daraufhin Nicolas Hulot, Frankreichs Staatsminister
       für Umwelt und Klima, sehr ungehalten. Ein Aufschub des Verbots komme
       keineswegs infrage, und generell schließe er aus, dass Präsident Emmanuel
       Macrons Regierung die von den Vorgängern erzielten Fortschritte im Umwelt-
       und Naturschutz infrage stellen werde. Die Art und Weise, wie Hulot jeden
       Kompromiss in diesem Bereich ausschloss, ließ vermuten, dass er bereits mit
       seinem Rücktritt drohte. Gegenüber der Zeitung Le Monde erklärte er, er
       hoffe, sein Ministeramt sei „nicht bloß ein Sommerjob“.
       
       Der populäre Exjournalist und Fernsehfilmregisseur Hulot ist eine
       Symbolfigur in der Regierung. Premierminister Edouard Philippe beeilte
       sich, im Konflikt zwischen zwei seiner Regierungsmitglieder der
       Umweltpolitik die Priorität vor den Interessen der Agrochemie einzuräumen.
       Diese rasche Stellungnahme fiel ihm umso leichter, als Macron persönlich
       versprochen hatte, er werde am Neonikotinoidverbot festhalten.
       
       ## Keine Herbizide mehr in Grünanlagen
       
       Diese für den Getreideanbau praktischen Insektizide werden seit Langem
       beschuldigt, [1][für das Bienensterben verantwortlich zu sein]. Die
       namentlich von Bayer und Syngenta hergestellten Neonikotinoide Gaucho und
       Cruiser werden von den Naturschützern als „Bienenkiller“ bezeichnet, was
       von den Agrochemie-Konzernen dementiert wird. Vor einem Jahr hat das
       französische Parlament wegen dieser Risiken dieser Familie von Insektiziden
       [2][die Zulassung entzogen], das Verbot tritt aber erst im September 2018
       in Kraft. Frankreich möchte, dass die anderen EU-Staaten nachziehen.
       
       Auch in einem anderen Umweltschutzbereich will Frankreich mit gutem
       Beispiel vorangehen: Seit Januar 2017 dürfen in öffentlichen Grünanlagen
       keine Herbizide mehr verwendet werden, ab 2019 dürfen auch private Gärten
       nicht mehr mit chemischen Unkrautvertilgern behandelt werden. Nichts
       verbietet allerdings den Schrebergärtnern und Privatbesitzern, ab sofort
       auf den Einsatz von chemischen Herbiziden und Insektiziden zu verzichten
       und auf natürliche Pflanzenschutzmethoden zu setzen.
       
       Dieses Verbot ist erst ein Anfang. Die für Frankreichs Exporte wichtige
       Landwirtschaft ist von dem Herbizidverbot nicht betroffen.
       
       28 Jun 2017
       
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 (DIR) Rudolf Balmer
       
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