# taz.de -- Bericht der Antidiskriminierungsstelle: Allein gegen den Sachbearbeiter
       
       > Migranten, Menschen mit Behinderung, Frauen und Ältere werden
       > systematisch benachteiligt. Jobcenter verstärken dieses Klima zusätzlich.
       
 (IMG) Bild: Frauen, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen, sind häufig Schikanen ausgesetzt
       
       BERLIN taz | Die junge Frau bezog Hartz-IV-Leistungen und erschien mit
       Kopftuch im Jobcenter. Dort drohte man der Muslima mit Kürzungen der
       Leistungen, wenn sie ihr Kopftuch nicht abnehme. Das Argument: Aufgrund des
       Tuches sei sie schwer in Arbeit vermittelbar.
       
       Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes kennt man ähnliche Fälle aus
       den Jobcentern. „Es kommen Beleidigung, Beschimpfung und unfreundliches
       Verhalten vor. Es gab auch die Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung, aus
       welchen Gründen die Klientin ein Kopftuch tragen wolle, beziehungsweise
       müsse“, heißt es in einem Zitat des Gleichbehandlungsbüros Aachen, das sich
       im [1][dritten Bericht] der Antidiskriminierungstelle des Bundes findet.
       
       Grundsätzlich fühlte sich in Deutschland jeder oder jede Dritte in den
       vergangenen zwei Jahren schon mal diskriminiert, ergab eine repräsentative
       Befragung. Gut 40 Prozent der Betroffenen, die sich an die Beratungsstellen
       wenden, berichten dabei über Benachteiligungen im Arbeitsleben und bei der
       Jobvermittlung, teils wegen der ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit,
       wegen einer Behinderung, wegen Alters oder Geschlecht.
       
       Gerade weil es Klienten mit Migrationshintergrund auf dem Arbeitsmark
       schwer hätten, müssten die Arbeitsverwaltungen besonders Bewerbern mit
       familiären Einwanderungsgeschichten „passgenaue Angebote“ machen, sagte am
       Donnerstag die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge
       und Integration, Aydan Özoğuz, bei der Vorstellung des Berichts. In
       Wirklichkeit aber verstärken Jobcenter und Arbeitsagenturen
       Diskriminierungen oftmals noch, anstatt sie abzumildern, so der Bericht.
       Dies betreffe auch Ältere und Behinderte.
       
       „Ein 50-jähriger Ratsuchender mit Behinderung kritisiert, aufgrund seines
       Alters von der Arbeitsagentur nur dann eine Umschulung finanziert zu
       bekommen, wenn er einen festen Arbeitsplatz nachweisen könne, der aus
       dieser Umschulung hervorgehe“, heißt es in dem Bericht. Die Mutter eines
       lernbehinderten Schulabgängers einer Förderschule bemängelt, dass der Junge
       automatisch beim Spezialdienst für Werkstätten lande und keinen Zugang zu
       einem Berufsberater erhalte.
       
       Eine Erhebung des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ), die Teil des
       Berichts ist, macht für die Diskriminierung in der Arbeitsverwaltung
       besonders das System der Kennzahlen verantwortlich, das einen hohen
       Erfolgsdruck in den Jobcentern erzeugt. Man solle die Kennzahlen nicht mehr
       zur „Zielerreichungskontrolle“ einsetzen, schlug IAQ-Experte Martin Brussig
       vor.
       
       Der Bericht über Diskriminierung in Deutschland kommt alle vier Jahre
       heraus. Er wurde von der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine
       Lüders, von Aydan Özoğuz und der Behindertenbeauftragten Verena Bentele
       (SPD) vorgestellt.
       
       29 Jun 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/BT_Bericht/Gemeinsamer_Bericht_dritter_2017.html?nn=6570036
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
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